POWERWOLF jetzt eine Chartband oder: Misanthropen essen kein blutiges Steak
Wahuuuu … Der Wolf ist wieder zurück, und zwar mächtiger als je zuvor! Bible of the beast nennt sich das ach so wichtige dritte Album, mit dem POWERWOLF zum großen Schlag ausholen. Und wenn hier groß steht, dann ist auch groß gemeint. Denn hier wird richtig geklotzt. Mehr Hollywood als B-Movie-Grusel. Der Fünfer hat seinem Heavy/Powermetal eine Kraftspritze verliehen und arbeitet hier massiv mit groß angelegten Chören, saftigen Riffs und zusätzlich einer mächtigen Orgel. Die Versuchung ist da, das Ganze manchmal etwas in die Symphonic-Ecke stopfen zu wollen. Doch unter der Bombastoberfläche schlummert nach wie vor der griffige und im traditionellen Metal verankerte POWERWOLF-Sound, wie man ihn bisher kannte und der den Vorgänger Lupus Dei zu einem tollen Album machte. An sich ist auch das sehr detailverliebte Bible of the beast kaum schlechter. Doch so mancher wird so seine Probleme mit dem Pathos auf der CD und der Konsequenz mit der die Band ihr Ding durchzieht haben und mit der Zeit weghören. Dessen sind sich auch Keyboarder Falk Maria Schlegel und Gitarrist Matthew Greywolf vollauf bewusst, wie sie im folgenden Interview sagen werden. Doch vom Anfang an zählte bei POWERWOLF wohl die Devise „ganz oder gar nicht“. Denn seit seiner Bandgründung geht das Quintett strikt seinen eigenen Weg. Dazu gehören neben der eingängigen Musik, der man ihre Wurzeln durchaus anhört, vor allem auch das starke Image mit den Kostümen, Pseudonymen und der nicht ganz ernst zu nehmenden Bandbiografie auch ihre spaßigen und ironischen Texte. Dadurch übersieht man aber leicht die Leidenschaft und die Liebe POWERWOLFs zu ihrer Musik und dem Heavy Metal ganz allgemein. Im Interview war dieses Lodern allerdings zu spüren. Hier das unterhaltsame Gespräch mit Falk Maria und Matthew:
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Bevor wir zum aktuellen Album kommen, gehen wir vielleicht etwas zu den Anfängen von Powerwolf zurück. Warum habt ihr denn gerade den Wolf als Bandkennzeichen gewählt? Hoffentlich nicht bloß als reines Klischee.
Falk Maria: Der Wolf steht einfach sehr wofür auch Heavy Metal steht. Der Wolf ist ein sehr mysteriöses Tier, der Wolf ist ein sehr stolzes Tier und der Wolf ist ein wildes Tier. Alles drei sind Attribute für guten Heavy Metal.
Das Spiel mit Klischees, wenn auch auf eine leicht ironische Art und Weise, scheint ein wichtiger Teil von euch zu sein.
Falk Maria: Wir dürfen mit Klischees spielen, denn wir lieben den Heavy Metal. Denn nur wer den Heavy Metal richtig liebt, darf auch mit seinen Klischees spielen. Wir mögen Heavy Metal-Klischees, wir mögen aber auch ab und zu ein Augenzwinkern. Wir erlauben uns das, und ich denke, wir dürfen uns das auch erlauben.
Meiner Meinung nach hebt euch dieses Augenzwinkern von Bands wie Hammerfall und Konsorten etwas ab, die das sich in dieser Hinsicht fast schon ein bisschen zu ernst nehmen.
Falk Maria: Wir nehmen unsere Musik durchaus auch so ernst, das ist ja nicht der Punkt. Aber es ist durchaus gesund, gewisse Dinge mit einem Augenzwinkern sehen zu können. Das macht vieles leichter und es macht auch Spaß.
Vielen Bands ist dieses Augenzwinkern oder der Spaß am Heavy Metal mit der Zeit etwas abhanden gekommen oder sie machen gewollt auf übertrieben hart.
Falk Maria: Naja, man sollte einfach sehen, so ernst man seine Musik auch ernst nehmen kann, man sollte nie die Fähigkeit verlieren über sein eigenes Schaffen auch mal lachen zu können. Denn das hält einen wirklich kreativ.
