Memarie
Memarie
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Memarie kam mit Countrymusik bereits in jungen Jahren in Kontakt, da ihr Vater als Musiker diese Musikrichtung quasi ins Haus brachte. So kam es auch, dass sie im zarten Alter von 9 Jahren ihre erste Plattenaufnahme machte, jedoch mehr als "Abfallprodukt" bei den Aufnahmen der Band ihres Vaters. Bereits in ihrer Jugend begann sie, eigene Songs zu schreiben und zu texten, so dass es nicht verwunderlich war, dass sie dies zu ihrem Beruf machte und Stars wie George Jones und John Anderson mit Songmaterial versorgte. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich selbst ins Studio stellte um ihr Debüt-Album zu erstellen. Unterstützung erhielt sie dabei von ihrem Vater, denn der ist niemand geringerer als Jerry Cupit, Chef des Plattenlabels Cupit-Records. Doch es reicht bekanntlich nicht, die Tochter des Chefs zu sein, denn ohne Talent geht man auch in dieser Position baden. Im Einzelnen: "I know you by heart" (zu Deutsch: Ich kenne dich auswendig) bestätigt mal wieder das Vorurteil der Frauen, die meinen, uns Männer zu kennen. Guter Country-Groove zeigt schon die Richtung des Albums vor und Freude kommt auf, denn die "Tochter des Chefs" hat in der Tat ein gutes Stimmchen, wobei der Begriff "Stimmchen" nicht zutrifft, denn Memarie´s Stimmbänder arbeiten druckvoll und schieben den Gesang gut in den Vordergrund, wo sie auch hingehören. Der zweite Titel "Leave me alone" ist bereits eine Ballade, in der der reuevoll zurückgekehrt Partner, dessen Freiheit doch wohl nicht so rosig aussah, ruhig aber bestimmt zurückgewiesen wird. Der romantisch instrumentierte Background unterstützt das schöne Timbre der Stimme, die bei Song Nr. 3 "Miss Understood", ebenfalls aus der Feder der Sängerin - wie überhaupt nur ein Lied dieses Albums nicht unter Mitwirkung von Jerry oder Memarie Cupit entstand -, schon erheblich härter wirkt, denn hier wird Tacheles geredet bzw. gesungen. Sie ist nun mal anders als die anderen, sieht auch einige Dinge anders und ist stolz darauf, sich treu zu sein. Auch der musikalische Background ist härter produziert und passt sich dem Songkonzept sehr gut an, dass ins Rockige geht und im Backgroundgesang Souleinflüsse aufleben lässt. Dass Memarie den Wechsel der Temperamente liebt, wurde bereits bei den ersten Songs des Albums deutlich. Nun wird dies auch noch besungen, und zwar in "I need a change", wo sie davon ausgeht, dass da draußen noch etwas Besseres auf sie wartet. Hier fällt bei diesem poppig arrangierten Titel auf, dass die Stimmlage von Memarie nicht sehr hoch angesiedelt ist und gelegentlich in Richtung einer Alt-Stimme geht. Der Titel "Heaven" hat einen sehr persönlichen Hintergrund, denn diesen Song hat sie auf ihrer Hochzeit für ihren Mann gesungen. Also eine gefühlvolle Ballade, die in den USA sicherlich bei Trauungen inzwischen zum festen Bestandteil gehören dürfte, denn eine derartige Liebeserklärung bekommt man nur zu selten geboten. Bluesig-jazziger geht es bei "New shoes" zu. Hierbei wird nicht die weibliche Lieblingsbeschäftigung beschrieben, vielmehr geht es - wie bereits bei "I need a change" - darum, dass die junge Dame Veränderung braucht. Dieser Titel ist kantiger und lauter produziert und lässt die herbe Stimme Memarie´s härter erklingen, bevor sie bei "Riding on the rain" (richtig: rain, nicht train) wieder schnurren darf, einer Ballade, die wiederum ruhig und