Henry Spencer And Juncture
The Reasons Don’t Change
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Frischer Wind in alten Schläuchen? Oder wie immer man es beschreiben sollte, auf alten Fundamenten wird hier neu gebaut.
Ein Musiker der britischen Szene, das ist der 1990 in Wiltshire geborene Trompeter Henry Spencer. Seit seinem zehnten Lebensjahr spielt er Trompete, seit 2008 lebt er in London.
Welch‘ ein Auftakt, denn nach kurzer Einleitung geht es sogleich kraftvoll zur Sache, rhythmisch wird angezogen, und Spencer bläst wahrhaftig sehr druckvoll und bisweilen hat er etwas von dieser rauen „Rotzigkeit“, wie ich sie vom Kollegen Tomasz Stanko liebe. Dieses fällt im Laufe der Platte mehrfach in positivem Sinne auf, doch nicht kopierenderweise, denn Spencer ist auf dem besten Weg, sich mit seiner Art und seinem Ausdruck zu spielen, ein sehr individuelles Profil zu schaffen.
Eigenen Worten zufolge interessiert sich der Musiker schon immer für Singer/Songwriter, und das, was sie mit gesungenem Wort ausdrücken. Texte seien ein gutes Vehikel, eine gleiche Ebene zu schaffen für Interpret und Zuhörer. Diese emotionale Plattform versucht Spencer nun, auf die Trompete umzuschreiben, um so gezielter kommunizieren zu können. Aber dabei bedient er sich gar nicht solcher Mittel, wie sie etwa bei Chet Baker vorhanden waren, dessen Trompetenspiel ein einziger gesungener Textfluss war. Sondern vielmehr höre ich hier ganz besondere Melodiefolgen, besonders in den Themen der einzelnen Songs, die man sich tatsächlich als Gesang vorstellen könnte. Doch wenn es dann zu den Soli kommt, dann wird dieser Rahmen gesprengt, dann erscheint ein anderer Trompeter, der sich löst und freier in der Sprache wird.
Dieses Album ist das Debütalbum des Musikers und verspricht, einer der Höhepunkte des Genres in diesem Jahr zu werden. Zusammen mit den anderen jungen Musikern wird eine großartige Frische und Spielfreude geboten, die man von vielen, offensichtlich eingefahrenen Kollegen, so nicht mehr erlebt.
Emotion steht vor erlernter Theorie, wenn man sich von den Eingangsthemen löst, und zu den interessanten Solisten zählt auch der Gitarrist Nick Costley-White, dem man gern zuhört, wenn er seine sehr engagierten Soli beisteuert. Die rhythmische Basis durch den Bassisten und den Schlagzeuger ist ebenfalls begeisternd, denn diese spontanen und sich auf die Solisten einstellenden einfühlsamen Begleiter sind auch nicht unbedingt Standard. Zwischen dezenten Funk-Anleihen, rockigen Elementen und Balladen bewegt sich die Musik auf dem Pfad hoher Abwechslung.
Für die beiden letzten Songs hat man sich noch ein weiteres Schmankerl bereitgehalten, denn das Guastalla Quartett beteiligt sich mit vier Streichinstrumenten an der Bereicherung des Klangbildes und der Stimmung. Die mitunter leicht bestehende Melancholie einiger Songpassagen wird nun noch ganz edel verstärkt, und “Hopeless Heartless“ ist ganz einfach wunderschön!
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Introduction/ Hindsight Can Wait (8:21)
2 On The Bridge (7:53)
3 Eulogy (Goodbye Old Chap) (7:05)
4 Joanne’s Diary (5:13)
5 Knock Back, Knocked Forward (6:30)
6 Never Draw a Line (5:50)
7 Still Open to Confusion (5:18)
8 Remember Why (5:05)
9 Hopeless Heartless (5:46)
10 The Survivor and The Descendant (6:54)
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Besetzung |
Henry Spencer (trumpet & flugelhorn)
Nick Costley-White (guitar)
Matt Robinson (piano, Rhodes, Wurlitzer, melotron)
Andrew Robb (double bass)
David Ingamells (drums)
The Guastalla Quartet (strings)
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