Fauré, G. - Poulenc, F. - Debussy, C. (Romano, M.)
Requiem (Vers. 1893) - Figure Humaine - Trois Chansons de Charles d'Orléans
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Info |
Musikrichtung:
Romantik / Klassische Moderne Chor
VÖ: 15.03.2019
(Aparté /PIAS / CD / DDD 2018 / Best. Nr. AP201)
Gesamtspielzeit: 59:21
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OHNE SAKRALKITSCH
Es ist dieser runde und tiefe, dunkel grundierte Orchesterklang, der in dieser Einspielung von Gabriel Faurés eigenwilliger Totenmesse sofort aufhorchen lässt. In der Requiem-Version von 1893, deren Rekonstruktion hier erklingt, gibt es bis auf eine Solovioline im "Sanctus" keine hohen Streicher, allerdings hat Fauré hier bereits gegenüber der Uraufführungsfassung von 1888 Blechbläser hinzugefügt.
Der ursprüngliche Chorsatz, der nur Knaben- und Männerstimmen vorsah, wird in dieser Interpretation einem gemischten Ensemble aus Frauen- und Männerstimmen anvertraut. Im Ganzen ist die Besetzung aber immer noch eher kammermusikalisch und orientiert sich an den kirchemusikalischen Mitteln, die Fauré zu Lebzeiten vorfand.
Die herbe Strenge dieser Version ist von eigener Qualität und Kraft und erinnert stellenweise an den Beginn von J. Brahms "Deutschem Requiem", "Selig sind die, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden"; freilich hört man neben dem beabsichtigten Trost auch deutlich die Trauer, die Leere angesichts eines schmerzhaften Verlustes (bei Fauré war es der Tod der Eltern).
Fauré hat seine Musik ausdrücklich als eine solche Trostmusik für die Lebenden konzipiert und darauf verzichtet, die apokalyptischen Schreckensbilder des "Dies Irae" zu vertonen. Die Angst-Wonnen eines musikalisch ausgemalten "Jüngsten Gerichts" à la Verdi klingen allenfalls im "Libera me Domine de morte aeterna" für kurze Momente an. Es überwiegt jedoch die Ahnung einer jenseitigen Schönheit und Vollkommenheit: Requiem aeternam - ewige Ruhe, ewiger Frieden. Dies findet seinen Ausdruck auch in den großen, weit schwingenden melodisch-harmonischen Klangbögen wie auch in ruhig pulsierenden Ostinati. Da scheint der Schritt von der Spätromantik in die Postmoderne plötzlich nur noch ein kleiner. Nicht umsonst erfreut sich Faurés Beitrag trotz des hohen Anspruchs auch bei heutigen Laienchören großer Wertschätzung.
Die vorliegende Einspielung unter der umsichtigen Leitung von Mathieu Romano wird diesem Anspruch voll gerecht; sehr schön ergänzen sich die Stimmen des Vokalensembele Aedes und die Originalklang-Instrumente von Les Siècles. Beide klingen voll und doch transparent, ohne die Tendenz zur pastoser Verschmelzung, so dass ein allzu gefälliger, unverbindlicher "Wohlfühlklang" umgangen wird.
Von Sakralkitsch darum anders als bei den vielen modernen Fauré-Epigonen keine Spur. Die anspruchsvollen Solopartien werden Mitgliedern des Chors anvertraut; man hat das Pie Jesu vielleicht schon schlackenloser, überirdischer gehört, in der Darbietung durch Roxane Charlard hat es freilich eine sehr menschliche Dimension, ist als "Gebet nach oben" gerichtet und keine Engelsstimme aus der Höhe.
Das Ensemble Aedes ergänzt das Programm durch zwei A-Capella-Beiträge: die umfangreiche, harmonisch und rhythmisch vielgestaltige Chorkantate Figure humaine von Francis Poulenc sowie die frühen kurzen Trois Chancons de Charles d'Orléans von Claude Debussy. Textverständlichkeit und Homogenität verbinden sich auch hier mit einer Timbrierung, die bei aller Klarheit nicht zu ätherisch anmutet, sondern die individuellen Stimmen ahnen lässt, aus denen dieser Chorklang geformt ist. Dem Ensemble verfügt über eine pointierte, durchschlagkräftige Deklamation und kann auch quasi-intrumental agieren. Das warme, dezent räumliche Klangbild trägt diesen Ansatz mit.
Georg Henkel
Trackliste |
1 | 01-07 Fauré, Requiem |
2 |
08-15 Poulenc, Figure humaine |
3 |
17-18 Debussy, Trois Chansons |
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Besetzung |
Ensemble Aedes
Les Siècles
Mathieu Romano, Leitung
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