End Of Paradise

A Kiválasztott


Info
Musikrichtung: Melodic Metal

VÖ: 19.10.2017

(Nail)

Gesamtspielzeit: 47:30

Internet:

http://www.endofparadise.hu
http://www.metalshop.hu


Große Teile des Reviews zum neuen Werk von End Of Paradise könnte man eigentlich aus dem zum Vorgängeralbum Hétköznapi Túlélö übernehmen und bräuchte nur die Songtitel auszutauschen – auf dem dritten vollständigen Album der Ungarn hat sich im positiven Sinne so gut wie nichts verändert, jedenfalls musikalisch nicht: Wir bekommen nach wie vor relativ kompakt inszenierten, nahezu keyboardfreien Melodic Metal zu hören, den die Gitarristen mit einer Großportion Melodiegirlanden ausstaffieren. Moment mal, Gitarristen? Richtig, da liegt der strukturelle Unterschied: Tamás Munkácsi, auf dem Vorgänger nur gasthalber am zweiten Sechssaiter neben László István Tóth, hat mittlerweile diesen Platz fest eingenommen, und das gibt der Formation natürlich die Möglichkeit, den Anteil zweistimmiger Gitarrenpassagen noch ein wenig zu erhöhen, wofür „Ahogy Megíratott“ ein Paradebeispiel abgibt, wodurch die Ungarn zugleich auch ein klein wenig näher an klassische Iron-Maiden-Zeiten rücken. Gefühlt haben sie außerdem die Dynamik innerhalb der Stücke noch einen Tick erhöht, bauen also im Zweifel ein Break oder einen Tempowechsel mehr ein als früher, ohne dass sie dadurch aber in die Falle des zerfasernden Songwritings tappen, die schon so manchem Zeitgenossen zum Verhängnis wurde. Zwar braucht man auch hier vielleicht einen Durchlauf mehr, um alle rhythmischen Elemente verstanden zu haben, aber die Einarbeitung ins Material gelingt dank des Melodiefaktors nach wie vor problemlos, und dass die Nummern auch außerhalb Ungarns flüssig mitsingbar sind, verhindert wieder mal nur die Sprachbarriere, wofür die Gitarristen freilich einen Ersatz anbieten: Diverse Melodien kann man auf Silben wie „Ohoho“ prima mitsingen, ohne befürchten zu müssen, dass man irgendwie falsch liegt. Und „A Gladiátor“ verschafft gleich nochmal Abhilfe, wird der Refrain dort doch durch die Worte „Ave Caesar“ eingeleitet, die man auch in anderen Kulturnationen problemlos aussprechen kann. Attila „Zombi“ Fellein hält seinen Gesang wieder im leicht angerauhten Bereich, überzeugt aber auch, wenn er in den Strophen mal in cleane Bereiche wechselt, was er etwa gleich im nach dem Intro folgenden Titeltrack tut (nach einem äußerst zupackenden Leitriff übrigens), und an einigen wenigen Stellen gönnt er sich auch mal kurz derbes Gebrüll oder Gekreisch, wobei nicht mit letzter Sicherheit zu entscheiden ist, ob er das alles selber beisteuert oder hier der im Booklet als Gastvokalist angegebene Sándor Lévai (von einer der diversen Bands namens Noctis, nämlich der ungarischen, die im Gegensatz zu den Namensvettern aus anderen Ländern, die allesamt recht heftig poltern, gediegeneren melodischen Metal spielt – also ist die Wahrscheinlichkeit, dass er die extremen Passagen übernimmt, nicht so sehr hoch, wenn auch durchaus nicht bei Null) ins Geschehen eingreift. In „Megesik“ baut entweder Fellein oder Lévai in der Bridge vorm Solo gleich in der Studioversion mehrfach ein animierendes „Hey“ ein, das zur Stimmungsbefeuerung in der Liveversion prima geeignet ist – aber die Passage nach dem Solo ist hierfür noch geeigneter, denn hier singt der Vokalist (an dieser Stelle nun eindeutig Fellein), begleitet anfangs