Adios und die Kraft der verdammten Remixer - Tommy Victor zum endgültigen Abschied von MINISTRY und zum neuen PRONG-Album
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Eines der Mottos eines jeden Plattenfirmavorstands scheint zu lauten: Die Kuh muss gemolken werden solange es geht – selbst wenn sie schon auf der Schlachtbank liegt. Wie sonst soll man es deuten, dass Al Jourgensen bereits vor zwei Jahren den Abschied von MINISTRY angekündigt hat, aber regelmäßig neue Veröffentlichungen der Industrial Metal-Pioniere erscheinen? Manche mögen das bekritteln, aber wenn man erst einen Blick darauf wirft, kann man nicht behaupten, dass Rotweinfanatiker Al(ien) an Qualität gespart hätte. The last sucker war ein letzter lauter und starker Aufschrei gegen George W. Bush, Cover up ein Cover-Partyalbum, das im MINISTY-Kontext zwar nicht wirklich funktionierte, aber zumindest Spaß machte, und das zuletzt veröffentlichte Adios … Putas Madres ein massives und gutes Livealbum der Abschiedstour, auch wenn ihm ein wenig ein durchgehendes Konzertfeeling abgeht, da es an den verschiedensten Orten auf der ganzen Welt aufgezeichnet wurde. Im Mai erscheint dieser Konzertzusammenschnitt auch noch in DVD-Form. Sind wir mal gespannt, was uns dabei erwartet (wir werden berichten).
Als sich die Möglichkeit ergab ein wenig mit Tommy Victor über die letzte Tour und die CD dazu zu sprechen, machte MAS natürlich Gebrauch davon. Da dieser nicht nur Teil der letzten MINISTRY-Besetzung war, sondern auch Vorstand der Groove Metaller PRONG ist und dort die Veröffentlichung eines Remixalbums zu deren 2007er CD Power of the damager vor der Tür steht, war dies natürlich doppelt verlockend. Deshalb gibt es hier nicht nur ein paar Fakten zu MINISTRYs Adios ... Putas Madres, sondern auch ein paar Neuigkeiten zu Power of the damn Mixxer.
Ministry waren früher als eine Gruppe von durchgeknallten Leuten bekannt, die den Exzess lieben und den Leuten so richtig kräftig ins Hinterteil treten. Kann man die letzte Bandinkarnation an in diese Schublade stecken?
Nein, auf gar keinen Fall! Da muss ich Dich leider enttäuschen. Ich kann von Al und mir behaupten, dass wir und gelegentlich wie diese alte Garde aufgeführt haben, aber Sin, Aaron und Tony waren ziemlich professionell, ziemlich konzentriert. Das ist wesentlich zeitgemäßer. Das bringt Dich auf Nummer sicher durch die Tour.
Welche Erinnerungen verbindest Du dieser Ministy-Abschiedstour?
Es war etwas traurig und aufregend zugleich. Ich wäre am liebsten weiter getourt und hätte Alben mit Ministry aufgenommen. Meiner Meinung nach war das Projekt gerade am durchstarten, nicht am Ende.
Du scheinst wohl schon etwas traurig über die endgültige Auflösung von Ministry.
Auf jeden Fall!
Es sind sicherlich ein paar seltsame Vorfälle und Geschichten passiert. Könntest Du zumindest eine mit unseren Lesern teilen?
Die sonderbarste Sache war der Tränengasvorfall in Toulouse, Frankreich. Jemand dachte sich, es sei eine gute Idee eine Pfefferspraybombe oder etwas in der Art in einer Halle ohne Ventilation hochgehen zu lassen. Ziemlich verrückt! Ich musste von der Bühne rennen, konnte es einfach nicht mehr aushalten. Aber seltsamerweise muss ich Dir sagen, dass es eine ziemlich lockere und entspannte Tour war. Für das was die Leute erwarten, war es für Ministry-Verhältnisse ziemlich ereignislos.
Was fühlst Du wenn Du die Adios-CD anhörst und an die zurückliegenden Konzerte denkst?