Habt ihr keine Angst, dass ihr aufgrund eures Images, der Kostüme und der Texte ein wenig in die Spaßecke gedrängt werdet, wo ihr musikalisch nicht hingehört?
Falk Maria: Angst haben wir davor jetzt nicht unbedingt, um auf Deine Frage einzugehen. Denn wer den Wolf falsch verstehen will, der soll ihn ruhig falsch verstehen. Aber natürlich gebe ich Dir Recht. Manche Leute können ein Augenzwinkern nicht von einem Witz unterscheiden. Da sagen wir immer ganz deutlich: Powerwolf ist kein Witz, wir sind keine Spaßband. Wir gehen nicht auf die Bühne um einen Witz zu erzählen. Unsere Songs würden auch bestens funktionieren wenn kein Augenzwinkern in den Texten versteckt wäre.
Da bin ich mir sicher. Aber es ist dann doch das letzte Quäntchen das euch etwas von der Konkurrenz abhebt.
Falk Maria: Natürlich. Aber da muss man auch damit leben, dass es Leute gibt, die das richtig geil finden und Leute die dann die Nase rümpfen und damit weniger klarkommen. Aber der Wolf hat von Anfang an schon immer polarisiert. Ich denke mit Bible of the beast machen wir das mehr als je zuvor. Und wir gefallen uns einfach in der Rolle. Wir lieben es zu provozieren und Meinungen aus gegensätzlichen Richtungen zu bekommen. Nichts ist für eine Band schlimmer als wenn alle sagen „naja, die Band ist ganz nett“ und sonst nichts.
Wenn wir schon dabei sind, kommen wir gleich zu Bible of the beast. Hier habt ihr nicht gekleckert, sondern richtig geklotzt: Aufnahmen mit großem Chor, Du mit der Kirchenorgel und überhaupt Bombast pur. Ist bei euch jetzt langsam der Größenwahn ausgebrochen?
Falk Maria: Wenn bei uns der Größenwahn ausbricht, dann geht noch was ganz anderes ab! (lacht) Es ist der Punkt, dass wir einfach noch eine Schippe drauflegen wollten. Und wir zelebrieren auch unsere Aufnahmen, nicht nur unsere Liveshows. Darum geht es auch nicht, dass ich mit einem billigen Minikeyboard aufnehme, sondern da muss ich gleich in irgendeine Kirche rein und ein Kirchenorgel spielen. So eine richtige große Kirchenorgel klingt auch aggressiver als jede Gitarre, behaupte ich jetzt als Organist.
Matthew: Ich als Gitarrist muss Dir da Recht geben. Wer mal in einer Kirche war und eine mächtige Kirchenorgel gehört hat, wird wissen was das für ein brachiales Instrument ist. Deshalb nehmen wir auch die Arbeit auf uns und machen das nicht im Studio, sondern gehen in eine Kirche. Wie Du Dir sicher vorstellen kannst, ist das auch gar nicht mal so einfach als Heavy Metal-Band eine Kirche zu finden, in der du einfach mal aufnehmen darfst, und es ist ein ganzes Stück Arbeit einen solchen Platz zu finden. Aber das ist eine gewisse Liebe zum Detail, die für uns sehr wichtig ist. Das gilt auch für die Choraufnahmen in der Musikhochschule. Nicht viele Bands haben die Möglichkeit so etwas zu machen und es ist einfach ein Stück Selbstverwirklichung das wirklich bis zum Ende durchzuziehen.
Falk Maria: Du musst Dir vorstellen, wenn Du ein Jahr an so einem Album schreibst, und du dann in einer solche Halle sitzt in der 25 Chorleute deine Sachen singen, da kann man sich ruhig mal ein bisschen hinsetzen, das genießen und auf sich wirken lassen. Das ist schon ein geiles Gefühl!
Matthew: Das sorgt definitiv für Gänsehaut wenn da 25 ausgebildete Sänger „St. Satan’s day“ singen. Das sind solche Momente, die dann ganz egoistisch für uns selbst die ganze Arbeit wert sind, sich hinzusetzen und einen solchen Chor zusammenzustellen. Wir gehen eben nicht den einfachen Weg und nehmen mal schnell den erstbesten Keyboardsound, sondern versuchen etwas mehr zu bieten.