dezent dargeboten wird und eine völlig andere Stimme als im vorherigen Song erklingen lässt. "I´d like to help you with that" stammt als einziger Titel nicht aus dem Fundus der Familie Cupit und hat einen bisher ungewohnten Soul- bzw. Gospeleinschlag, für den der soulige Backgroundchor vornehmlich verantwortlich ist, der dem Album eine völlig neue Note verleiht. Aber auch hier findet Memarie die richtige Stimmlage. Die Suche nach Veränderung scheint Jerry Cupit´s Tochter doch recht stark umzutreiben, denn wiederum wird dies Thema bei "Somewhere bound" umgesetzt, diesmal allerdings in ruhigerem Gewand, das die herbe Schönheit der Stimme umhüllt. Der verstärkte Trommeleinsatz deutet an, dass man auf Indianerspuren wandelt, denn die Story zu "Medicine Man" ist in diesem Umfeld angesiedelt. Der Medizinmann soll Memarie zu Weisheit verhelfen, um einen Beziehungsschmerz zu vertreiben. Da geht es schon fast in blasphemische Bereiche, wenn sie auch noch nach einem Wunder verlangt. Musikalisch erinnert der Song ein wenig an Tim McGraw´s "Indian outlaw" und ist ein bisschen plakativ aufgezogen, kommt aber gut rockig rüber. Und von der Indianer-Religion geht es direkt in die Christliche Religion herüber. "What if he´s right" wurde bereits im Jahr 2000 aufgenommen und gelangte damals als Single für elf Wochen auf die Nr. 1 der Christian Country Radio Charts. Und das mit Recht! Allein der Text hat die Chartspitze verdient, denn er handelt von drei Gegebenheiten: 1. Noah baut seine Arche und alle lachen. Nur eine Frau fragt: Was ist, wenn er Recht hat? 2. Jesus hängt am Kreuz und wird ausgelacht. Nur eine Frau fragt: Was ist, wenn er Recht hat? 3. Ein Mann steht in der Straße, predigt mit der Bibel in der Hand, spricht von Warnsignalen und wird ausgelacht. Nur eine Frau fragt: Was ist, wenn er Recht hat? Ein Song, der durchaus nachdenklich machen kann. Musikalisch absolut einwandfrei umgesetzt, z.B. mit Regen im Hintergrund, als die Moses-Episode erzählt wird. Ein wirklich guter Schlusspunkt unter ein vielseitiges Album, das als Bonbon gesangsambitionierten Hörern alle Songs als reine Musiktracks zum Mitsingen mitliefert. Fazit: Memarie´s Stimme löst sich aus den lieblichen Chartstimmen der Countryszene heraus, da sie ein wenig herber und teilweise auch härter klingt. Andererseits kann sie bei Balladen auch herrlich sanft klingen. Angesichts der Tatsache, dass Memarie an 10 von 11 Titeln auch im Kompositions- und Textbereich beteiligt war, zeigt das vielseitige Talent der jungen Dame, die durch ihre Unverwechselbarkeit ihren Weg machen dürfte. Dass auch ihr Vater, der übrigens auch als Gitarrist beteiligt war, als Produzent gute Arbeit geleistet hat, erkennt man an den Instrumental-, also quasi Karaoke-Tracks, die dem offiziellen Teil des Albums folgen, denn hier erkennt man deutlich die hohe musikalische Qualität des Backgrounds. Also wiederum ein Album, das den hohen Qualitätsstandard amerikanischer Produktionen aufzeigt, der leider Lichtjahre vor den europäischen Pendants liegt.
Lothar Heising
Trackliste |
1 | I know you by heart | 2:49 |
2 | Leave me alone | 3:08 |
3 | Miss Understood | 2:41 |
4 | I need a change | 2:41 |
5 | Heaven | 4:27 |
6 | New shoes | 3:01 |
7 | Riding on the rain | 4:07 |
8 | I´d like to help you with that | 2:50 |
9 | Somewhere bound | 3:03 |
10 | Medicine man | 2:48 |
11 | What if he´s right | 3:42 |
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