Amanda Palmer & Edward Ka-Spel
I can spin a rainbow
|
|
|
Manchmal werden Fanträume war. Eine bessere Einleitung zu dem Album I can spin a rainbow, welches einer Zusammenarbeit der von den Dreden Dolls und ihrer inzwischen auch erfolgreichen Solokarriere bekannten Amanda Palmer und dem Gründungsmitglied, Sänger und Keyboarder der Legendary Pink Dots entsprungen ist, kann es nicht geben. Denn Palmer ist bereits seit Anfang der 90er, also seit ihren Jugendtagen, großer Fan der Band, sie beherbergte sie einst auf einer Amerikatour bei sich zu Hause und ist der Band bis heute sehr verbunden. Dies drückte sich auch zu Dresden-Doll-Zeiten aus, als sie die Dots in Europa als Vorband engagierte. Und auch für viele Fans ist diese Zusammenarbeit ein Geschenk, denn Palmer war in frühesten Internetzeiten sehr aktiv in der Mailingliste der "Dots Namens Cloud Zero" und ist in Pink-Dots-Fankreisen dementsprechend bekannt.
Das Album sollte bereits ein Jahr früher entstehen, doch der erste Versuch 2015 musste auf Grund schwerer Krankheit eines besonderen Freundes Palmers wieder abgebrochen wurden. In 2016 kehrte man zurück in ein Londoner Studio und nahm insgesamt elf Stücke auf, von denen neun auf dem CD-Album, das mir nun vorliegt, gelandet sind. Die beiden weiteren Stücke werden auf der Vinylversion des Albums ebenfalls veröffentlicht werden.
Soviel zu den Fakten dieser Zusammenarbeit. Doch was ist nun am Ende dabei herausgekommen. Ohne Umschweife: das wohl beste Pink-Dots-Album, welches nicht unter diesen Namen läuft. Da beide Künstler als Hauptinstrument die Tasteninstrumente haben, ist zwangsläufig ein sehr elektronisches Album dabei herausgekommen, das jedoch in sehr atmosphärischen, größtenteils melancholischen Tonlagen liegt. Es ist ein wundervolles Balladenalbum geworden.
Eröffnet “Pulp Fiction“ mit einem gewissen Beat, offeriert das Stück herliche Gesangsaufnahmen von Palmer über einer wunderbaren Melodie. Dieses Stück hätte so 1:1 auf das letzte Album der Pink Dots gepasst. Mit “Shahla's missing page" schließt sich eine wunderschöne Pianoballade an. Traurig verhallende Pianoklänge, die an das 80er Meisterwerk The Lovers erinnern, ertönen über im Hintergrund leise zu hörenden elektronischen Geräuschen. Zur verklärten Stimme Ka-Spels setzt dann noch ein herzergreifende Violine ein. Das Stück ordnet sich im Pink-Dots-Katalog irgendwo zwischen dem erwähnten The Lovers und Asylum ein.
Um diese Richtung zu unterstreichen, versucht sich das Duo dann auch sogleich an einem Stück des nur kurz nach den genannten Alben erschienenen Island of Jewels mit “The shock of Kontakt“. Dieses ist eines meiner absoluten Lieblingsstücke der Band, umso gespannter war ich auf die Umsetzung. Und es gelingt den beiden, eine Version zu erschaffen, die nicht gegen das Original verliert. Und das, obwohl (oder weil?) sie das prägende Kennzeichen des Originals nicht einsetzen. Dies war ein sehr hart gespielter E-Bass. Die komplexe Instrumentierung des Originals wird hier mittels Sequenzer und Samplingmöglichkeiten rein elektronisch umgesetzt. Eine langsam pumpende Keyboardmelodie, darüber liegt eine himmlisch klingende Violine und das Stück wird komplett von Palmer gesungen. So passt das Stück in das Soundkonzept dieses Albums und wirkt dunkler und mysteriöser als das Original.
Das kurze “Beyond the beach“ startet mit elektronischem Rauschen und Geräuschen, darüber spielt ein dunkles Piano, das gleich an die Frühphase der Pink Dots erinnert. Dieses Stück wird zunächst von Palmers Stimme veredelt, den zweiten Part trägt Ka-Spel vor und nach einem hochemotiellen kleinen instrumentalen Teil aus Violine und Piano bringen beide das Stück zu Ende.
