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Mozart, Wolfgang Amadeus (Davis)
La Clemenza di Tito
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Auch großartige Komponisten vermögen durchschnittliche Werke zu komponieren. So geschehen bei Mozarts Titus-Vertonung, welche als eine seiner blassesten Opern gilt.
Elfenbeinfarbene Säulen, zahlreiche Büsten und weite rote Vorhänge erzeugen eine Kulisse, die den Zuschauer in die Staats- und Adelshäuser des römischen Reiches versetzt. Die Darsteller erscheinen - je nach Funktion - in Legionärsrüstung oder wallender Tora. Was hier nach Stereotypie klingt, erfüllt seinen Zweck voll und ganz und erzeugt eine dichte Athmosphäre.
Das Libretto des Italieners Pietro Metastasio hatte zum Zeitpunkt der Erstaufführung von Mozarts "Tito" bereits zahlreiche seiner Kompositionen überlebt. Der Titus-Stoff erfreute sich seit seiner Entstehung 1734 großer Beliebtheit und wurde mehr als 40mal vertont. Mozart verwendete für seine Oper eine überarbeitete Version des Librettos, angepasst vom kurfürstlich-sächsischen Hofpoeten Caterino Mazzolà.
Diese ist nicht unumstritten. Der europäische Adel geriet gegen Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend in Bedrängnis. Da erschien ihm die Figur eines Kaiser Titus doch allzu weltfremd, wenn er seinen Attentäter und ehemaligen Freund begnadigt, nur weil der Idee des Attentates Eifersüchteleien und Missverständnisse zu Grunde lagen.
Der neuzeitliche Hörer wird sich weniger an dem seifenopernhaften Libretto, als vielmehr an der gewöhnungsbedürftigen Besetzung stoßen. Fast ungewollt komisch wirkt es, wenn die beiden Soprane Diana Montague und Martine Mahé in die Rollen der römischen Patrizier Sesto und Annio schlüpfen, ihnen ihre hellen Stimmen und weiblichen Gesichter leihen. Bemühungen wie Kurzhaarfrisur und maskulin geformter Brustpanzer machen das Dilemma eher noch perfekt, anstatt irgend etwas zu retten.
Insgesamt ist 'La Clemenza di Tito' eine Oper der hohen Stimmen. Untern den Hauptrollen finden sich vier Soprane und ein Tenor. Ein Bass findet sich mit Peter Rose als Publio erst im zweiten Akt, auf eine Alt-Stimme hat Mozart komplett verzichtet.
Bester Darsteller ist Philip Lingridge, der Kaiser Titus nicht nur einen angenehmen, klaren Tenor verleiht, sondern vor allem eine im besten Sinne pathetische Gestik und Mimik, wie sie eines römischen Monarchen würdig ist.
Jedoch bleibt am Ende nicht viel hängen von der soliden Aufführung eines höchst durchschnittlichen Werkes. Vielleicht das furiose Ende des ersten Aktes: Das Kapitol steht in Flammen, davor durchleben fünf Darsteller in einem rasanten Quintett ein Wechselbad der Gefühle während das London Philharmonic Orchestra unter Andrew Davis feurig aufspielt. Hätte das Ensemble dieses Engagement über die gesamte Spielzeit aufrecht erhalten, so wäre auch aus einer durchschnittlichen Komposition eine respektable Einspielung geworden.
Hendrik Stahl
Besetzung |
Tito - Philip Lingridge (Ten) Vitellia - Ashley Putnam (Sop) Sesto - Diana Montague (Sop) Annio - Martine Mahé (Sop) Servilia - Elzbieta Smytka (Sop) Publio - Peter Rose (Bas)
The Glyndebourne Chorus (David Angus)
The London Philharmonic Orchestra (Andrew Davis)
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