Sarah Kaiser - Ein Gast auf Erden
Info |
Gesprächspartner: Sarah Kaiser
Zeit: 25.04.2005
Interview: E-Mail
Stil: Jazz / Kirchenlied
Internet: http://www.sarahkaiser.de
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Im September 2003 erschien die CD Gast auf Erden. Auf ihr präsentierte sich die Berliner Jazz-Sängerin Sarah Kaiser der Öffentlichkeit zum zweiten Mal in konservierter Form. Die CD war etwas ganz besonderes, da sie die über 300 Jahren alten Lieder des wohl wichtigsten evangelischen Kirchenliederdichters Paul Gerhardt mit Hilfe von modernen Arrangements entstaubte. Mit dieser CD hat Sarah Kaiser - etwas pathetisch gesprochen – sogar ein Stück „musikansich“-Geschichte mitgeschrieben. Unser mittlerweile ehemaliger Mitarbeiter Daniel Syrovy hatte die CD mit 0 Punkten bedacht, wodurch Gast auf Erden die aller erste Plus-Minus-Kritik bei MAS ausgelöst hat. Vorsichtig wollte ich wissen, wie diese Kritik bei Sarah angekommen ist?
Nun, diese negative Kritik musste ich erst mal einordnen. Ich habe mich vor allem gewundert, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hat, eine CD zu rezensieren, die er so belanglos findet. Und soweit ich mich jetzt noch erinnern kann, fand ich seine Kritik sehr uninformiert und dadurch wenig glaubwürdig. Aber hey, Kontroverse bringt immerhin Aufmerksamkeit ...
MAS: Da viele unsere Leser Dich noch nicht kennen, sag doch bitte kurz etwas zu Deiner Geschichte.
Ich bin in Berlin als Tochter einer Sängerin und eines Theologen geboren und aufgewachsen, habe beides – das Singen und den Glauben – jedoch erst über Umwege für mich selbst entdeckt. Nach dem Abitur, Studium und Aufenthalt in London, den USA, Jazzdiplom an der Hanns Eisler Musikhochschule in Berlin Mitte, seit 1999 beruflich als Sängerin unterwegs.
MAS: `Gast auf Erden´ ist eine CD mit alten Kirchenliedern im modernen leicht jazzigen Gewand. Wie bist Du auf die Idee gekommen, Paul Gerhardt-Stücke derart um zu arrangieren?
Der Hauptauslöser war Christian Steyers Jazzchor-Weihnachtslieder-Projekt, bei dem ich 1999-2001 mitgewirkt habe. Die Arrangements waren sehr schön und haben die alten, poetischen Glaubenstexte in ein sehr schönes Licht gerückt. Der Text von Gerhardt (“Ich steh an Deiner Krippen hier“) fiel mir damals besonders auf und hat mich neugierig auf mehr von diesem Dichter gemacht.
MAS: Muss man bei derart alten Liedern heute noch irgendwelche Rücksichten auf ein Urheberrecht nehmen?
Nein, glücklicherweise nicht! Es gibt niemand, der noch Rechte auf diese Songs besitzt.
MAS: Dein Paul Gerhardt-Programm befindet sich ja sozusagen in der Mitte zwischen zwei unterschiedlichen ... äähh ... Publikums, Publikümmern ???.
Ich glaube es heißt Publiken...
MAS: Wie waren die Reaktionen bei Jazzern, bzw. dem Kirchen- und Gemeindepublikum?
Allgemein sehr positiv. Aus vielen Ecken in der Kirche – Landes- sowie Freikirche - habe ich gehört, dass diese Arrangements den Hörern die alten Lieder neu erschlossen haben. Für viele, die Jazz- oder qualitative Popmusik schätzen, war es auch ein Genuss, die Lieder in diesen modernen, jazzigen Arrangements zu hören. Im Jazzclub wiederum sind diese Lieder aufgefallen – bestimmt oft auf Verwunderung, manchmal auch Befremden gestoßen. Aber die Leute haben gespürt, dass mir die Lieder sehr am Herzen liegen, und das steckt an.
