Musik an sich


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Mahler, G. (Rattle)

Sinfonie Nr. 9


Info
Musikrichtung: Spätromantik Orchester

VÖ: 14.03.2008

EMI Classics / EMI 2 CD (AD live DDD 2007) / Best. Nr. 50999 5 01228 2 0

Gesamtspielzeit: 83:32



DAS LEBEN, NICHT DER TOD!

Farbig, körperlich und bis ins kleinste Detail durchhörbar klingt Simon Rattles zweite Aufnahme von Gustav Mahlers monumentaler 9. Sinfonie. Eine polyphone Kathedrale. Aufnahmetechnisch lässt die Produktion wirklich keine Wünsche offen. Selbst notorische Hifi-Nostalgiker dürfen sich freuen.
Und wie sieht es interpretatorisch aus? Dem sinnlich-emotionalen Mahlstrom, den der Dirigent mit den Berliner Philharmonikern erzeugt, ist kaum zu widerstehen. Herrlich die organische, im Großen kraftvoll pulsierende, im Detail delikate Klangkultur des Orchesters; eindrucksvoll die Souveränität und Geschlossenheit, die dieses Ensemble im Zusammenspiel erreicht.
Rattle weiß diese Qualitäten auszuspielen. Die in der Musik angelegte Spannung zwischen einer enthusiastisch gesteigerten Lebensfreude, die einem in ihrer Unbedingtheit geradezu den Atem nimmt, und der steten Bedrohung dieser Hingabe durch unabweisbare Katastrophen, Resignation und Todessehnsucht wird ungemein plastisch gestaltet. Es gibt kein „Stilgefälle“: Das Derbe und Törichte in den überschäumenden Mittelsätzen klingt nicht weniger existenziell als das Tragische und Erhabene, das die Ecksätze beherrscht. Tod und Leben liegen wie selten miteinander im Streit, aber das treibende Elemente dieser Interpretation ist nicht die hoffnungslose Ergebung in den Tod, sondern die Feier des Lebens im Angesicht des Todes.
Selbst in ihren düstersten Momenten verfängt sich die Musik nicht in ausweglosen Depressionen, wird nicht spröde und geisterhaft. Vielleicht ist es auch schon wieder zu schön gespielt. Ich kenne das Werk in seinem Ton wesentlich gebrochener und instabiler, vor allem im Eröffnungs- und Schlusssatz. Letzterer ist bei Rattle trotz der hypnotisch ausgesponnenen und unendlich gedehnten Schlusstakte kein Verlöschen ins Grab, sondern ein lichter Übergang, bei denen die Pausen von dem sprechen, was musikalisch nicht mehr sagbar ist.



Georg Henkel



Trackliste
CD I
01 Andante comodo 28:56
02 Im Tempo eines gemächlichen Ländlers. Etwas täppisch und sehr derb 15:57

CD II
01 Rondo-Burleske (Allegro assai. Sehr trotzig) 12:37
02 Adagio (Sehr langsam und noch zurückhaltend) 26:02
Besetzung

Berliner Philharmoniker
Ltg. Simon Rattle


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