Steve Powell
Revelation – The Party’s Over
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Das selbstbetitelte 1972er Debütalbum von Rainbow Promise führte nicht dazu, dass sich die Band langfristig in der christlichen Rockszene etablieren konnte. Bandkopf Steve Powell blieb allerdings am Ball und veröffentlichte zwei Jahre später ein Soloalbum namens Revelation – The Party’s Over. Schon der Opener „Gonna Take A Trip“ macht klar, dass die musikalischen Wurzeln des Mannes weiterhin erkennbar bleiben, haben wir doch hier eine Art entspanntere Variante von Wishbone Ash vor uns, und da das einer von nur zwei Songs auf der Scheibe ist, bei der Powell von einer kompletten Band unterstützt wird, darunter mit Randy Adams einem zweiten Gitarristen, findet sich hier auch etwas von den typischen Gitarrenharmonien wieder. Die Formulierung „entspannt“ besitzt allerdings für das Gros des Materials ihre Berechtigung – kernigere Rockklänge hört man hier eher selten, sondern folkigen Rock der Mellow-Variante, wobei der alte Westcoast-Einschlag bisweilen auch noch vorhanden ist, etwa im Titeltrack mit seinem streicherartigen Arrangement. „Freedom“ wiederum läßt ein bißchen vom alten Psychedelic durchklingen, wobei ein interessantes rauhes, aber sehr zurückhaltend eingemischtes Riff auffällt – hätte Tony Iommi das in die Finger bekommen, so hätte er das zehnmal lauter eingemischt, dafür die Orgeln weggelassen, und wir hätten sozusagen Proto-Black Sabbath vor uns. „I Wanna Live“ wiederum transportiert Gitarrensounds wie in den alten Sabbath-Kifferballaden (denke an „Planet Caravan“), macht daraus dann aber leicht folkigen Rock, dessen zweistimmiges Gesangsarrangement im Refrain den Rezensenten an eine andere Combo erinnert, deren Zuordnung ihm noch nicht eingefallen ist. „It Doesn’t Have To Be“ wiederum mündet aus Folkpop in Blues und läßt den Chef auch mal in extreme Kopfstimmen hochgleiten, wie das in ähnlicher Form auch Glenn Hughes gelegentlich zu tun pflegte.
„Excites Me“ überrascht strukturell, denn es gibt gleich zwei Songs dieses Titels auf der Scheibe, einen mit 57 Sekunden Spieldauer und einen mit 62, und beide stehen unmittelbar hintereinander. Das Rätsel löst sich in der Form, dass der Song zunächst ausgeblendet und dann fortgesetzt wird – auf der Original-LP stand der erste am Ende der A-Seite und der zweite am Beginn der B-Seite, und diesen niedlichen Effekt hat man beim CD-Re-Release beibehalten, auch wenn man sich an der Stelle natürlich nicht mehr zum Abspielgerät bewegen und den Tonträger umdrehen muß. Der zweite Teil geht nach seinen 62 Sekunden nahtlos in „I Love Jesus“ über, quasi klassischen gospeliten Pop auffahrend, der in der Titelzeile auch zum munteren Mitshouten animieren kann. Als Americana-Ballade gebärdet sich „The King’s Lady“, in der Adams zur Lap Steel greift und ein weiteres Streicherarrangement Größe reinbringt, wobei das sowieso schon der zweite Song ist, den Powell mit voller Bandbesetzung eingespielt hat. Sein eigener Job steht in den Unterlagen übrigens mit Gesang, Rhythmus- und Leadgitarre, Schlagzeug und Piano vermerkt – wer in den Songs ohne Bandbesetzung Baß spielt, ist nirgendwo herauszubekommen, obwohl zumindest hier und da definitiv ein Bassist akustisch am Werkeln ist. Sollte Powell auch das erledigt haben, dürfte er sich endgültig das Prädikat „Multiinstrumentalist“ umhängen. In „Come Back Home“ beweist er dann, dass er das, was die volle Band in „The King’s Lady“ erzeugt hat, auch alleine hinbekommt, wobei die Grundstimmung hier etwas ruhiger ist. Mit „Psalm 61“ schließt allerdings gleich noch eine weitere Ballade (diesmal ohne Americana-Touch) das 32minütige Album ab, das damit nach hinten heraus doch sehr entspannt gerät – da wäre vielleicht ein etwas kräftiger zupackender Closer für die Gesamtdynamik nutzbringend gewesen.
Wie das Album von Rainbow Promise ist auch Revelation – The Party’s Over von Retroactive Records wiederveröffentlicht worden, so dass niemand der Nachgeborenen gezwungen ist, Unsummen für ein Original auszugeben, und man hat auch hier die Wahl, den remasterten Re-Release auf Vinyl oder aus Silizium zu erwerben. Bonustracks bleiben auch hier abwesend, das Booklet der CD bietet allerdings diesmal nur eine Dokument-Doppelseite und keine Lyrics, während die Ausstattung mit Sammelkarte (Nr. 49 der „Legends Remastered“-Serie) und den Liner Notes auf dem Backcover, die aus Ken Scotts „A Collector’s Guide to Vintage Vinyl Jesus Music 1965-1980“ stammen, ansonsten derjenigen des Rainbow-Promise-Re-Releases entspricht. Auf dem Cover gibt es diesmal übrigens kein buntes „Wachturm“-Bild, sondern ein Foto von Powell, der an einer Mauer steht und von der Dunkelheit ins Licht schaut, wobei interessanterweise das historische Mauerwerk durchaus zu einem Kirchengebäude gehören könnte, was der Blickrichtung eine interessante theologische Deutung verliehe. Aber darüber kann nur spekuliert werden. Auch die weitere Karriere Powells dürfte nur wenigen Spezialisten geläufig sein, wobei die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er auch hinter den auf dem gleichen Label wie schon das Rainbow-Promise- und das Soloalbum, Wine Skin Records, erschienenen Werken der Powell Family steckt, zumal er mit seiner Frau Vickie umfangreich auf Tour war. Ansonsten verlieren sich seine Spuren zumindest anhand der hier vorliegenden Quellen im Dunkel der Musikgeschichte. Revelation – The Party’s Over macht abgesehen von dem oben geschilderten Dynamikproblem auch heute noch einige Freude beim Hören, und wer den Re-Release von Rainbow Promise eingesackt hat und nicht gerade auf Härteres aus ist, der darf das Soloalbum gleich mit an Land ziehen.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Gonna Take A Trip | 2:54 |
2 | It Doesn’t Have To Be | 2:47 |
3 | Revelation | 3:28 |
4 | Freedom | 3:38 |
5 | I Wanna Live | 2:51 |
6 | Excites Me (I) | 0:57 |
7 | Excites Me (II) | 1:02 |
8 | I Love Jesus | 3:26 |
9 | The King’s Lady | 3:50 |
10 | Come Back Home | 3:42 |
11 | Psalm 61 | 4:02 |
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Besetzung |
Steve Powell (Voc, Git, Keys, Dr)
Randy Adams (Git, B, Lap Steel, 1,9)
Allan Avery (Keys, 1,9)
Steve Carter (Dr, 1,9)
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