Birgitta Flick Quartett feat Lina Nyberg • Nico Lohmann • Silke Eberhard
Dalarna
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Nach etlichen „gesittet“ klingenden Beispielen mit dem Saxofon in der heutigen Jazzszene, speziell in Europa, erlebe ich hier endlich wieder Musik, die sich sowohl der Tradition als auch dem reinen Schönklang weitestgehend entzieht. Mithin ist kein Free Jazz entstanden, wie sich nun vermuten ließ.
Birgitta Flick ist Jahrgang 1985, erlernte Klavier und Saxofon mit jungen Jahren und studierte Saxofon am Jazzinstitut Berlin. Maßgeblich für diese neue Platte scheint ein Studium an der Kungliga Musikhögskolan in Stockholm gewesen zu sein. Dalarna, das ist eine Region im mittleren Schweden, nördlich von Stockholm. Aus dieser Gegend stammen die für diese Produktion verwendeten Hirten- und Kirchenlieder. Neben der instrumentalen Umsetzung hilft die schwedische Jazzsängerin Lina Nyberg bei der Gestaltung dieser sehr individuell vorgetragenen Interpretationen.
Entstanden sind die Aufnahmen am 12. und 13. November 2013 im Fattoria Musica, Osnabrück, aufgenommen von Walter Quintus, der auch mitproduzierte.
“Introitus“ spielt mit geheimnisvoll wirkenden Klangmustern, spontan fällt mir eine frühe Produktion aus dem Hause ECM ein, ich meine “Afternoon Of A Georgia Faun“, von Marion Brown. (1970)
Ebenfalls wirkt der Gesang von Lina Nyberg mitunter mystisch, und gibt der mitunter pastoral wirkenden Atmosphäre noch die gewisse folkloristische Note des dunklen Nordens, manchmal auch nur durch Wortfetzen, es geht dann ein wenig in Richtung der Kollegin Jeanne Lee.
Verneinte ich anfänglich zwar das Vorliegen von Free Jazz, so werde ich spätestens mit dem dann doch sehr treffenden Titel “Free“ eines Besseren belehrt, denn hier lösen sich die Strukturen zu einem emotionalen Chaos der Elemente, ein Schock für alle Jene, denen bisherige ruhige und beschauliche Momente im Verlauf der Platte zusagten. Aber das “Nachtlied“ beruhigt rasch wieder und nachfolgend bleibt es beschaulich, sogar ganz schön wird es zum Abschied mit “Vallat fran Evertsberg(efter Tommos Kersti)“
Nun, diese Musik ist sehr individuell, eine Aneinanderreihung von Skizzen und Bildern, Fragmente mit einem leicht avantgardistischen und sehr persönlichem Anstrich versehen, stark nordisch geprägt und nicht unbedingt etwas für den schnellen Verbrauch, denn zu kompliziert und kunstvoll ist sie aufgebaut, und verlangt somit Aufmerksamkeit beim Zuhören. Sowohl Jazz- als auch Folkfreunde könnten sich angesprochen fühlen, doch, so denke ich, werden es in der Regel Jazzer sein, die hier landen, jedoch keine Puristen.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Introitus (7:48)
2 Den signade dag (6:20)
3 Allt under himmelens fäste (4:02)
4 Vallat fran Evertsberg #1 (9:04)
5 Glädjens blomster (4:07)
6 Natt (5:55)
7 Free (5:24)
8 Nachtlied (3:16)
9 Stinalaten #1 (0:59)
10 Stinalaten #2 (4:02)
11 Vallat fran Evertsberg(efter Tommos Kersti) #2 (2:10)
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Besetzung |
Birgitta Flick (tenor sax, clarinet)
Lina Nyberg (vocals)
Nico Lohmann (alto sax, flute, alto flute)
Silke Eberhard (bass clarinet, clarinet)
Andreas Schmidt (piano)
Andreas Edelmann (bass)
Max Andrzejewski (drums)
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