Ojra + Kiritchenko
A Tongleof Mokosha
Ukrainische Traditonals im neuen Gewand
Orja sind eine ukrainische Folkband; die zwischen traditionellen Folk und experimentellen bis hin zum Neofolk tätig sind und schon vielfach mit anderen, genrefremden Bands und Künstlern zusammengearbeitet haben. Auf A Tongleof Mokosha haben sie sich mit dem 34 Jahre jungen Experimentalmusiker Andrey Kiritchenko zusammengetan, der es laut Info bereits auf 40 Alben auf renommierten labeln wie z.B. Staalplaat gebracht hat.
Auf A Tongleof Mokosha hat diese Mischung nun zehn wohl aus dem Pagan ebenfalls wie dem christlichen Bereich stammende Folksongs aus der Ukraine vorgenommen.
Solche Scheiben sind für das europäische Ohr zunächst zumeist etwas schwer hörbar, was an dem typischen, gewöhnungsbedürftigen Gesang liegt. Hat man diesen jedoch erst einmal angenommen, findet man auf dem Album tolle Songs und Kombinationen. „Volyky“ strotzt nur so von Sounds, darunter liegt ein straffer elektronischer Beat. Über diesen Mix breitet sich der Gesang aus und in den Solopassagen dürfen sich die traditionellen Instrumente wie Violine und Dulcimer austoben. „Chi Bulo Lito“ ist ein trauriges, schon fast sakrales Lied. Der traurige Gesang ist hier nicht so gewöhnungsbedürftig, auch hier flirrenwieder Sounds umher, Herzstück des Songs sind jedoch der tiefe, sakrale elektronische Bass und die dazu weinenden Violinen. Wunderschöne Musik.
Stimmungen wie bei den avantgardistischen David Sylvian Sachen kommt bei „Dva Holuby“ auf. Hauptaugenmerk wird zunächst auf die Stimme gelegt, die mit Vogelzwitschern und flirrenden Sound umlegt ist. Später gesellt sich eine traurige Violine dazu und ganz dumpfe, scheinbar dissonante elektronische Bässe. Mit ebenso dissonanten Sounds zu schweren beats beginnt „Na Yordantsi“. Hier setzen dann traditionelle Violinen und Flöten ein. Aus diesem scheinbar kakophonischem Tanz erwächst dann eine von Elektronik, Violinen und Stimme betonter Volkstanzähnlicher Song.
Alle 10 Songs des Albums bieten so diese wunderbar exotische, unwirklich wirkende Mischung aus unseren Ohren unbekannten Folks vermengt mit zusätzlich fremd wirkender Elektronik. Jedoch machen Teile dieser Elektronik die fremdartige Musik auch für unsere, westlichen Ohren hörbarer, da Ihre Beats und Sounds das sperrige Liedgut in unsere Ohren dringen lassen. Ein weiteres gutes beispiel ist „Na Ivana Kupala“, eine schon etwas bekanntere Weise, die hier mit einem treibenden, sich wiederholendem Sound, sowie einem anderem, blubbernden Sound unterlegt wurde. Dazu gibt es eine einfache Spieluhrmelodie und schon wirkt das Ganze fast wie Pop. Ist aber natürlich keiner, was die einsetzenden Violinen und gegen den Beat laufenden Bässe bezeugen.
Schon viele Versuche, Traditionelle Musik mit moderner zu fusionieren scheiterten grandios, hier haben wir ein tolles Gegenbeispiel, das es durchaus geht, wenn man mit der Materie ebenso ehrfurchtvoll wie respektlos und innovativ arbeitet.
Ein tolles Album für Freunde von Experimentalmusik, interessanten Balkan Folk, sicherlich auch etwas für die Goth & Waveszene. Die Neofolk Freunde müssen sogar zugreifen.
Wolfgang Kabsch
Trackliste |
1 | Svity Misyachenko | 4:11 |
2 |
Volyky | 3:58 |
3 |
Chi bulo lito 4:14 |
4 |
Luli-luli | 2:50 |
5 |
Dva Holuby | 4:54 |
6 |
Na Yordantsi | 6:59 |
7 |
Kotyku sirenkyi | 2:06 |
8 |
Na Ivana Kupala | 3:55 |
9 |
Kohannya | 4:14 |
10 |
Khata | 6:58 |
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Besetzung |
Halyna Breslavets: Voice
Natalka Dudynska: Violin
Petro Yuha: Solilka, Hulusi, Dvoyanka, Guitar
Yurko Yefremov: Bass, Dulcimer, Drymba, Buhay, Bayan, Kalimba
Andrey Kiritchenko: Electronics, Field recordings, Mouth Harmonica, Percussion
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