Die Orgelaufnahmen habt ihr in Nordfrankreich gemacht. Wie kamt ihr denn gerade auf diesen Ort?
Matthew: Man muss wissen, dass die Leute in Frankreich ein bisschen mehr Spaß verstehen. (lacht) Auch die Kirchen sind dort ein klein bisschen lockerer. Wir haben hier Kirchen abtelefoniert, ob wir als Musikband bei ihnen aufnehmen könnten. Früher oder später kam die Frage, um was für Musik es denn geht. Dann war es meistens so, dass bei der Erwähnung der Musikgattung Ende war. Zum Glück gibt es in Nordfrankreich Gemeinden die da doch etwas offener sind. Wir haben trotzdem tunlichst vermieden zu erwähnen wie der Albumtitel und die Songtitel lauten. In der Nähe von Thionville sind wir in einer alten Kapelle fündig geworden, in der eine sehr coole Orgel steht.
War das mit den Choraufnahmen in der Musikhochschule Saarbrücken ähnlich aufwändig?
Matthew: Das war sogar sehr leicht. Attilas Gesangslehrer und Mentor ist Professor an der Musikhochschule und der Mann ist bekennender Powerwolf-Fan. Dieser hat schon relativ früh, als es an die Arbeiten des neuen Albums ging angeboten einen Chor zusammenzustellen, diesen auch zu dirigieren und, was natürlich ganz großartig war, das große Aufnahmestudio für zwei Tage lang zu blockieren, so dass da wahrscheinlich zum ersten Mal in der Geschichte der Musikhochschule Heavy Metal gesungen wurde.
Wenn Du gerade schon von Attila sprichst, der hat stimmlich noch ein Stückchen zugelegt und wirklich stark auf Bible of the beast gesungen. Er hat wohl in den letzten Monaten ein paar zusätzliche Gesangsstunden bei seinem Professor genommen.
Matthew: Wir haben ihm wahrscheinlich noch mehr als zuvor in den Arsch getreten. (lacht) Nein, es hat wohl auch viel damit zu tun, dass es ist unser drittes Album ist, und dass wir uns spätestens seit Lupus dei musikalisch richtig gefunden haben und genau wissen wo unsere Stärken liegen. Ich glaube Attila hat auch sehr viel auf den Tourneen zu Lupus dei gelernt. Wir waren mit sehr unterschiedlichen Bands wie Grave Digger oder Candlemass unterwegs und haben sehr viele Festivals gespielt. Attila hat viele Metalbands für sich entdeckt und wohl auch sehr viel Zuversicht durch das alles gewonnen, auch durch den Erfolg von Lupus dei. Das hat ihn noch mal zusätzlich gepusht ans Limit zu gehen. Er singt auf Bible of the beast definitiv aggressiver als jemals zuvor, andererseits auch klassischer. Viele Refrains hat er auf seine klassische Ausbildung aufgebaut. Ich denke Attila unterscheidet sich mit seiner Stimme und seiner Art zu singen vom ganz typischen Heavy Metal-Sänger.
Wir haben ja bereits über die Orgel und die Chöre gesprochen. Mit dieser Bombastkiste stoßt ihr nicht gerade überall auf Gegenliebe. Für manche ist das alles ein bisschen zu viel und zu übertrieben. Wäre hier manchmal etwas weniger nicht mehr gewesen?
