Isis
Wavering Radiant
Isis: Ägyptische Göttin der Liebe, der Magie und der Toten. – Isis: Die amerikanischen Götter des Post Metal?
Bei Isis’ fünften Album Wavering Radiant ist eine ähnlich Entwicklung zu beobachten wie zuletzt bei ihren Brüdern im Geiste, Neurosis. War der Vorgänger In the absence of truth noch von relativ ruhiger und zurückhaltender Natur, wagte die Band einen kurzen Blick zurück und ging damit einen weiteren Schritt nach vorn. Will heißen, die Kontraste zwischen schwebenden Parts und hämmernden Ausbrüchen wurde noch mehr herausgearbeitet und somit leicht an der Härteschraube gedreht. Gleichzeitig besitzen die einzelnen Lieder noch mehr als zuvor eine durchgehende Struktur und einen unglaublichen Fluss. Dies ist vor allem auch ein Verdienst der Rhythmusabteilung um Schlagzeuger Aaron Harris und besonders Bassist Jeff Caxide, der durch sein treibendes Spiel ein stabiles Fundament für die ausschweifenden, doomigen Riffberge, ambientartigen Passagen, anfangs noch recht unauffälligen Melodien und den Gesang von Bandleader Aaron Turner sorgt, der mittlerweile eine gute Balance zwischen harschen Growls und seiner melodischen Stimme gefunden hat.
Isis schaffen es auf Wavering Radiant roh und brutal, sowie zerbrechlich und fast herzzerreißend zugleich zu klingen. Ein Kunstgriff den nur wenige beherrschen und der Band ihre Ausnahmestellung sichert. Als Beispiel sei hier nur mal das abschließende Threshold of transformation genannt. Anfangs noch recht hart und treibend, wird das Ganze nach und nach mit unterschwelligen Keyboardklängen und Effekten untermalt, das Tempo herausgenommen, tief hinab gestiegen, abermals aufgepeitscht und mit einem langen und zum Heulen schönen Gitarrensolo erklimmt das Lied ganz neue Höhen und sorgt für einen erinnerungswürdigen Abschluss, der einen erst mal sprach- und atemlos zurücklässt.
Diese auf CD gebannte Reise, die mit jedem Hördurchgang unglaublich wächst, klingt tiefgründig und faszinierend, hypnotisch und mitreißend, komplex und episch, geht durch Mark und Bein und lässt die Welt 55 Minuten lang still stehen und alles um einen herum vergessen. So muss Musik sein, die gleichzeitig Kopf und Bauch anspricht. Wavering Radiant verlangt zwar nach uneingeschränkter Aufmerksamkeit und erweckt anfangs fast den Eindruck kopflastig zu sein, doch in Wahrheit spricht sie voll und ganz die Gefühlsebene an. Nicht unwesentlich ist dabei der natürliche und klare Sound des Albums, der eine regelrechte analoge Wärme und Bodenständigkeit ausstrahlt. Neben der Verwendung von altem Equipment, hat sich die Verpflichtung von Knöpfchendreher Joe Baresi (u.a. Tool, Queens of the Stone Age, Satyricon) bezahlt gemacht.
Hiermit ist Isis eine wahre emotionale Großtat gelungen, voller Klasse und Stil. Man fühlt sich fast genötigt das Wörtchen Meisterwerk zu verwenden. Doch ich bin mir sicher, dass wir auch in Zukunft ähnliche Qualität von der Band erwarten können. Aber vorerst ist Wavering Radiant zusammen mit Neurosis’ Given to the rising das Album, an dem die Konkurrenz kräftig zu knabbern hat.
Mario Karl
Trackliste |
1 | Hall of the dead | 7:39 |
2 |
Ghost key | 8:29 |
3 |
Hand of the host | 10:42 |
4 |
Wavering radiant | 1:48 |
5 |
Stone to wake a serpent | 8:30 |
6 |
20 minutes/40 years | 7:04 |
7 |
Threshold of transformation | 9:52 |
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Besetzung |
Jeff Caxide (Bass)
Aaron Turner (Vocals)
Aaron Harris (Drums)
Bryant Clifford Meyer (Guitar, Electronics)
Mike Gallagher (Guitar)
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