Die Aufnahmen sind fantastisch! Die hören sich an wie es auf der Bühne klang, während wir die Gigs spielten. Es sind die am besten aufgezeichneten Liveaufnahmen die ich je gehört habe. Die Band war die ganze Tour über ziemlich beständig. Meiner Meinung nach klang jeder Auftritt großartig. Das ist das was ich mit der Tour verbinde. Die pure, professionelle Abwicklung der Shows.
War es nicht ein komisches Gefühl die Songs zu spielen, die Du zusammen mit Paul Raven für The last sucker geschrieben und aufgenommen hast?
Nun, das geht mir auch so wenn ich mit Prong Lieder von Cleansing und Rude awakening spiele. Ich vermisse Raven sehr. Es ist ziemlich bedauernswert. Wir könnten ihn wirklich sehr gut gebrauchen.
Was war Dein liebster Auftritt und welcher war am schlimmsten?
Nun, der Auftritt in Hamburg war ziemlich schlecht, da das Publikum sehr widerspenstig wurde und damit begann Zeug auf uns zu werfen, das den Zaun verfehlte. Sie haben immer damit weiter gemacht, so dass wir das Konzert schließlich abkürzen mussten. Der Auftritt im Irving Plaza in New York City war für mich persönlich der beste, da dies meine Heimatstadt ist und ich mich ziemlich stolz fühlte vor Freunden und Familie auftreten zu können.
Welchen Ministry-Titel spielst Du am liebsten?
Ich liebe es „The last sucker“ zu spielen, vor allem da Aaron Rossi das Stück ziemlich hart mit seinem Schlagzeug vorantreibt. Meiner Meinung nach ist die Liveversion besser als die auf dem Album. Ich habe auch mehr oder weniger die Musik des Lieds geschrieben und bin deshalb auch ziemlich stolz auf den Track.
Hättest Du gerne auch noch einen anderen Ministry-Song gespielt der nicht auf dem Programm stand?
Nein! Das Set war perfekt. Al hat es schön entworfen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Ministry-Show und einem Auftritt mit Deinem eigenen Baby Prong, und was macht Dir mehr Spaß?
Prong ist definitiv herausfordernder. Vor allem da ich dort gleichzeitig singe und Gitarre spiele. Ministry macht, oder mittlerweile eher machte, deshalb mehr Spaß, da ich dort wie ein Verrückter herumspringen kann.
Hast Du eine Ahnung ob und was Al momentan Musikalisches plant, nachdem Ministy weg vom Fenster sind?
Ja, Al arbeitet gerade an ein paar Projekten. Ich glaube, dass momentan ein neues Lard-Album und ein Projekt zusammen mit Joey Jordison von Slipknot geplant sind. Er wird auch die neue Prong-Platte produzieren.
Tommy, ich habe gehört, dass Du wieder zusammen mit Glenn Danzig an einem neuen Album arbeitest. Wie kam es zu dieser neuen Zusammenarbeit, nachdem Du seine Band 2005 verlassen hast?
Nun, Glenn schreibt das ganze Material für Danzig. Ich interpretiere seine Ideen nur nach seinen Wünschen. Ich habe den Kontakt zu Glenn niemals verloren. Es lief ziemlich glücklich auf der Circles of snakes-Tour, und wir mussten unser Verhältnis zueinander wieder eine zeitlang abkühlen lassen. Es freut mich sehr wieder im Schoß von Danzig gelandet zu sein. Glenn ist fantastisch und ich respektiere diesen Kerl sehr.
Kommen wir nun zu Prong. Es wir im Mai eine Remixalbum zur letzten Platte geben, mit Remixen von so bekannten Leuten wie Jon Claydon von Pitchshifter, Rob Caggiano von Anthrax und John Bechdel und Clayton Worbeck vom 13th Planet-Camp. Wessen Idee war das?
Das ist mittlerweile eine Tradition bei 13th Planet Records. Al hatte diesen Einfall schon vor den Aufnahmen von Power of the damager.
