Lenny Sendersky & Moon Strings

Blues Mizrahi


Info
Musikrichtung: Jazz-Folk-Fusion

VÖ: 27.03.2020

(Losen Records)

Gesamtspielzeit: 48:05

Internet:

http://www.lennysendersky.com
http://www.losenrecords.no
https://www.in-akustik.de/en/


Seit 2011 lebt er in Israel, der gebürtig aus St.Petersburg stammende Musiker Lenny Sendersky. Der Saxofonist und Flötist legt mit Blues Mizrahi ein bemerkenswertes Album vor. “Mizhari“, ein hebräisches Wort für “Eastern“, soll sich aber auch auf die jüdische Bevölkerung, die im Mittleren Osten und Nordafrika lebt, beziehen. Damit ist eigentlich bereits die Richtung, in der die Musik dieser Platte gehen könnte, relativ klar.

Angesichts der Stammbesetzung ohne Schlagzeug dürfte swingender Jazz ein wenig außen vor stehen, und die zusätzlichen “Moon Strings“ passen auch irgendwie gar nicht dazu, so könnte man meinen. Das sich aber gerade daraus etwas ganz Interessantes, Ungewöhnliches entwickeln könnte, sollte man auch auf dem Plan haben. Jazz und Streicher, das gibt es nahezu von allen großen Interpreten des Jazz: Charlie Parker, Donald Byrd, Chet Baker, Stan Getz, Clifford Brown, Art Pepper und andere haben das eindrücklich unter Beweis gestellt, aber letztlich blieb es Jazz, der mit klassischen Elementen ausgekleidet wurde, und mitunter gar den Swing ein wenig am Boden hielt.

Bei Sendersky ist das anders. Seine relativ frei strukturierte Musik, die auf eine grundsätzlich erst einmal strukturierte Streichereinheit trifft, integriert diese in das Gesamtbild, und nutzt sie nicht als schmückendes Beiwerk. Und so swingen auch die Streicher gelassen mit, und schmiegen sich dabei eng an das vom Bass vorgegebene Tempo auf dem Opener an, “Sea Of Galilee“ klingt auch nach Jazz, aber auch nach Folklore und der Sound des Klezmer durchzieht die Stimmung, hier sind diese verschiedenen Elemente perfekt zusammengefasst worden, ein verheißungsvoller Auftakt!

Und nun einer der Klassiker des Jazz schlechthin: “Take Five“ von Paul Desmond, bekannt durch dessen damalige Zusammenarbeit in der Band von Dave Brubeck. Und hier sind die Streicher wirklich sehr präsent und geben dem Song einen rhythmischen und arrangierten Rahmen, zusammen mit dem Bass, und darüber setzt Sendersky seine Improvisation, in der Stimmung durchaus an Desmond angelehnt. Und auch ohne Schlagzeug geht das gut, der typische Rhythmus wird beibehalten und der Swing bleibt auch nicht außen vor.

Einer Hommage an die Heimat gleichzukommen scheint “Walking In St. Petersburg“, und so mag der Protagonist gedanklich die Straßen seines Geburtsortes, gedankenverloren erscheinend, zu durchschreiten, dieser Titel atmet in der Tat einen Hauch Melancholie und Wehmut. Der bekannte Hornist Arkady Shilkloper tritt auf drei Songs in Erscheinung, und verleiht diesen Titeln eine zusätzliche Färbung inmitten dieses kammermusikalischen Jazz.

Der Titelsong des Albums, “Blues Mizrahi“, ist nun ein wenig anders geraten, hier strahlt der Orient hell und mysteriös, die Musik ist tänzerisch und von bildhaft gewaltiger Sprache, der Gesang von Oshy Daban fügt sich entsprechend gestaltend ein, und ein Höhepunkt ist sicher auch das flinke Bass-Solo von Ehud Ettun. Mithin ist es gelungen, Jazz, Klezmer, Folkmusik des Nahen Ostens zu verschmelzen zu einem sehr individuellem Sound, der viel Lebensfreude versprüht und somit zu einem herrlichen Hörerlebnis beiträgt, mitunter auch zu Gedanken anregend in melancholischen Momenten der Musik. Doch zum Schluss scheinen wir uns in einem Cabaret vergangener Zeiten wiederzufinden, wenn das enthusiastisch alt klingende “I Got Rhythm“ zum wilden Abschiedstanz ruft.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Sea Of Galilee (4:41)
2 Take Five (4:11)
3 Walking In St. Petersburg (4:41)
4 Intro (0:38)
5 Blues Mizrahi (5:07)
6 In A Sentimental Mood (4:35)
7 Yello (5:21)
8 Sophie (6:33)
9 Blues In Palace (3:42)
10 Asia Dream (4:34)
11 I Got Rhythm (3:41)
Besetzung

Lenny Sendersky (alto and soprano saxophones, flute, tambourine - #1, vocal - # 5)
Ehud Ettun (bass solo - #5 & 8)
Arkady Shilkloper (French horn - #8, 9 & 10)
Oshy Daban (vocal - #4 & 5)
Moon Strings:
Artur Adamyan (violin)
Andrei Rukhadze (violin)
Shamil Saidov (viola)
Nikolai Solonovich (cello)
Dmitri Semenishev (bass)



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