Musik an sich


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OYSTERBAND – Meet you there, in Nürnberg



Info
Künstler: Oysterband

Zeit: 02.04.2007

Ort: Nürnberg - Hirsch

Internet:
http://www.oysterband.co.uk

Wir haben Anfang April und der Frühling hat sich mittlerweile so richtig entfaltet. Die Blumen sprießen, die Sonne zeigt sich wieder in ihrer ganzen Pracht und die Hormone kommen langsam aber Sicher in Wallung. Was würde dazu besser passen als eine gute Portion lebensbejahender Folk Rock, bei dem man förmlich das Grün unter seinen Füßen spüren kann? Richtig, nicht viel. Wie schön, dass die britischen und viel zu wenig beachteten Folk-Könige OYSTERBAND gerade jetzt in unseren Breitengraden unterwegs sind um ihr neues Album Meet you there vorzustellen. Aber natürlich hat man nicht nur die Songs dieser tollen CD im Gepäck, sondern noch einen ganzen Sack mit alten Highlights. Und das sind ja bekanntlich nicht wenige. Als wir von MAS die Chance bekamen ein Konzert dieser Tour zu besuchen, wurde nicht lange gezögert und der Weg in den Nürnberger Hirsch auf sich genommen. Dieser gemütliche Klub ist ja immer wieder ein guter Ort für einen OYSTERBAND-Auftritt. Und so ist er an diesem regnerischen Dienstag zwar nicht übervoll, aber doch gut gefüllt. Beste Voraussetzungen also für einen stimmungsreichen Abend.



Um die ungeduldigen Fans nicht mit Dingen zu konfrontieren die sie eh nicht interessieren, wurde auf dieser Tour auf eine Vorgruppe verzichtet. Und so startete die Band pünktlich um 21.15 Uhr ihren gut zweistündigen Auftritt. Ein wenig wurde man allerdings doch in Form von gleich zwei aufeinander folgenden Intros auf die Folter gespannt (1 x klassisches Keyboardintro, 1 x gotische Musik). Aber nach dieser Geduldsprobe enterten endlich die Akteure des Abends unter lautem Applaus die Bühne und legten ganz entspannt mit dem neuen „Just one life“ und „Uncommercial song“ aus dem Jahre 2002 los. Und sofort war es wieder da, das Oysterband-Feeling. Dazu braucht es keine aufwändige Show (auf der Bühne rührt sich wirklich nicht viel), sondern einfach nur fünf dieser herrlich sympathischen Menschen, die ihre Lieder spielen. Gitarrist Alan Prosser zupft dauergrinsend seine E- und Akustikgitarren, Ian Telfer streicht gedankenversunken über die Saiten seiner Violine, Chopper untermauert den Sound mit Bass und Cello, Lee Partis gibt am Schlagzeug die abwechslungsreichen Tempi vor und über alldem schwebt die Stimme von John Jones, der nebenbei auch noch seine Finger über die Tasten eines Akkordeons fliegen lässt. Vor allem Letzterer ist immer wieder Dreh- und Angelpunkt eines Oysterbandkonzerts. Und das obwohl er eigentlich die meiste Zeit mit schwarzer Sonnenbrille auf den Augen starr vor seinem Mikrofonständer steht (manchmal sogar mit verschränkten Armen). Aber das Charisma, seine Ausdruckskraft, ein paar wenigen Gesten und der eine oder andere lockere Spruch ziehen den Hörer ganz von alleine in seinen Bann.


In der ersten Hälfte des Konzerts kam überwiegend Material der jüngeren Bandgeschichte zum Zuge. Allen voran natürlich die Songs von Meet you there. Diese fügten sich hervorragend in das restliche Programm ein und spätestens jetzt wurde klar, dass dieses Album ein weiterer Oysterband-Klassiker werden wird. Am besten machten sich hiervon das reduziert und mit Lee Partis am Cajón präsentierte „Here comes the flood“, sowie das wunderbare „Bury me standing“, vor dem John Jones eine längere Ansprache zum Text hielt. Die Stimmung war anfangs zwar schon ziemlich ausgelassen, aber noch nicht euphorisch. So richtig in Schwung kam die anwesende Runde dann mit der alten englischen Folknummer „John Barleycorn“, nach der die Band ein Highlight nach dem anderen hervorkramte. Ob „Northern lights“, das zur neuen Nationalhymne auserkorene „The world turned upside I down“ oder die Gänsehautnummer „Everywhere I go“, dessen Refrain natürlich auch an diesem Abend wieder enthusiastisch minutenlang mitgesungen wurde. Spätestens hier brachen alle Dämme. Das lag aber nicht nur an dem gespielten Liedgut, sondern auch der Form in der sich das Quintett präsentierte. Top professionell und durch jahrelange Erfahrung eingespielt zeigte sich die Oysterband. Aber noch weit davon weg routiniert und zu abgeklärt zu wirken, sondern voller Spielfreude, die ohne Umschweife ansteckt.

Am Ende des regulären Sets wurde mit „When I’m up I can’t get down“, „20th of April“ und dem absoluten Klopfer „Blood wedding“ die Runde für alle Tanzwütigen eingeleitet, bevor die Band sich selbst und dem Publikum eine kleine Pause gönnte. Wer hier noch still stehen könnte, der ist entweder taub oder tot. Dass die Oysterband nicht ohne Zugabe aus dem Hirschen entlassen wird, war nach den lauten Sympathiebekundungen am Ende klar. Und es gab nicht nur eine, sondern (mit zwei Unterbrechungen) gleich sechs Extraportionen. Vor allem die Überballade „Put out the lights“ und die A-Capella-Nummer „The new Jerusalem“ waren davon besonders groß. Gänsehaut pur! Hiernach sollte offiziell auch Schluss sein, aber da ein wirkliche Welle der Begeisterung aus dem Zuschauerraum in Richtung Bühne schwappte, wurde noch eine eingefolkte Version des Talking Heads-Hits „The road to nowhere“ angehängt, bevor der Vorhang nach über zwei Stunden wirklich zum letzten Mal fiel und die Briten eine schwitzende und vor Freude überschäumende Masse zurückließ.

Es war ein wirklich toller Abend. Und jeder Daheimgebliebene sollte es eigentlich bereuen nicht dort gewesen zu sein. Aber keine Sorge. Da die Oysterband die Bühne ja als ihr zweites zu Hause sieht, dürfen wir sicher bald wieder mit einer Stippvisite rechnen. Und bis dahin gibt es ja noch zahlreiche CDs zur Überbrückung.


Setlist:
Intro
Just one life
Uncommercial song
Our lady of the bottles
If you can’t be good
Where the world divides
Bury me standing
My mouth
John Barleycorn
Walking down the road with you
By northern lights
The world turned upside down
Everywhere I go
Here comes the flood
Over the water
North Star
Moving on
When I’m up I can’t get down
20th of April
Blood wedding
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One green hill
Put out the lights
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Road to Santiago
New Jerusalem
We could leave right now
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Road to nowhere


Mario Karl



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