Matthew: Ganz klar nein! Aber trotzdem gebe ich Dir in gewisser Weise Recht. Es ist Geschmackssache. Du hast natürlich auf der einen Seite Leute die sagen, das mit den Chören ist uns zuviel. Auf der anderen Seite gibt es auch Leute die sagen, das ist so konsequent, das ist richtig geil. Powerwolf ist einfach keine Konsensband. Wir machen nichts Halbes. Wir haben das mit den Chören auf diesem Album sehr konsequent gemacht. Und für uns kam es nie in Frage abzuwägen und zu sagen „es ist zuviel, machen wir es lieber ein wenig dezenter“. Powerwolf hauen auf die Kacke oder lassen es ganz sein. Deshalb ist „Bible of the beast“ ganz klar ein Album das polarisiert. Wir nehmen uns einfach die Freiheit zu sagen, wir machen das worauf wir Lust haben. Die Sache mit den Chören war so auch nicht wirklich geplant. Wir hatten diese Möglichkeit mit der Musikhochschule zu arbeiten. Und wenn Du eine solche Möglichkeit hast, nutzt du sie auch. Das Ergebnis war einfach so stark, dass wir im Endeffekt bei fast allen Liedern diese Chorparts benutzt haben. Aber das ist letztlich auch die Konsequenz die „Bible of the beast“ ausmacht. Natürlich ist das auch Geschmackssache. Aber ich sage es immer wieder, der Wolf ist keine Band die es allen Recht machen will. Was für mich aber trotz den vielen Chören sehr wichtig ist: Jeder der einzelnen Songs würde auch so funktionieren, wenn kein Chor dabei wäre.
Das sieht man dann auch spätestens wenn ihr auf der Bühne steht. Denn da werdet ihr dann kaum einen großen Chor dabei haben.
Matthew: Natürlich werden dort auch, wie in der Vergangenheit, und das sag ich auch ganz offen, Chöre vom Band kommen. Einfach notwendigerweise, denn wir können keine 25 Mann in unseren Tourbus packen und mal eben mitnehmen. Wir haben in Reviews jetzt auch schon Vergleiche mit Symphonic Metal gelesen; Kamelot, Epica, Nightwish und diese Schiene. Das wundert uns dann doch etwas, denn aus dieser Ecke kommen wir auch gar nicht. Wir werden jetzt irgendwie damit verglichen, denn es sind Chöre da.
Das ist auch das einzige Element das euch verbindet. Rifftechnisch usw. steht ihr auch ganz klar im traditionellen, nennen wir es mal Power Metal.
Matthew: Das ist für uns auch ganz wichtig, selbst wenn alle Chöre weg wären, wären es immer noch geile Heavy Metal-Songs. Das ist auch das, was für uns die Basis ist, gerade auch live. Klar ist es schön, wenn Du da auch noch Chöre hast, aber die könnten wir auch im Endeffekt weglassen und Powerwolf wäre trotzdem noch eine geile Liveband. Gerade live geht es ja darum mit dem Publikum eine geile Metalparty zu feiern.
Und das gelingt euch ja immer recht gut mit einem solchen Entertainer wie Attila am Mikrofon.
Matthew: Das liegt Attila im Blut, das ist richtig. (lacht)
Falk Maria: Und den Orgler der da rumläuft, bitte nicht vergessen.
Im Studioreport auf eurer Homepage habt ihr zahlreiche Bilder drin, aber alle von recht kahlen Studios. Da hätte ich es mir bei euch etwas stimmungsvoller vorgestellt. Braucht der Wolf keine bestimmte Umgebung für seine Inspiration?
Matthew: Doch, auf jeden Fall! Aber ich glaube, dass die Bilder da auch ein wenig täuschen. Es ist zwar nicht viel davon zu sehen, aber es ist in der Tat der Fall, dass der Wolf extrem Wert auf ein entsprechendes Ambiente legt. Das erste was wir machen wenn wir ein Studio betreten, ist dass wir unsere Bühnendeko aufbauen.
Falk Maria: Bei uns braucht das Studio auch nicht mit Tageslicht zu werben. (lacht)
Matthew: Genau, ein Studio mit Tageslicht ist für den Wolf völlig uninteressant, denn das erste was wir machen, ist schwarze Tücher über die Fenster zu hängen. Da sind die Bilder vom Studio in der Tat etwas irreführend.
Also doch wie erwartet. Und nach der passenden Dekoration kommen die großen Beschwörungen diverser Metalgrößen?
