Musik an sich


Reviews
Bach, J. S. (Freiburger Barockorchester)

Brandenburgische Konzerte


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 14.02.2014

(harmonia mundi / harmonia mundi / 2 CD / 2013 / Best. Nr. HMC 902176.77)

Gesamtspielzeit: 90:11

Internet:

Freiburger Barockorchester



„THOMASKANTOR GELIFTET“


- so titelte jüngst die Süddeutsche Zeitung in Bezug auf ein Portrait Johann Sebastian Bachs, welches vor Kurzem wiederentdeckt wurde. Die Überschrift passt auch gut zu der Neueinspielung von Bachs Brandenburgischen Konzerten durch das renommierte Freiburger Barockorchester. Dass das Ensemble sich erst jetzt an diese Stücke wagt, mag dem Respekt vor deren musikalischen Rang, aber auch vor dem umfangreichen Katalog qualitätvoller Vergleichseinspielungen geschuldet sein.

Aber: Die Freiburger haben diesem Katalog eine durchaus eigene, gewichtige Deutung hinzugefügt. Manch überraschendes Detail wird erstmals hörbar gemacht, viele Phrasierungen werden neu gedacht und führen dazu, dass man den ein oder anderen Satz zunächst vielleicht nicht auf Anhieb wiedererkennt. Herbeigezwungen wirkt das alles dennoch nicht, vielmehr logisch und organisch aus der Partitur abgeleitet und an den Maßstäben der historisch informierten Aufführungspraxis ausgerichtet. So kommt es, dass Bach hier einen guten Schuss mehr „Italianitas“ hat – knüpfte er doch mit den Stücken an italienische Vorbilder wie Albinoni oder Vivaldi an. Das dichte Stimmengeflecht und die Bandbreite der Instrumentalfarben sowie das Wetteifern der Stimmen werden wunderbar transparent aufgelichtet, teils auch mittels solistischer Besetzung der Tutti-Passagen oder durch räumlich geschickte Staffelung der Instrumentengruppen. Der damit einhergehenden Gefahr des überbrillanten Klanges begegnet das Orchester durch die Verwendung des tieferen Stimmtons (392Hz wie eigentlich damals eher in Frankreich gebräuchlich, gegenüber 415Hz in Mitteleuropa).

Dennoch vermag die Interpretation nicht durchweg für sich einzunehmen. Dazu nämlich setzen die Freiburger diese Konzerte unter zu starken Druck. Das Problem ist dabei weniger die Wahl der Tempi (die im Vergleich gar nicht einmal besonders schnell sind), als der Umstand, dass wie unter steter Anspannung musiziert und der Musik kaum Luft zum Atmen und Sich-Ausschwingen gelassen wird. In dem Bemühen, die Werke von jedem Verdacht höfischer Steifheit freizuhalten, bleibt auf diese Weise bisweilen die gelassene Eleganz auf der Strecke.



Sven Kerkhoff



Trackliste
J.S. Bach:
Brandenburgische Konzerte Nr. 1-6
Besetzung

Freiburger Barockorchester


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