Laibach: Zarathustra sprach in der Kantine




Info
Künstler: Laibach

Zeit: 18.03.2018

Ort: Köln - Kantine

Besucher: ca. 150

Internet:
http://www.laibach.org

Laibach sind ja bekanntermaßen Anfang der 80er Jahre im zerfallenden Jugoslawien gegründet worden. Seinerzeit waren sie politisch höchst brisant, zeitweise gar verboten bzw. in ihrem Heimatland mit Auftrittsverboten versehen. Auch heute, 30 Jahre später, sind sie nach wie vor politisch, aber auf einer etwas anderen Ebene. Was aus der Anfangszeit geblieben ist, ist ihre oftmals doppeldeutige Ästhetik und das daraus resultierende künstlerische Konzept. Inzwischen spielt in der Band auch kein Gründungsmittglied mehr, am längsten dabei ist Sänger Milan Fras, der mit seinem dunklen, kantigen Timbre jedoch seit 1982 die Stimme von und inzwischen eigentlich auch Laibach ist.

Die letzten Veröffentlichungen der Band sind thematisch höchst unterschiedlich: da ist das aktuelle, düstere und sehr anspruchsvolle Und alzo sprach Zarathustra, etwas weiter zurück liegt ihre bombastische Soundtrackarbeit für die finnische Komödie "Iron Sky", die mit derben Humor die Legende um die nach dem 2. Weltkrieg auf den Mond emigrierten Nazis eingeht. Um so gespannter war ich auf mein persönlich erstes Laibach-Konzert.

Zunächst einmal zur Kölner Kantine: ein sehr schöner Auftrittsort inmitten eines ehemaligen Industriegebietes in einem alten Verwaltungsgebäude einer Fabrik. Ich denke, dass sie ca. 500 Personen Platz bietet. Die Aufteilung ist auch gut gemacht, zunächst kommt der Gastronomiebereich, dahinter kommt dann der Konzertbereich sowie die Bühne, getrennt nur durch ein paar Tische und an diesem Abend der Technik der Band.

Allerdings war das Konzert nur mäßig besucht. Ich schätze, es werden maximal 150 Leute dort gewesen sein, was natürlich für die Sicht und das ggf. notwendige Getränkeholen klasse ist, für die Künstler eher weniger. Der Bühnenaufbau deutet dafür auf viel Multimedia hin. Es gibt Leinwände hinter und seitlich der Bühne sowie rechts und links im Zusachauerraum. Entgegen anderer Konzerte läuft keine andere Musik, sondern ein elektronischer Dronesound zum Einstimmen.

Ziemlich pünktlich gegen 20:10 Uhr beginnt die Band und zelebriert die ersten dunklen Klänge vom letzten Album Also sprach Zarathustra. Und um es vorweg zu nehmen, es wurde tatsächlich in voller Länge gespielt. Und zu meiner eigenen Überraschung alles mit weniger Elektronik als erwartet. Auf der Bühne sind ein Schlagzeuger, ein Gitarist und zwei Keyboard- bzw. Laptopspieler zu sehen. Viele der verschrobenen, sich um sich selbst drehenden Sounds erzeugt der Gitarrist. Das Schlagzeug ist auch recht dominant, immer dem benötigten Klangbild angepasst.




Sänger Milan Fras dominiert jedoch das Bühnenbild. In seinen typischen Gewändern ist er aber auch eine eindrucksvolle Gestalt. Das dunkle und sehr ambiente Werk wird auf der Bühne mit einigen psychedelisch wirkenden Einlagen, die auch mal ausbrechen, aufgelockert. Hinzu schweben bedeutungsschwangere Bilder von hinter der Bühne über bzw. an den Zuschauern vorbei. Der Aufbau der Leinwände und die Projektionen erzeugen einen beeindruckenden dreidimensionalen Effekt.

Die ersten 45 Minuten ziehen so an den Zuschauern vorbei, es gibt nur wenige Pausen und Applaus, welcher auch immer sofort von Milan Fras abgwunken wird. Man merkt: dies hier ist ein Gesamtkunstwerk.

Stimmung, wenn es diese bei einem Laibach-Konzert denn überhaupt geben muss, kommt jedoch erst im zweiten Teil der Show mit älteren Stücken auf. Hier lässt die Band dann auch den Applaus zu. Beeindruckend sind die von Sängerin Mina Špiler interpretierten Stücke. Sie steht vorne auf der Bühne, wirkt fast ein wenig schüchtern, bewegt sich quasi nicht, sondern steht dort aufgerichtet und intoniert mit einer unglaublichen Stimmvielfalt. Naturgemäß gefallen die Balladen etwas besser, weil sie intensiver sind. Aber auch die militärisch dahin stampfenden Powerstücke, meist im Duett, gehen gut ab.




Nun ist auch Milan Fras etwas lockerer, er hat sich seines langen Mantels entledigt und so bringt die Band einen packenden Mix aus Stücken aus ihrer Karriere, stark instrumentiert und virtuos dargeboten. Allerdings verzichten sie komplett auf ihre alten Gassenhauer, die sie ja durchaus mit ihren ungewöhnlichen Coverversionen in den 80ern und 90ern hatten.

Beeindruckend bleibt die das ganze Konzert über gehaltene Spannung und die atmosphärische Magie, die von der Band ausstrahlt. Leider ist nach ca. 70 Minuten bereits Schluss, allerdings schafft es das Publikum, doch noch eine rasante Zugabe mit drei Stücken, die noch einmal das ganze Spektrum der aktuellen Ausgabe von Laibach wiedergibt, zu erklatschen. Danach ist ein ganz besonderes Konzert jedoch vorbei.

Die dargebotene Symbiose aus Musik und Multimediashow war einzigartig für ein Konzert dieser Größenordnung. Laibach haben nach wie vor ein straffes künstlerisches Konzept, welches sie jedoch zu variieren wissen und live sogar noch intensiver wiedergeben können als auf Tonträger. Das heute Erlebte war eine perfekte Symbiose aus anspruchsvoller Kunst und augenzwinkerndem Brachial-Industrial. Den alten Recken wäre etwas mehr Zuspruch sehr zu wünschen.




Wolfgang Kabsch



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