Matthew: Definitv! Die sind auch alle so gemeint, wenn auch metaphorisch. Da ist durchaus was dran und kein reiner Gag. Es geht schon darum, bevor ich mich hinsetze und ein Riff aufnehme, sich richtig in die Musik hineinzuversetzen. Da geht es wirklich oft darum ein Lieblingsalbum in der Hand zu haben und dieses Album regelrecht anzubeten. Wir alle sind Metalfans nicht erst seit gestern. Wenn ich zurückdenke an die Zeiten als ich anfing Metal zu hören, waren diese Alben wie die Bibel für mich. Das war wirklich Religion. Irgendwie geht’s dann wirklich darum, wenn wir aufnehmen, sich in diese Situation reinzuversetzen.
Man lebt halt einfach seine Musik, als Fan, und als Musiker erst recht.
Matthew: Und das ist für mich auch das besondere an der Metalszene. Es ist immer wieder schön zu sehen, egal auf, vor oder hinter der Bühne, es ist für alle das gleiche. Alle lieben die Musik. Es ist nicht so, dass man sagt, man hört einfach mal so die Musik, sondern man ist regelrecht verbunden.
Diese Art von Leidenschaft findet man meiner Meinung nach in anderen Musikrichtungen nicht so sehr ausgeprägt.
Matthew: Eben, und das macht für mich die Metalszene aus. Deswegen ist es auch sehr schön als Metalband unterwegs zu sein.
Gleiche unter Gleichen sozusagen.
Matthew: Sozusagen. So fühle ich mich schon.
Kommen wir mal wieder zu eurer neuen CD zurück und hier zu den Texten von Bible of the beast. Ich denke mal das Biest im Titel wird sich auf den Leibhaftigen beziehen. Wie kamt ihr denn auf das Konzept den Teufel in der Bibel besonders herauszuheben?
Matthew: Ich möchte mal sagen, dass wir alle sehr spirituelle Menschen sind. Jeder auf seine Weise. Der Wolf seht für keine bestimmte Glaubensrichtung, aber wir alle nehmen hin und wieder die Bibel zur Hand und lesen ein bisschen darin. Es ist sehr interessant was darin für Gleichnisse und Bilder enthalten sind. Wenn man sich ein wenig genauer mit der Bibel beschäftigt, wird man merken, dass es in der Bibel sehr viele düstere, dunkle und fiese Geschichten gibt. Es ist ja nicht nur das Klischee von den Wundern und der Auferstehung, sondern es gibt auch noch ganz andere Seiten in der Bibel. Vor allem wenn du dir das alte Testament ankuckst, oder auch die Apokalypse. Uns ist aufgefallen, dass der Teufel als solcher auch von vielen Religionen, unter anderem auch in der Bibel, thematisiert wird. Das Album heißt Bible of the beast aus dem Grund, da der Teufel als solcher nie so in der Bibel bezeichnet wird. Er wird immer als Biest bezeichnet, manchmal als siebenköpfige Schlange. Für viele der Texte war der Ausgangspunkt eine Schilderung des Teufels in der Bibel. Der Albumtitel stand so auch während des Songwritings schon relativ früh fest und hat sich im weiteren Fortschritt immer mehr manifestiert.
Die Teufelsvorstellung in der Bibel deckt sich auch nicht immer mit dem Bildnis, welches speziell von der katholischen Kirche geprägt wurde.
Matthew: Nein, in der Tat. Der gehörnte Mensch mit Pferdefüßen, Hörnern und Schwanz ist auch erst später erfunden worden. Das muss man ja auch wissen. Deswegen auch Bible of the beast. Wir beziehen uns eben auch auf das Biest in der Bibel. Die Verkörperung des Bösen und nicht diese zum Mensch gewordene Gestalt des Teufels, wie sie später dann, vor allem im Mittelalter, geprägt wurde.
Wer schreibt denn bei euch die Texte, jemand bestimmtes oder ist es doch mehr eine Gemeinschaftsarbeit?
