Celan
Halo
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Auf dem Papier klingt das was hinter dem Projekt Celan steckt und das sich nach dem Dichter Paul Celan benannt hat, schon einmal ziemlich interessant. Köpfe des Quintetts sind Chris Spencer von der Noise Rock-Bastion Unsane, sowie der klassisch ausgebildete Komponist, Musiker und Dirigent Ari Benjamin Meyer, der nicht nur in Projekten der klassischen Musik, sondern u.a. auch mit Redux Orchestra und den Einstürzenden Neubauten tätig war. Dazu kommen noch die Rhythmusgruppe von flu.ID, sowie der Gitarrist Niko Wenner. Das lässt in gewisser Weise eine Symbiose aus krachender und harter U-, sowie E-Musik erwarten. Aber Halo, das zunächst mit anschwellenden maschinellen Geräuschen beginnt, tönt mit den ersten drei Songs voll und ganz nach einem: Purer Noise Rock. Laut, rhythmusbetont, wild, spannend und eindringlich. Mit leidenschaftlichem und giftigem Gesang, schweren Gitarrenriffs und gnadenlos nach vorne drückenden und treibenden Bassgrooves. „A thousand charms“ und „All this and everything“ sind ein wahres Fest für alle Genrefans und Unsane-Verehrer.
In dieser Hinsicht überrascht das Album schon einmal. Oder es enttäuscht, je nachdem. Denn hier scheint der Einfluss von Meyer, gegenüber den restlichen Musikern, etwas schmäler gewesen zu sein, als bei manch anderem Stück auf dem Album. Das erhabene „Sinking“ zum Beispiel beginnt wesentlich entspannter mit einer einfachen Basslinie und verhältnismäßig ruhigem Gesang. Hinzu gesellen sich verschiedene Samples, Synthieklänge, sowie ein Klavier. Das Ganze klingt im Vergleich zum Rest schon verhältnismäßig spacerockig und lässt den Hörer ein wenig zur Ruhe kommen, bevor „Weigh tag“ den Adrenalinspiegel wieder nach oben treibt. Allerdings geht man bei dieser Nummer mit weiteren synthetischen Klängen im Hintergrund ein wenig subtiler als im ersten Albumdrittel vor.
Mit dem Instrumental „Washing machine“ folgt ein weiterer Erholungspunkt aus ruhigen Tastenklängen und leicht angeschlagenen Gitarrenakkorden, bevor Celan ihr unschlüssigstes Stück „Train of thoughts“ auf die Menschheit loslassen. Zahlreiche Sprachsamples, purer Riffwahnsinn, verzerrte Screams, Radiorauschen – das alles im ständigen Wechsel mit immerwährenden Rhythmusbreaks. Mit etwas gutem Willen könnte man es avantgardistisch nennen. Die geradeaus nach vorne drückenden und griffigen „It’s low“ und „Wait and see“ entschädigen dafür allerdings wieder, bevor das Album mit dem über zwölfminütigen Instrumentalstück „Lunchbox“ ein harmonisches Ende nimmt. Hier finden sich noch einmal die ruhigen Pianotöne von „Washing machine“, zu denen sich später noch der Rest der Band gesellt und dem Lied mit dahin gleitenden Keyboardflächen und verzerrter Gitarre eine gewisse Dramatik verleiht.
Halo ist ein ganz schöner Brocken geworden, bei dem das Projekt seine spontan gewonnene Kreativität ungeniert auslebt. Das Ergebnis klingt dabei intensiv und manchmal regelrecht verstörend. Stellenweise geht das Ganze aber auch ein wenig zu weit. Wer aber seine Freude an lautem, wildem und metallischem Rock mit einem starken Noiseanteil hat und es gerne auch ein wenig experimentell klingen darf, für den sind Celan ein dicke Empfehlung. Für den Rest mit Sicherheit zu extrem. Das ist aber auch gut so!
Mario Karl
Trackliste |
1 | Safety recall notice | 0:45 |
2 |
A thousand charms | 4:28 |
3 |
All this and everything | 4:30 |
4 |
One minute | 3:37 |
5 |
Sinking | 4:44 |
6 |
Weigh tag | 3:06 |
7 |
Washing machine | 4:21 |
8 |
Train of thought | 4:21 |
9 |
It’s low | 3:58 |
10 |
Wait and see | 3:40 |
11 |
Lunchbox | 12:41 |
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Besetzung |
Chris Spencer (Guitars and Vocals)
Ari Benjamin Meyers (Keyboards, Piano, Vibraphone and Sampler)
Niko Wenner (Guitars)
Franz Xaver (Drums)
Phil Roeder (Bass and Vocals)
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