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The Seer lassen den Rieskrater erbeben




Info
Künstler: The Seer

Zeit: 17.04.2010

Ort: Nördlingen - Klösterle

Internet:
http://www.theseer.de
http://www.myspace.com/theseermusic

Mitte April war es wieder soweit: die alljährliche Kneipentour in der Ries-Hauptstadt Nördlingen sorgte dafür, dass auch abends mal wieder so richtig Leben in die etwas verschlafene Kleinstadt kam. In vielen Kneipen, Pubs und Cafés spielten zahlreiche Bands und Musiker und zeigten, dass die Region auch anderes als ekliges Billigbier (Oettingen liegt gleich um die Ecke) zu bieten hat. Neben zahlreichen Covergeschichten, standen vor allem die Auftritte im Stadtsaal Klösterle im Blickpunkt. Zuerst standen dort die lokal absolut gehypten Deutschrock-Newcomer Hassliebe auf dem Programm, was für einen großen Ansturm sorgte. Der MAS-Gesandte war allerdings wegen den Augsburgern The Seer angereist, die eine Woche vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums Heading for the sun (s. Review) kräftig Werbung für den neuesten Streich machten. Und zu sehen ob der Fünfer immer noch zu den besten Liveacts der Republik gehört, war natürlich ebenso interessant wie dieser Vorgeschmack.

Mit zwanzig Minuten Verspätung enterten The Seer die Bühne. Im Gegensatz zum Hassliebe-Auftritt war der Altersdurchschnitt gleich um 15 Jahre höher. Nach einem kurzen (neuen) Intro begann man auch mit zwei Stücken der neuen Wundertüte. Die beiden recht rockigen (die neue Les Paul konnte etwas jaulen) „Where do we go“ und „Wishful thinking“ waren gut gewählt, aber natürlich so gut wie niemandem bekannt. Dementsprechend verhalten wurden The Seer auch begrüßt. Die zwar schöne, aber doch recht träge Ballade „The world cries love“ änderte auch nicht viel daran. Die Nervosität der fünf Musiker war gut zu spüren. Wie würden die Leute die neuen Songs aufnehmen und würden The Seer ihr Publikum immer noch so mitreißen können wie früher? Die Band verwandelte diese Bedenken mit dem Gute-Laune-Klassiker „The one“ aber ziemlich schnell in jede Menge positive Energie. Der Funke sprang über, und da war es wieder, dieses Seer-Gefühl, welches die Seele aufhellen lässt - beschreiben kann man es nicht wirklich, man sollte es selbst erleben.

Und das Nördlinger Publikum nahm einen guten Schluck davon. Von Lied zu Lied wuchs die Begeisterung für die Augsburger Helden mehr. Kein Wunder bei seit vielen Jahren erprobten Livekrachern wie den Titelsongs der ersten beiden Alben Across the border und Own world (trotz Gitarrenproblem gut gemeistert), dem starken Folkrocker „King without a throne“ oder „Nothing else“, das regelrecht für die Bühne gemacht ist und bei dem Schlagzeuger Michael Nigg das Ganze wieder stark nach vorne trieb. Überhaupt kann man sein unauffällig wirkendes, aber effektvolles Spiel nicht genug hervorheben. Dazwischen gab es natürlich noch mehr vom neuen Langdreher. Unter anderem die Vorabsingle „Raining“, bei der Sänger/Gitarrist Shook sichtlich Schwierigkeiten hatte die hohen Töne des Refrains zu halten. Aber ansonsten gab er sich keine Blöße. Zur Überraschung hatte man auch das wiederentdeckte „The first one in the row“ im Gepäck. Und der einzige richtige und mittlerweile ausgelutschte Singlehit „Please“ bekam in einer entspannten Akustikfassung neues Leben eingehaucht.

Aber den meisten Applaus bekamen, wie zu erwarten, die schmissige Debütsingle „Take a walk with me“ und das immer lauthals mitgesungene „Esmeralda’s story“ - The Seers Songs für die Ewigkeit. Leider ließ man sich nur noch für eine Zugabe auf die Bühne zurück bitten. Der mit Geige bewaffnete Multiinstrumentalist Jo Corda gab zum Schluss mit entknittertem Zylinder den „Ferryman“. Und dann war er auch schon nach knapp 90 Minuten zu Ende, der Auftritt von The Seer. Das Fazit fällt aber trotzdem absolut positiv aus. Zwar war man nach der Livepause noch ein wenig eingerostet, aber trotzdem wurde man seinem Ruf als hervorragende Liveband wieder gerecht. Kein Wunder, dass sich das gut gefüllte Klösterle bei den vielen Mitsingspielchen der Folkrocker begeistert beteiligte. Da die Ausnahmeband gar so sympathisch ist, verzeiht man ihnen sogar, dass sie es damit manchmal etwas übertreiben.

Was bleibt sonst noch zu sagen? Ach ja, The Seer sind wieder da. Und genauso lebendig und voller Feuer wie eh und je!


Setlist:
Where do we go
Wishful thinking
The world cries love
The one
The first one in the row
Across the border
Raining
King without a throne
Please (acoustic)
The borderline
Nothing else
Fallen leaves
Own world
Esmeralda's story
Take a walk with me
---
Ferryman




Mario Karl



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