Matthew: Das ist wie auch die Musik eine absolute Gemeinschaftsarbeit. Das ist doch ein wenig speziell. Ich lese immer wieder in Interviews, dass viele Bands zu Hause einzeln ihre Songs schreiben und dann übers Internet verschicken. So etwas wäre bei uns völlig undenkbar. Wir kriegen ja nicht mal Proben übers Internet zusammen. (lacht) Wir sind in der Tat nur wirklich kreativ wenn alle fünf Wölfe zusammen in einem Raum sind. Das ist irgendwie ein ganz eigenartiges Phänomen, aber ein schönes Phänomen. Das zeigt, dass wir eine echte Band und kein Projekt sind. Dementsprechend entstehen auch alle Texte und die Musik in Gemeinschaftsarbeit. Einmal kommt aus der einen Ecke eine Idee, einmal aus der anderen. Dann passiert es mal wieder, dass sich die Wölfe fast gegenseitig zerfleischen und frustriert nach Hause fahren.
Falk Maria: Das war bei Bible of the beast bis jetzt auch am heftigsten.
Matthew: Man muss sagen, wir hatten schon einen heftigen, fast kathartischen Songwritingprozess.
Das ist wohl mal wieder die pure Leidenschaft, die der Heavy Metal beinhaltet.
Matthew: Definitiv! Wenn es so wäre, dass beim Songwriting allen alles egal ist was gerade passiert, dann sollte man einfach aufhören. Aber wichtig ist, dass wir immer alle Visionen zusammen entwickeln. Die typische Powerwolf-Magie entsteht erst dann, wenn alle fünf von uns in einem Kreis stehen und gemeinsam eine Idee entwickeln.
Kommen wir vielleicht noch kurz zu den Liedern selbst. Ich spreche jetzt einfach mal „Catholic in the day ... Satanist at night“ an. Das klingt doch sehr nach einem Song über all diese kitschigen Hobby-Satanisten.
Matthew: Richtig, Du hast es erfasst! Viele verstehen nicht wirklich, um was es in diesem Song geht. Es geht ein bisschen um Scheinheiligkeit. Denn Scheinheiligkeit gibt es überall. Auch bei denen, die sonntagmorgens in die Kirche gehen und sich abends das Pentagramm umhängen, ein Black Metal-Shirt anziehen und auf böse machen. Allerdings muss ich auch sagen, dass hier wieder das typische Powerwolf-Augenzwinkern drin ist. Wir haben natürlich auch nichts gegen Leute die das machen. Das sind aber Szeneauswüchse die regelrecht danach schreien, auf den Zahn gefühlt zu bekommen.
Bloß diejenigen die es am meisten ansprechen soll, werden wahrscheinlich am wenigsten darauf hören. „Panic at the pantagram“ klingt dagegen schon fast wieder wie ein spaßiges Lied.
Matthew: Nein, weniger. Wir spielen was die Songtitel betrifft, immer gerne ein wenig mit Sprache, was manche dazu verleitet zu denken es wäre ein reiner Spaß. „Panic in the pentagram“ schlägt eigentlich in dieselbe Kerbe. Ganz viele Leute erzählen dir, Wunder was sie für unglaublich böse Menschen sie sind, sie hassen die Menschheit und was weiß ich. Und dann legst du ihnen ein blutiges Steak vor die Nase und sie kippen in Ohnmacht.
Falk Maria: Merke, Misanthropen essen kein blutiges Steak!
Matthew: (lacht) Nein, der Song schlägt einfach in dieselbe Kerbe. Es geht darum dieses pseudoböse Image ein wenig auf die Schippe zu nehmen. Aber ich muss dazusagen, dass wir das immer mit einem gewissen liebevollen Aspekt machen. Ich meine, wir mögen die Metalszene ja mit all ihren Auswüchsen. Aber trotzdem muss man dem Metaller manchmal den Spiegel vor die Nase halten.
Diskografie | Return in bloodred (2005)
Lupus dei (2007)
Bible of the beast (2009) |
| Ähnlich bei beim Vorgänger der „Saturday Satan“. Dieser ging ja auch in diese Richtung.
Matthew: Genau, auch musikalisch. „Panic at the pentatram“ ist im Grunde genommen eine Fortsetzung von „Saturday Satan“. Dort gibt es musikalisch sehr viele Parallelen. Es ist auch nicht ganz zufällig, dass „Panic at the pentagram“ genauso wie „Saturday satan“ der vierte Song auf dem Album ist.
Bei der Special Edition von Bible of the beast ist auf einer Bonus-DVD euer Wacken-Auftritt von 2008 enthalten. Was für Erinnerungen habt ihr speziell an dieses Konzert, es war ja doch eine relativ große Kulisse?