lediglich von Drummer Dénes Németh, eine ausgedehnte Ohoho-Passage, so dass sich abermals eine gute Gelegenheit für Nichtungarischkundige ergibt, trotzdem textsicher mitzusingen. Weil der Band dieses Stilmittel so gut gefallen hat, setzt sie es im finalen „Minden Nap Háború“ gleich nochmal ein. „Megesik“ wiederum ist einer derjenigen Songs, unter die Németh diesen typischen galoppierenden Drumrhythmus legt, den man schon auf dem Vorgängeralbum bisweilen finden konnte und der der sowieso wenig erdenschweren Musik noch einen zusätzlichen Auflockerungs- und Leichtigkeitsfaktor verleiht. Dass End Of Paradise auch ein gutes Händchen für halbballadeske Klänge besitzen, zeigte schon „Csak Veled“ vom Vorgängeralbum, und das neue Album steht dem mit „Elmúló“ nicht nach, übrigens eine Alleinkomposition von Neuzugang Munkácsi, der auch sonst komplett ins Songwriting eingebunden war, bei dieser Nummer und beim Titeltrack sogar ohne Zutun Tóths. Mit knapp sechs Minuten ist „Elmúló“ auch der längste Song des neuen Albums und damit zu lang für Radio-Airplay zumindest in den Formatsendern, auch wenn man trotzdem keine Sekunde der Studiofassung missen möchte und dem Rezensenten beim dritten Hören der Gesangspassage nach dem ersten Teil des Hauptsolos auch endlich eingefallen ist, an wen außer Tom Keifer ihn Felleins Stimme noch erinnert (eine seit dem Vorgängerreview ungelöst gewesene Aufgabe): Artur Berkut, ab 2003 für drei Studiowerke bzw. ein knappes Jahrzehnt Sänger bei Arija. Selbige Combo galt und gilt ja als Rußlands Antwort auf Iron Maiden, und auch End Of Paradise schleppen wie beschrieben den einen oder anderen Anklang ans Schaffen von Harris & Co. herum – trotzdem sind die Parallelen zwischen Arija und End Of Paradise ansonsten eher wenig markant, wenngleich, wer die einen mag, auch die anderen schätzen könnte und auch qualitativ durchaus kein ganz großer Abstand da ist. Das flotte „Mennyit Is Érsz“, der schnellste Song des Albums, beispielsweise wäre im Repertoire von Arija auch nicht aus dem Rahmen gefallen, vom einleitenden Gekreisch mal abgesehen, das sich in dieser Form bisher keiner der Arija-Sänger getraut hat. So haben wir mit A Kiválasztott abermals ein Meisterwerk des zeitgenössischen Melodic Metals vor uns, das Keyboardfetischisten erneut nicht zufriedenstellen wird (István Veres als Gasttaster greift nur im Intro und in „Elmúló“ ins Geschehen ein), aber für alle, die dieses Genre als ausgereizt und langweilig ansehen, einen Hörtest wert ist, ob da nicht doch noch etwas Frische injiziert werden konnte. Wer die neueren Ossian-Alben trotz ihrer unbestreitbaren Songwritingqualitäten für ein wenig zu „altersweise“ hält, könnte jedenfalls mit End Of Paradise eine neue Lieblingsband entdecken, und wer dieses Quintett schon bisher schätzte, bekommt mit A Kiválasztott einen todsicheren Einkaufstip. Vom Cover, das abermals härtere und/oder düsterere Musik erwarten läßt, sollte man sich freilich auch diesmal nicht irritieren lassen.



Roland Ludwig



Trackliste
1Intro1:05
2 A Kiválasztott5:03
3 Árral Szemben4:43
4 Ahogy Megíratott4:41
5 A Gladiátor4:48
6 Megesik5:28
7 Lángoló Üzenet4:53
8 Elmúló5:48
9 Mennyit Is Érsz5:04
10 Minden Nap Háború5:33
Besetzung

Attila Feltein (Voc)
László István Tóth (Git)
Tamás Munkácsi (Git)
Mihály Menyhárt (B)
Dénes Németh (Dr)


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