Knox, G. (Ragazze Quartet)
Open Spaces
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Info |
Musikrichtung:
Neue Musik / Viola & Streichquartett
VÖ: 11.04.2023
(Channel Classics / Note 1 / CD / DDD / 2022 / CCS44623)
Gesamtspielzeit: 58:29
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EXPERIMENTELLE TRIPS DURCH RAUM UND ZEIT
Garth Knox, langjähriges Mitglied u. a. des Arditti String Quartets, ist ein Meister für neue Klänge auf der Viola und Viola d’Amore. Seit nunmehr 25 Jahren widmet er sich auch einer Solistenkarriere als komponierender Instrumentalist.
Auf dem Album „Open Spaces“ sind jetzt einige seiner Werke für Streichquartett wie für Solo-Viola zusammengefasst. Letztere hat Knox selbst eingespielt, die übrigen Werke hat das Ragazze Quartet übernommen.
Knox nimmt die Zuhörenden mit auf einen elektrisierenden Trip durch kosmische Dimensionen wie beim 1. Streichquartett von 2015, bei dem man u. a. Satelliten bei ihrem Himmelsflug beobachten kann – in Gestalt verschachtelter Kompositionen für Streicher. Statische Bewegungsimpulse markieren im 1. Satz „Geostationary“ die fixe Position, die ein Satellit durch eine hohe, der Erddrehung angepasste Geschwindigkeit, hält. Hin und wieder quert seine Flugbahn ein Meteoritenschauer …
Wie hier so auch sonst: fantasieanregende räumlich-visuelle Vorstellungen, kombiniert mit Humor und Experimenturlust, generieren bei aller Komplexität einprägsame und fassliche Klangereignisse und -texturen, die mit kompromissloser Spiellust dargeboten werden. Astronomie zum Hören.
Das gilt auch für „Four into Twenty“, eine Art musikalische Spiegel-Chronik des 20. Jahrhunderts, das die aufgeregten und industrieseligen 1920er Jahre und die emanzipatorischen der 2020er korreliert. Das wirkt bei der Programmlektüre zwar angestrengt um zeitgeistige Relevanz bemüht, musikalisch macht es aber durchaus Spaß. Knox spielt mit allen möglichen synästhetisch reizvollen Aggregatzuständen des Materials, dessen plastische Konturen von scharf gefassten rhythmischen Bewegungsimpulsen innerlich in Schwingung versetzt werden und sich langsam beruhigen dürfen.
Klangbänder und pulsierende Flächen charakterisieren die experimentellen Streicherstudien „One Finger“, das trotz solistischer Viola-Besetzung mindestens wie ein ganzes Quartett klingt, und „Ten Fingers“, ein Spiel mit Pizzicati und Klopfgeräuschen auf den Instrumenten. Grenzphänomene, die zum Ausgangspunkt erweiterter Spielmöglichkeiten werden, erkunden auch der „Microtonal Blues“ und „Rick O’Shea“.
Im finalen „Quartet for One“ für Solo-Viola summiert Knox seine Erfahrungen mit den neuen Klangmöglichkeiten vor dem Hintergrund der Corona-Krise: Wie kann man Musik machen, wenn man nicht auftreten darf bzw. mit nur sich alleine musizieren kann? In diesem Stück spielt der Komponist auf jeder der vier Viola-Saiten solistisch. Sie entsprechen je einem Instrument eines imaginären Quartetts, das bei einer Aufführung durch vier Stühle und Notenpulte markiert wird. Je nachdem welches der Saiten bzw. „Instrumente“ erklingt, wechselt der Spieler die Position. Durch das Herunterstimmen der tiefsten Saite wird der dunkle Cello-Klang überzeugend imitiert. Ein Stück, dass mitunter zornig und vehement gegen die verordnete Leere und Stille rebelliert.
Georg Henkel
Trackliste |
Streichquartette Nr. 1 "Satellites" & 2 "Four Into Twenty"; Quartet for One - Streichquartett für Viola solo; One Finger; Ten Fingers; Microtonal Blues; Rick O'Shea |
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Besetzung |
Ragazze Quartet
Garth Knox, Viola
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