Musik an sich


Reviews
Mozart, W. A. (Müllejahns - Bezuidenhout)

Sonaten für Fortepiano und Violine (K. 454, 379/373a, 296) & Variationen K. 360/374b


Info
Musikrichtung: Klassik Kammermusik

VÖ: 13.03.2009

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2008 / Best. Nr. HMC 907494)

Gesamtspielzeit: 72:26



BESEELT UND KLANGSCHÖN

Wie sehr sich Interpretationen der – sogenannten – Alten Musik unterscheiden können (von wegen „dogmatisch“!), demonstriert diese Neueinspielung einer Auswahl von W. A. Mozarts wunderschönen Sonaten für Fortepiano und Violine mit Petra Müllejans (Violine) und Kristian Bezuidenhout (Fortepiano).
Eine 2005 erschienene Gesamteinspielung von Sigiswald Kuijken und Luc Devos (s. Rezension) kommt klanglich noch hörbar vom Barock her: herbe Obertonklänge dominieren bei den Instrumenten. Eher schmal ist der Ton der Geige, beim Fortepiano ist wirkt er cembaloartig akzentuiert, fast perkussiv. Beide verschmelzen perfekt miteinander. Trotz insgesamt ruhiger Tempi vernimmt man in der Gestaltung der melodischen Linien Reminiszenzen an die ältere Affektsprache.
Ganz anders wirkt die Musik bei Müllejans und Bezuidenhout: Obzwar ebenfalls deutlich entfernt vom durchdringendereren und fülligereren Klang „moderner“ Instrumente, klingen die Violine und das Fortepiano hier doch weicher und körperlicher. Bei vergleichbar transparentem Ansatz erscheinen sie weniger gestisch denn melodiebetont geführt. Ausgewogen sind die Tempi, dabei im Ganzen bewegter als bei der Vergleichseinspielung. Auf einer imaginären Stil-Skala bietet diese Lesart die deutlich klassizistischere Variante.

Die unaufdringliche Klangschönheit dieser Produktion, die insbesondere noch einmal beim variablen Klang des Fortepianos (sinnreicher Einsatz der Pedale!) besticht, nimmt sofort für sich ein. Völlig überzeugend gelingt den Interpreten zudem die Darbietung von Mozarts Mikrokosmos an Gefühlen und Stimmungen, für die der Komponist immer wieder dramatische harmonische Farbwechsel und zu Herzen gehende melodische Wendungen findet. Übermut und Melancholie, Komödie und Tragödie liegen in dieser Musik wie in seinen reifen Opern stets nahe beieinander, werden tiefsinnig, dabei mit einer oft verstörend leichten Hand zusammengeführt. Da Müllejans ihre Violine vernehmlicher als Kuijken mit ihrer eigenen, blühenden Stimme singen lässt, entsteht ein spannungsvolles Mit- und auch Gegeneinander der beiden Protagonisten. Erst beim wiederholten Hören bemerkt man, wie viel Augenmerk auf die Details gelegt wurde und wie bewusst Müllejans ihren so selbstverständlich und natürlich fließenden Part gestaltet hat.

Übrigens hat Mozart manchmal nicht die Zeit gefunden, den Klavierpart vollständig auszuschreiben oder sich gleich auf seine Fähigkeiten als Improvisator verlassen. Wenngleich man aus dem Beiheft über die interpretatorischen Entscheidungen zur Schließung der Lücken nichts weiter erfährt, so überzeugen die Lösungen bei K. 454 doch unbedingt.

Eine exemplarische, ungezwungen historisch-informierte Mozart-Produktion! Fortsetzung unbedingt erwünscht!



Georg Henkel



Trackliste
01-03 Sonata K.454 23:13
04-06 Sonata K.379/373a 19:52
07 Sechs Variationen über “Au bord d’une fontaine” K.360/374b 12:10
08-10 Sonata K.296 17:11
Besetzung

Petra Müllejans: Violine
Kristian Bezuidenhout: Fortepiano (nach Anton Walter, ca. 1795)


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