MAS: Kann man sagen, dass du derzeit zwei musikalische Leben führst; das eine für ein Kirchenpublikum mit den Gerhardt-Liedern; das andere mit Jazznummern in verrauchten Clubs?
Manchmal scheint es so, ja, aber eigentlich möchte ich diese beiden Welten nicht trennen, mich nicht zerreißen. Ich habe auch das Gefühl, dass ich mehr und mehr dahin komme, einen eigenen Stil zu entwickeln, der einfach das widerspiegelt, was ich gerne und gut mache und was mir wichtig ist und der in beiden Rahmen gleichermaßen passt.
MAS: Kommen die neu interpretierten Gerhardt-Lieder auch bei jüngeren Leuten an?
Ja, eigentlich schon. Nächste Woche spielen wir z.B. bei einem Jugendgottesdienst. Die Musik ist durchaus poppig, teilweise auch tanzbar. Es ist eine altersübergreifende Musik, würde ich sagen.
MAS: Am Horizont beginnen die Gerüchte über eine zweite CD zu kursieren. Was ist dran? Wird das wieder eine CD mit christlichem Inhalt sein?
Ja, unsere zweite CD Miracles ist gerade in der Endphase der Produktion. Es ist eine komplett englische Jazz-Soul CD mit eigenen Liedern und ein paar bekannten Titeln, die von uns neu arrangiert wurden. Es geht um Wunder, Sehnsucht, Liebe, sowohl romantische Liebe als auch die Liebe zu Gott. Ich habe aus meinen Erfahrungen als Christ geschrieben. Die Texte sind nicht evangelistisch. Das Wort Jesus kommt nicht darin vor, aber Er war für mich beim Schreiben Ansprechpartner und Gegenüber und Christen können das, glaube ich, auch nachvollziehen.
MAS: Was wird sich musikalisch ändern?
Wie ich schon sagte – es wird eine sehr jazzige CD. Mehr Improvisation, mehr musikalische Phantasie als auf Gast auf Erden.
MAS: Wann ist mit der CD zu rechnen?
Ende Mai/ Anfang Juni erscheint sie – wir werden Sie z.B. in Hannover beim Kirchentag vorstellen. Und voraussichtlich wird sie dann auch überall erhältlich sein – bei Saturn, MediaMarkt, Dussmann sowie in christlichen Buchhandlungen.
MAS: Sarah Kaiser ist auf ihrer CD natürlich nicht allein zu hören. Spielst Du mit einer festen Band, die dich live und im Studio begleitet?
Ja, bei Miracles ist das der Fall, was sehr schön ist. Seit Januar 2004 gehören Lars Binder (Schlagzeug) und Martin Simon (Bass) zur Sarah Kaiser Band (oder „Group“ für den Jazzclub). Samuel Jersak (Piano) begleitet mich ja schon seit 2002. Und wir haben auch oft Uwe Steinmetz oder Jonas Schoen als Special Guest am Saxophon mit dabei. Beide haben auch auf der CD gespielt.
MAS: Wie groß ist der Einfluss der anderen Musiker auf die Kompositionen ?
Samuel hat den Großteil der Arrangements für die Songs gemacht und auch viel mitkomponiert. Er und ich arbeiten als festes Team. Martin und Lars haben den Entstehungsprozess der neuen eigenen Songs begleitet und bei Proben auch noch ihren Input gegeben. Das ist die Dynamik einer Jazzband – jeder bringt sich irgendwie ein. Die Musik entsteht gemeinsam, nicht nur isoliert vorab.
MAS: Du hast den Kirchentag in Hannover schon erwähnt. Dieser Megaevent (vom 25. – 29. Mai) ist eine gute Möglichkeiten für christliche Bands sich einem größeren Publikum zu präsentieren. Wann seid ihr dort zu hören?
Insgesamt dreimal: Donnerstag Abend auf der Gospelbühne, Freitag Nachmittag (Paul Gerhardts 329. Todestag; NvF) auf dem Opernplatz und Samstag Abend im Pavillion. Es wird vielseitig – ich freu mich schon drauf!
Norbert von Fransecky
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