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Spirit

Rockpalast DVD Collection


Info
Musikrichtung: Rock

VÖ: 27.03.2009 (1978)

(SPV)

Gesamtspielzeit: 113:00


Geplant waren die Kinks. Aber das war eigentlich egal. Etliche der legendären Rockpalast-Nächte waren bereits ausverkauft, bevor das Line up überhaupt feststand. Das Publikum war in den 70ern noch nicht überfüttert, hungrig und offen für Neues. So standen viele der Bands vor einer ausverkauften Gruga-Halle, in der 90 Prozent der Anwesenden wenig oder gar nichts, zumindest von einigen der aufspielenden Bands gehört hatten. Und immer wieder wurden bisherige No Names frenetisch abgefeiert.
Ähnlich dürfte es auch dem Trio um den (später) legendären Randy California gegangen sein, das kurzfristig als Ersatz für die Kinks eingesprungen war und am 5. März 1978 auf der Bühne stand.

Es ist in den letzten Jahren modern geworden in Konzert-Rezensionen auf überflüssige Soli hinzuweisen, an Stelle derer man auch noch ein oder zwei weitere Titel hätte bringen können. Wer dabei Kopf nickend zustimmt, für den ist diese DVD nichts. Man muss Dutzende von Gitarren-Soli und ein fast zehnminütiges Drum-Solo nicht nur ertragen, sondern genießen können, um dieser CD mehr als etwas abzugewinnen.

Ich kenne fesselndere Drum-Soli, aber was Ed Cassidy hier abzieht ist auf seine Art einzigartig. Bereits das Drum-Set erregt Aufsehen. Rechts und links von dem Drummer, stehen zwei Riesen-Toms, von wohl jeweils einem knappen Meter(!) Durchmesser. So was habe ich noch bei keiner Rockband gesehen. Das erinnert eher an die Kesselpauken eines Symphonieorchesters.
Und Cassidy beginnt sein Solo auch nicht mit normalen Sticks. Seine Teile haben ein Stärke von zwei bis drei Zentimetern und einen runden Kopf an der Spitze. Irrwitzige Stakkato-Läufe sind damit nicht möglich; dafür schwere dumpfe Schläge, die an den Taktmann einer Galeere erinnern. Nach einigen Minuten fliegen die Teile zur Seite; Cassidy benutzt vorübergehend, Hände, Fäuste und Ellenbogen zum Spiel, geht aber bevor das langweilig wird zu normalen Sticks über und beweist, dass er auch schnell kann.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht aber natürlich weder der glatzköpfige, hühnenhafte Drummer, noch der zottelige Bär am Bass, sondern Mr. California, der allein schon fast als Trio auftritt. Neben dem Gesang und der Gitarre hat er noch einen Moog-Synthesizer mit Fuß(!)-Bedienung am Start.

Im Mittelpunkt stehend gibt sich California dennoch zurückhaltend, fast schüchtern. Seine Soli glänzen nicht durch High-Speed-Einlagen, auch nicht durch aggressives Acting. Sie sind fliessend, elegant, seidenweich. Er selber wirkt oft wie weggetreten, in sich hineinhorchend – eine geradezu spirituelle Art des Gitarrensolos. Das fällt natürlich gerade bei den Coverversionen auf – und nicht nur hier zeigt sich California eindeutig von Jimi Hendryx beeinflusst, aber an keiner Stelle mit ihm verwechselbar.
Insbesondere bei dieser Art Gitarre zu spielen gibt der Untertitel der DVD West Coast Legends Vol. 3 ihren Sinn.

Mich persönlich fesselt California nicht so sehr, dass ich seinen Legenden-Status völlig nachvollziehen könnte. Eine ausgesprochene eigenständige Persönlichkeit des von Gitarren geprägten Rocks der 70er Jahre ist er aber allemal. Und dass Rockpalast-Nächte fast immer Sternstunden waren, braucht kaum noch erwähnt zu werden.

Etwas überraschend ist die Tatsache, dass die DVD völlig ohne Zusatz-Material kommt. Da die Umbaupausen der Rockpalast-Nächte eigentlich immer zu intensiven Interviews genutzt wurden, müsste es da lohnendes Material geben.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Rockpalast-Intro
2 Rockpalast Jam
3 Mr. Skin
4 Nature’s Way
5 Like a rolling Stone
6 Hollywood Dream
7 1984
8 Looking down from a Mountain
9 Hey Joe
10 Animal Zoo
11 Love charged
12 It’s all the Same (incl. Drum-Solo)
13 I got a Line on you
14 All along the Watchtower
15 Wild Thing
16 Downer (Tampa Jam)
17 If I miss this Train/ Rockpalast Jam
Besetzung

Randy California (Git, Voc, Synth)
Ed Cassidy (Dr)
Larry “Fuzzy” Knight (B)

Gast:
Dickey Betts (Git, Voc <17>)


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