Auch “The clock at the and of the cage“ besticht durch ein eher spartanisches Arangement, in diesem Fall aus einem elektronischen Brummen und Glockenklängen sowie einem kräftig gefärbten Celloton beim von Palmer hymnisch dargebotenen Refrain. Die Strophen trägt Ka-Spel erzählerisch vor, was dem sowieso schon mystischen Stück noch mehr Ungewöhnlichkeit einhaucht.
“The changing room“ arbeitet mit einer spartanischen Perkussion und simplen, dunklen Keyboardklängen, über den beide dann im Wechsel eine typische Pink-Dots-Geschichte zu einer typischen Pink-Dots-Melodie vorträgt. Auch hier wird eine sehnsuchtsvolle Violine eingesetzt. Darauf folgt “The jack of hands“. Es präsentiert dann den typischen Ka-Spel-Walzer, den er schon in vielen Varianten dagebotem hat. Hier kommt einer der reduziertesten und überladensten in einem. Die erzählerischen Komponenten, dargeboten von Ka-Spel, werden mit einem Spielzeugklavier und elektronischen Geräuschen untermalt. In manchen Teilen schraubt sich das Stück dann hoch in dick aufgetragene, hymnische Teile mit Streichersound und Keyboardwänden, nur um dann in einen kurzen, fast schon dämonischen (Alptraum-)Teil zu münden und im Anfangsstil zu enden. Mich erinnert das Stück in seiner Darbietung und seinen Arrangement tatsächlich an Pink Floyd zu The Final Cut-Zeiten.
Darauf folgt eine zweite Coverversion, diesmal aus Ka-Spels Katalog. Auch hier bedient man sich aus einem seiner beliebtesten Alben, Tanith and the Liontree. Jedoch hat man sich nicht für das wave-poppige Titelstück, sondern für das balladeske “Prithee“ entschieden. Dieses kommt dem Original ziemlich nah, die prägnanten Violinenklänge (aus dem Keyboard) wurden etwas zurückgefahren, dafür gibt es nun echte Violinen im Hintergrund. Die dunklen Keyboardklänge des Originals werden ein wenig durch ein dunkles Klavier ersetzt und natürlich ist der Hauptunterschied, dass Palmer das Stück singt. Es mündet in einem weiteren walzerartigen Stück: “Liquidation Day“, das zwischen einer beschwingt daherkommenden Walzermelodie im Orgelpfeifenstil und dunklen Wavepassagen mit elektronischen Industrialmomenten wechselt.
Das die CD-Version abschleießende “Rainbow's end“ bietet dann noch einmal alles auf: großartige Keyboardarrangements, eine wunderbare, dunkle Melodie, die sehnsüchtige Violine und dazu der ebensolche Gesang beider Protagonisten.
Nun, was bleibt? Es bleibt, was ich eingangs sagte: das beste Pink-Dots-Album, welches nicht unter diesen Namen firmiert. Natürlich könnte man den beiden vorwerfen, dass sie kein großes Risiko eingegangen sind und sich munter zumeist an der 1983 - 1992er Phase der Legendary Pink Dots bedienen. Aber ist das so schlimm, wenn dabei ein Album herauskommt, welches alle Fans beider Lager verzaubern und begeistern kann? Ich meine nein.
Als durchaus befangener Dothead gebe ich für dieses Album zwei Wertungen ab:
Die Dothead-Wertung: 20
Die versucht neutrale Wertung: 17
Bleibt in Summe: 18,5.
Viel Vergnügen.
Wolfgang Kabsch
Trackliste |
Pulp Fiction 6:05
Shahla´s missing page 5:08
The shock of Kontakt 7:15
Beyond the beach 2:50
The clock at the and of the cage 4:52
The changing room 4:01
The jack of hands 3:53
Prithee / Liquidation day 9:39
Rainbow's end 7:10
Bonustracks auf Vinyl:
Subway
The sun still shines |
|
|
|
|
Besetzung |
Amanda Palmer: Gesang, Keyboard, Piano, Elektronik, Violine
Edward Ka-Spel: Gesang, Keyboard, Elektronik
|
|
|
|