Wie hast Al und Du die Remixer ausgwählt, oder kamen sie von selbst auf euch zu?
Die Antwort ist dreigeteilt. Ich habe ein paar anfängliche Remixe gehört, die ein paar von Als Jungs vorgelegt hatten, und ich mochte sie einfach nicht. Ein paar von den Leuten die ich im Kopf hatte mussten erst kontaktiert werden und das sprach sich dann rum. So interessierten sich dann auch andere dafür und sie kamen auf uns zu. Einige waren besser als andere, also schnappten wir uns noch weitere und hatten schließlich die coolen Mixe, die man jetzt zu hören bekommt. Die Leute welche wir gefragt hatten, waren alle mit Prong vertraut und ich wusste, dass sie verstanden was ich wollte. Überwiegend wurden diejenigen kontaktiert, die ich respektiere und von denen ich weiß, dass sie die richtige Herangehensweise an das Material von Prong haben.
Was kann man sich von diesen Remixen erwarten und welchen Aspekt der Lieder fördern sie zutage?
Die meisten Mixe sind ziemlich nah an den Originalsongs; aber sie besitzen ein paar klangliche Ausschmückungen. Nehmen wir uns mal JS Claydens Remix von „Worst of it“ als Beispiel. Er hat das Lied selbst nicht verändert. Er stellte das was er für die stärkeren Teile des Songs hält oder die interessantesten Aspekte heraus. Er verwendete das originale Schlagzeug, aber er zerstückelte die besten Segmente des Spiels. Sein Arrangement besitzt seine eigene Stärke. Es ist wahrscheinlich genauso gut, wenn nicht sogar besser als das Originalarrangement des Lieds. Es könnte sogar sein, dass er den Song besser gemacht hat. Das ist sogar mehr als ich wollte, eine Aufbesserung.
Welche sind Deine Favoriten auf der CD?
Es ist ein Kopf an Kopf-Rennen zwischen „Worst of it“ und Rob Caggianos „The banishment“-Mix. Aus einem anderen Grund mag ich auch AK1200s „Pure ether“ und DJ? Acucracks „No justice“. Diese Mixe sind extremer. Die Sounds sind wahnsinnig. Ziemlich brutaler Stoff.
Denkst Du wirklich, dass diese Remixsache eine gute Idee war? Bis jetzt habe ich es zwar noch nicht gehört, aber was ich wirklich an dem Damager-Album mochte, war der trockene und ins Gesicht schlagende Klang und die auf den Punkt gespielten Arrangements. Die Platte tritt Dir wirklich ins Hinterteil!
Vielen Dank! Ich habe Power of the damager selbst produziert und nehme das jetzt als Kompliment. Aber ich glaube Prongs Lieder passen auch sehr gut in dieses maschinelle Format innovativer Remixe. Es ist nur eine andere Herangehensweise. Einige haben diese neue Remixplatte bereits in Verbindung mit Rude awakening gebracht, was ich sehr interessant finde. An sich ist es keine neue Sache für Prong. Wir hatten bereits eine Remixplatte für Prove you wrong namens Whose fist is this anyway gemacht.
Hast Du persönlich etwas für derartige Remixsachen und elektronische Musik generell übrig?
Solange es hart bleibt und es keine dämliche Tanzmusik ist, habe ich damit kein Problem.
Du wirst bald auch wieder mit Prong auf deutschen Bühnen zu sehen sein, richtig?
Jawohl, unsere Worst of the worst-Tour beginnt Ende Mai. Schaut euch doch einfach die Tourdaten auf unseren Websiten www.myspace.com/Prong und www.prongmusic.com an.
Du bist bereits letztes Jahr mit dem neuen Prong-Lineupt mit Monte und Aaron bei uns getourt. Wie liefen die Auftritt mit ihnen?
Einfach unglaublich!
Vielen Dank dafür, dass Du Dir ein bisschen Zeit für uns genommen hast!
Ich danke euch für eure Unterstützung. Hoffe wir sehen uns bald wieder!
Mario Karl
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