Le-Thanh Ho
Staub
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Schon mit ihrem Debütalbum Elephant (2015) konnte die Dichterin, Liedermacherin und Schauspielerin Le-Thanh Ho ein dickes Ausrufezeichen in der deutschen Musiklandschaft hinterlassen. Nun gibt es das zweite Album der in Berlin lebenden Künstlerin mit dem Titel Staub. Und dieses Album gehört mit zum Besten, was die deutsche Musikszene in den letzten Jahren so hervorgebracht hat.
Gleich der Opener "Geisterschiff" ist ein erster Höhepunkt des Albums der vom folgenden "Papiermond" noch getoppt wird. "Weisse Tulpen" ist ein Paradebeispiel für die Textkunst von Le-Thanh Ho wenn sie zum Beispiel singt:
Du hast mich auf weiße Tulpen gelegt am Fenster die Kerzen gelöscht und die am Tresen Ich sehe zu wie Du den Zigarettenrauch in den Raum füllst die Wände werfen uns zurück und der Wein schlägt Wellen Ich segle heim auf Toms Melodien und Worten
Und Du hast Splitter in den Augen wir haben Farben in den Augen Lass uns heim gehen. Doch wo ist heimgehen?
Die oftmals surrealen Texte werden dabei in chansonartige Lieder verpackt, die jedoch viel mehr sind, als einfache Lieder. Es wird gesungen, rezitiert, geflüstert. Der Songbegriff wird weit gedehnt und mit Soundskulpturen und hörspielartigen Momenten erweitert. Die große Kunst dabei ist, dass man hier dennoch keine 'verkopfte' Musik zu hören bekommt, sondern spannende Songs, die sicherlich auch in ihrer Rohfassung begeistern dürften. Hier hatte sicherlich Produzent Alexander Hacke eine großen Anteil daran. Durch seine Arbeit mit den Einstürzenden Neubauten und noch mehr durch seine Filmarbeiten ist er, was Klangcollagen, Soundskulpturen und Songs angeht, eine Koryphäe. Hier hat Le-Thanh Ho genau das richtige Team ausgewählt, denn auch die beteiligten Musiker sind ganz auf der Höhe der Zeit. Davide Ponza (E-Gitarre), Martin Lau (Stimme), Gregor Siedl (Saxophon), Lan Cao (Synthesizer) und Amir Golani (Orgel) gehören nicht nur in Berlin zur den herausragenden Musikern der FreeJazz- / FreeImprov-Szene.
Staub ist ein Album, das sicherlich nicht jedermanns Geschmack trifft. Wer sich jedoch ganz darauf einlässt, wird mit großartiger Musik und fantastischen Texten belohnt, die Ihresgleichen suchen. Le-Thanh Ho hat gegenüber Elephant noch deutlich an Profil gewonnen und ist mit ihrem experimentelleren Ansatz in der obersten Liga angekommen. Ein Album, für das die Höchstwertung eigentlich noch zu niedrig erscheint. Herausragend!
Ingo Andruschkewitsch
Trackliste |
1 | Geisterschiff | 5:03 |
2 |
Papiermond | 6:58 |
3 |
Eins Sein | 1:00 |
4 |
Weiße Tulpen | 4:20 |
5 |
Erster Schnee | 4:08 |
6 |
Weichselstraße | 1:19 |
7 |
Müde | 4:16 |
8 |
Sternenstaub | 6:02 |
9 |
Definition | 2:09 |
10 |
Reprise | 3:16 |
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Besetzung |
Le-Thanh Ho: Gesang, Gitarre, Klavier
Davide Ponza: E-Gitarre
Martin Lau: Stimme
Gregor Siedl: Saxophon, Vogelstimmen
Lan Cao: Synthesizer
Amir Golani: Orgel
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