Schubert, F. (Staier, A. - Melnikov, A.)

Klavierduette


Info
Musikrichtung: Romantik Klavier

VÖ: 13.03.2017

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2015 / Best. Nr. HMM 902227)

Gesamtspielzeit: 73:02



WIE EINE VORAHNUNG DER MUSIK GUSTAV MAHLERS

Franz Schuberts Stücke für Klavier zu vier Händen auf dem historischen Hammerflügel: Die Interpreten der vorliegenden Aufnahmen, Andreas Staier und Alexander Melnikov, haben beim Musizieren hörbar Spaß daran, sich die Bälle zuzuspielen und jedes einzelne Stück auf diesem Album in seiner besonderen Eigenart zu präsentieren. Der mattierte, manchmal auch etwas mürbe Klang ihres Instruments ist dabei kein Nachteil.

Die gewichtige Einleitung des Programms, die monumentale F-Moll-Fantasie op. 103, D. 940, profitiert von den vielen Farben des Nachbaus, die von Staier und Melnikov weidlich ausgekostet werden. Das stilistisch und formal vielschichtige Werk gewinnt durch die schroffen Piano- und Forte-Akzente der Interpreten an dramatsicher Kraft, die rauere Oberfläche betont die Unruhe und Abgründigkeit der Musik. Dem korrespondiert das finale Rondo op. 107, D. 951, das die Interpreten im zartesten Pianissimo verklingen lassen.
Der Einsatz eines "Originalklang-Instruments" erweist sich aber insbesondere bei einer Auswahl aus den Ländlern, Märschen und Variationen Schuberts als ausgesprochen stimmig. Denn das Instrument verfügt neben diversen Registern wie dem knorzenden "Fagott" auch über einen Janitscharen-Zug, ein kleines eingebautes Schlagzeug. Und letzteres kommt immer mal wieder pointiert zum Einsatz und mischt Becken, Trommel und Triangelklänge in den Klaviersound. Der Effekt ist rustikal, witzig, auch ironisch.

Man spürt, dass Schuberts Musik eigentlich damit rechnet, auf solche Weise aufgemischt zu werden, um die "Volksmusik" mit der Kunstmusik auf einer höheren Ebene zu vereinen. Oder um die Erwartungen des Hörers nach "Gemütlichkeit" augenzwinkernd zu unterlaufen. Und man versteht auch, wieso dieses Repertoire von den Musikverlegern besonders oft angefragt wurde und Schubert Solistenerfolge verschaffte. Beim ersten Hören ist es sicher leichter zugänglich als eine ernste Sonate oder ausladende Fantasie.
Zugänglichkeit bedeutet aber eben nicht "simpel". So werden die schönen oder gar schmissigen Melodien immer wieder durch ergreifende harmonische Wendungen sowie markante, ja grelle Einwürfe unter Spannung gesetzt. Nichts ist so einfach, wie es scheint, Schuberts Musik steckt auch in den kleinen Formen oft voller Überraschungen und Brechungen.

So scheint die Musik auf dieser Platte nicht zuletzt dank der hintersinnigen Interpretationen die spätromatnischen Fantasien eines Gustav Mahlers vorwegzunehmen - allein diese oft überraschende Einsicht lohnt das wiederholte Hören!



Georg Henkel



Trackliste
01-04 Fantasie D. 940
05 Ländler D. 814
06 Marche caracteristique D. 886 Nr. 1
07-15 Variationen D. 813
16 Grande Marche D. 819
17 Polonaise D. 824
18 Rondo D. 951
Besetzung

Andreas Staier und Alexander Melnikov: Hammerklavier


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