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Dick Dale - Alter schützt vor Rocken nicht!




Info
Künstler: Dick Dale

Zeit: 20.04.2010

Ort: Nürnberg - Hirsch

Internet:
http://www.dickdale.com
http://www.myspace.com/dickdalecom

Dick Dale, der selbsternannte „King Of Surf Guitar“ gastiert im Hirsch - klar, dass ich als alter Pulp Fiction-Fan hier dabei sein muss. Was dieser Gitarrist mit Pulp Fiction zu tun hat? Pulp Fiction ist wohl zu großen Teilen mit dem späten Erfolg des Altmeisters verbunden. Der Song „Misirlou“ hat durch seinen eigentümlichen Klang wohl dazu beigetragen, dass der Film Kultstatus genießt – und somit auch die Filmmusik.

Wir schauen uns natürlich auch die Vorband aus Nürnberg, CRISPY JONES an. Und was soll ich sagen? Die sind einfach nur klasse. Bestehend aus drei Leuten (Schlagzeug, Kontrabass/Gesang und Gitarre/Gesang) brettern sie ihre Rock N Roll-Hits vom Stapel, dass es eine wahre Freude ist. Vor allem ein Song, der textlich mit Ralf Wiggum, dem Sohn des Polizisten aus der legendären Zeichentrickserie The Simpsons zu tun hat, bringt mich mehrmals zum Lachen. Respekt! Die drei sind richtig gut drauf und das Nürnberger Publikum honoriert diese Leistung entsprechend. Sehr originell und witzig, das Ganze. Großes Lob an das Trio aus Nürnberg, bei denen der Schlagzeuger erst das zweite Mal dabei ist - was man absolut nicht merkt!

Natürlich wartet der Großteil der Fans auf DICK DALE, der dann auch ziemlich pünktlich um 21.30 Uhr die Nürnberger Bühne entert. Der 1937 geborene Dale sieht natürlich nicht mehr so aus wie auf den Konzertplakaten, die in Nürnberg überall aufgehängt wurden. Er hat das feine Jäckchen gegen eine Lederjacke, die schnieke Kurzhaarfrisur gegen eine Langhaarfrisur mit verwegenem Winnetou-Stirnband eingetauscht. Und er rockt wie die Hölle! Schon beim Einsetzen der Gitarre wird klar, was der Abend bringt: Brachialen Gitarrensound bis zum Umfallen! Dick Dales Verstärker sind wahrscheinlich bis zum Anschlag aufgedreht, die seiner Mitspieler ebenfalls. Begleitet wird er von zwei mit Zottelmähnen bewaffneten jungen Musikern, einem Bassist und einem Schlagzeuger, die ein brachiales Fundament für seinen Surf-Sound legen. Mit seiner legendären Left Hand Fender Stratocaster bewaffnet, die er liebevoll „The Beast“ nennt, spielt Dick Dale gerade so, als wäre es sein erster Auftritt und er müsste allen beweisen, dass er es noch kann. Der schiere Wahnsinn! Nach dem ersten Song verlangt er, dass der Zaun vor der Bühne abgebaut wird - er will die Fans näher an sich dran haben. Als das nicht geht, lädt er die Fans ein, die Absperrung zu überklettern, was diese dann natürlich sofort machen. So viel Anarchie traut man einem Mann seines Alters gar nicht mehr zu. Allerdings hat dies laut Aussage Dick Dales egoistische Gründe - damit er den Frauen besser in den Ausschnitt schauen kann... Dick Dale ist ein authentischer Typ, der das Publikum ziemlich schnell auf seiner Seite hat. Sein verwegener Blick, sein spitzbübisches Lächeln und seine außergewöhnliche Bühnenpräsenz sorgen dafür, dass es ein ganz spezielles Konzert wird.

Viele der Lieder sind mir unbekannt. Einige davon, wie etwa sein ersten Song „Let’s Go Trippin“, sind ein bisschen bekannter. Er spielt sehr alte Songs, die auch schon von anderen Bands erfolgreich gecovert wurden, wie z. B. „Summertime Blues“ (The Who, Rush) oder „California Man“ (Cheap Trick). Dabei singt er dann sogar, was sich sehr abenteuerlich anhört. Sänger gibt es definitiv bessere, aber das ist Mr. Dale wurscht. Das Publikum ist begeistert, feiert ihn nach allen Regeln der Kunst ab. Ich hab noch nie erlebt, dass jemand, der so wenig singt, die Fans trotzdem so begeistern kann. Das Highlight des Konzerts ist in meinen Augen ein Instrumental, bei dem Dick Dales enormes musikalisches Talent sehr deutlich wird. Er spielt ein Schlagzeugsolo synchron mit seinem eigentlichen Schlagzeuger. Dabei sitzt jeder Schlag, das ist wirklich beeindruckend. Anschließend spielt er mit Drumsticks auf dem Bass herum, den ihm sein Bassist ähnlich wie ein Xylophon hoch hält. Welche Töne er damit in ziemlich hohen Geschwindigkeiten erzeugt, das kann man echt nicht beschreiben, sondern man muss es gesehen haben. Aber damit belässt er es nicht. Er spielt dann auch noch in bester Louis Armstrong-Manier mit einer Trompete - und imitiert dabei Louis Armstrong wirklich sehr gut! Später spielt er auch noch auf der Mundharmonika während einem Song, was sich auch klasse anhört.

Der Abend vergeht wie im Flug, das hätte ich wirklich nicht erwartet. Es gibt auch kaum Pausen, ein Song wird knallhart an den anderen gereiht und man merkt teilweise nicht einmal, dass schon wieder der nächste losgeht. Als das wohl bekannteste Lied „Misirlou“ angespielt wird, gibt das Nürnberger Publikum alles und es wird getanzt und die Leute bewegen sich. Den Abschluss bildet eine ziemlich wuchtige Version der amerikanischen Nationalhymne „Star Spangled Banner“, die er nach allen Regeln der Kunst in eine Surf-Hymne umwandelt. Danach ist dann auch Schluss, es gibt keine Zugabe. Das macht jedoch nichts, Dick Dale hat komplett ohne eine einzige Pause gerockt! Jeder der Anwesenden ist sich bewusst, ein ganz besonderes Konzert erlebt zu haben. Als Dick Dale dann der Menge entgegen brüllt „You Are My Medicine!“ weiß man, dieser Typ lebt den Rock N Roll und diese Ansage ist wirklich sehr ehrlich und emotional. Von der Bühne aus lädt er die Fans ein, zum Merchandise-Stand zu kommen und sich von ihm Sachen unterschreiben zu lassen - einfach phantastisch. So kommen selbst die Sammler noch auf ihre Kosten.

Das Konzert war absolute Klasse und sollte von jedem Rocker, Rock N Roller oder interessierten Musikfan einmal besucht werden. Long Live Dick Dale!



Stefan Graßl



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