Julian Lage
Love Hurts
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Nach “Arclight“(2016) und “Modern Lore“ (2018) hat der am 25.Dezember 1987 geborene US-amerikanische Gitarrist Julian Lage mit Love Hurts ein weiteres Trio-Album vorgelegt. Die Besetzung an Bass und Schlagzeug wurde jedoch ausgetauscht. Nachdem der junge Mann einst vom Vibrafonisten Gary Burton unterstützt wurde, wurde man etwa 2004/2005 auf den Gitarristen aufmerksam, und 2009 erschien dann ein Debüt-Album.
Konnten mich die vorherigen Alben inhaltlich nicht voll und ganz überzeugen, so geht es mir mit der neuen Platte nun anders. Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Die Musik berührt mich viel mehr, erscheint mir lockerer und viel wärmer im Ausdruck, sie erreicht mich eher und stärker, sie wandert unvermittelt in den Solarplexus. Lage’s Gitarrenspiel springt mit seiner Lebendigkeit und Frische sofort an, und die neue Rhythm Section steigt sofort auf seinen Zug auf und vereint sich zu einem energiereichen Ganzen, die Band spielt wie aus einem Guss. Und Lage selbst lässt seinem spontanen Ideenreichtum freien Lauf.
Fiel mir bei den Vorgängeralben stark auf, dass überwiegend kein reiner Jazz geboten wurde, sondern vielmehr die Fusion von Rock, Jazz und anderen Elementen im Vordergrund stand, so stelle ich nun nach drei Songs bereits fest, dass hier der Jazz viel mehr ausgelebt wird. Dazu tragen sicher auch die Kompositionen von Ornette Coleman (#2), Keith Jarrett (#3, 6) und Jimmy Giuffre (#8) entscheidend bei, doch auch wenn es dann gar völlig artfremd wird, allen voran der Titelsong aus dem Country, dann gelingt es den Musikern auch hier, ein sehr schönes Jazz-Feeling einzubauen.
Und so lebt die Musik hier von verschiedenen Stimmungen, die nuanciert und sehr emotional ausgeprägt vorgetragen werden, absolut glaubhaft und überzeugend. Insofern wirkt die Musik der neuen Platte vielleicht ein wenig behäbiger und weniger experimentell als auf den Vorläufern, doch macht die wirklich gute Stimmung das mehr als wett. Von fröhlich bis nachdenklich und sogar ein wenig dramatisch mit dem im Original so wunderschön schmalzigen “Crying“ von Roy Orbison versteht man es, sich dem Hörer viel intensiver zu nähern, und ich halte diese Platte für einen ganz wichtigen Schritt voraus in der Entwicklung des Gitarristen, zumal er seine eigenen Kompositionen perfekt in die fremden stilistisch einbindet. Diese entspannte Lockerheit steht Julian Lage sehr gut, und mir tut sie gut. Doch man muss nun keine durchgehenden „Streicheleinheiten“ erwarten, denn oft genug nutzt der Mann die spielerische Bandbreite seines Instruments und bringt rockende als auch experimentelle Elemente geschickt und pointiert ein.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 In Heaven (Peter Ivers, David Lynch) (4:34)
2 Tomorrow Is The Question (Ornette Coleman) (3:36)
3 The Windup (Keith Jarrett) (4:03)
4 Love Hurts (Boudleaux Bryant) (4:45)
5 In Circles (Julian Lage) (4:30)
6 Encore (A) (Jarrett) (4:44)
7 Lullaby (Lage) (3:45)
8 Trudgin' (Jimmy Giuffre) (3:57)
9 I'm Getting Sentimental Over You (George Bassman, Ned Washington) (4:06)
10 Crying (Roy Orbison, Joe Melson) (5:34)
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Besetzung |
Julian Lage (guitar)
Jorge Roeder (bass)
David King (drums)
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