Matthew: Man muss natürlich sagen, Wacken ist für jede Metalband etwas ganz Besonderes. Es gibt viele Festivals die cool sind, aber Wacken ist natürlich schon etwas Spezielles. Diese Show war auch ein ganz besonderer Moment für uns. Man muss sehen, in Wacken hast du das Problem, dass es vier Bühnen gibt. Mit uns hatten zeitgleich Carcass ihren Reunionauftritt auf der Hauptbühne. Als die Band vor uns auf der Wet-Stage spielte, war das Zelt leer und wir dachten schon, ohje, wir spielen vor leerem Haus. Und tatsächlich war es so, dass als wir auf die Bühne gingen das Zelt voll war und alle Leute unsere Songs mitsangen. Das war ein ganz magischer Moment bei dem man auch gemerkt hat, dass sich die ganze Arbeit über die Jahre gelohnt hat.
Falk Maria: Das Touren und das viele Unterwegssein haben sich einfach auch ausbezahlt. Und auf so einem Festival merkt man, dass das etwas bewirkt.
Matthew: Das war auch einfach ein Moment bei dem wir gemerkt haben, dass wir echt coole und loyale Fans haben. Da war auch eine Verbindung da. Da steht nicht einfach irgendeine Band auf der Bühne und ein beliebiges Publikum davor, sondern es waren wirklich Powerwolf-Fans da. Und sogar verdammt viele. Deswegen haben wir uns entschieden, dass diese Show einfach auf eine DVD drauf muss.
Wann dürfen wir euch denn mal wieder in voller Pracht bewundern, außer bei den bereits verkündeten Festivalterminen? Jetzt wäre doch fast eine große, theatralische Headlinertour angesagt.
Matthew: Wir sind im Moment noch etwas am Sondieren was wir machen könnten. Der Plan ist auf jeden Fall, dass wir nach den Sommerfestivals, auf die wir uns sehr freuen, im Herbst in irgendeiner Form zu touren. Im Moment gibt es leider noch nichts Spruchreifes. Wir durchforsten gerade diverse Angebote. Aber ob das jetzt eine Supporttour oder eine Headlinertour wird ist noch offen.
Hauptsache live spielen.
Matthew: Ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht. Powerwolf ist mittlerweile eine Band, die den Ruf hat live eine besondere Show zu bieten. Deswegen ist es uns schon wichtig, selbst wenn wir als Support unterwegs sind, sicherzustellen, dass wir die Möglichkeit haben uns so darzustellen, wie es die Fans auch verdient haben. Man erwartet von Powerwolf mittlerweile einfach eine gewisse Show und die wollen wir auch liefern. Es gibt natürlich immer wieder Situationen in den das, gerade als Support, sehr schwierig ist. Deswegen werden wir schon ein bisschen mit Bedacht auswählen wo wir auftreten werden.
Dann sind wir mal gespannt! Ihr habt in letzter Zeit mit Sicherheit viele Interviews mit den immer wieder selben Fragen gegeben. Über welche Frage hättet ihr euch denn gefreut, wenn man sie euch endlich mal gestellt hätte?
Falk Maria: Da gibt es sogar eine ganz aktuelle Frage. (lacht) Frag uns doch einfach mal ob wir in die Charts eingestiegen sind.
Ok, habt ihr es denn mit dem sensationellen Bible of the beast geschafft die Charts zu knacken?
Beide ganz euphorisch: Jaaaaaaaaaa!
Matthew: Wir haben heute gerade die Nachricht bekommen, dass wir auf Platz 76 in die deutschen Albumcharts eingestiegen sind.
Na dann meinen herzlichen Glückwunsch die Herren! Damit sind wir leider auch schon am Ende der Zeit angekommen. Ich bedanke mich auf jeden Fall für dieses unterhaltsame und informative Interview.
Matthew: Wir beide bedanken uns ebenso für ein schönes Gespräch, hat Spaß gemacht!
Dann wünschen wir von MAS euch noch weiterhin viel Erfolg mit dem neuen Album und volle Konzertsäle im Herbst!
Mario Karl
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