Musik an sich


Artikel
X-SINNER – die besseren AC/DC ?




Info
Gesprächspartner: Rex Scott (Voc, Git)

Zeit: Februar 2009

Ort: Berlin - Hollywood

Interview: E-Mail

Stil: AC/DC-Rock

Internet:
http://www.x-sinner.com

In der letzten Ausgabe hat Norbert von Fransecky das aktuelle X-Sinner Album weit über den grünen Klee gelobt – und den christlichen AC/DC-Soundalikes eine Qualität attestiert, die Black Ice, den Charttopper der Australier, angeblich locker in den Schatten stellt. Grund genug für ihn X-Sinner Mastermind Rex Scott per e-mail mit seinen Schmeicheleien zu konfrontieren. (Auf dem Foto blond mit Sonnenbrille im Hintergrund.)
Der macht daraus sofort ein „echtes“ Interview und lässt sich die Fragen vorlesen, die Antworten aufnehmen und abtippen. „Damit das ganze menschlicher und natürlicher wird,“ wie es in der Antwort-Mail heißt – „und auch das Gelächter von Scott erhalten bleibt.“
Das aktuelle Album World covered in Blood war übrigens nicht Norberts Erstbegegnung mit der Band.


Das erste Mal bin ich X-Sinner Ende 1993 begegnet. Auf dem luxuriös aufgemachten Sampler Heaven’s Metal fiel mir das eine Stück, das exakt wie AC/DC klang, natürlich gleich beim ersten Durchhören auf. Und während ich manch anderen Namen, der auf dem Doppelalbum vertreten ist, bald wieder vergessen habe, blieben mir X-Sinner ein Begriff, obwohl ich in den Jahren seitdem so gut wie nichts von ihnen gehört hatte. Auch in den in Deutschland aktiven christlichen Musikvertrieben tauchte kein Material der Truppe auf.
Als ich im letzten Jahr – ich weiß gar nicht mehr wo – von einem neuen X-Sinner-Werk hörte, habe ich sofort den Kontakt gesucht, bekam erst einmal drei Soundfiles zugemailt, bevor dann nach fast einem halben Jahr Warten World covered in Blood im Briefkasten lag.

Was ich dort hörte, übererfüllte alle Erwartungen und machte ein Interview zwingend. Die erste Frage ergibt sich von selbst.

MAS: Habt Ihr je etwas von einer Band namens AC/DC gehört?

Rex Scott: Nee!...nie davon gehört. (Gelächter!!) Wo sind die her? (erneutes Gelächter!)

MAS: In meiner Review zu `World covered in Blood´ habe ich geschrieben „Das beste AC/DC-Album seit `Back in Black´ ist tatsächlich erschienen – nur heißt es nicht `Black Ice´, sondern `World covered in Blood´“. Kannst Du das kurz kommentieren!

Rex Soctt: Wow! Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Danke für die Blumen! Sie sind ganz eindeutig eine großartige Band, die wir sehr lieben. Wir betrachten es bereits als eine Ehre überhaupt mit ihnen verglichen zu werden.

MAS: Fraglos bewegen sich X-Sinner in den Spuren der australischen Legende. Warum verfolgt Ihr diesen Weg? Ist das bewusst geplant? Hört Ihr ständig AC/DC-Alben, um sicher zu gehen, auf dem rechten Weg zu bleiben, oder fließt einfach das gleiche Blut in Euren Adern, so dass die Ähnlichkeiten einfach so passieren?

Rex Soctt: AC/DC haben ein komplettes Genre dieses Sounds miterschaffen. Andere Bands, die ihnen in diesem Stil folgten, waren natürlich Kix, genauso wie Def Leppard und Cinderella, um nur einige zu nennen. Jede Band fügte dem Sound einen Impuls hinzu, um ihr eigenes Ding daraus zu machen. Ich denke, es waren tatsächlich Free, die diese Art von Songwriting mit Titeln wie ihrem Hit „All right now“ begonnen haben. Es klingt so, als hätten AC/DC diesen Song wirklich gemocht und seinen Stil für ihr Songwriting genutzt. Es ist ein Titel, der sehr stark nach AC/DC klingt, bis dahin, dass das Gitarrensolo massiv an Angus´ Spieltechnik erinnert. Und er wurde veröffentlicht bevor irgendwer in der Welt des Rock etwas von AC/DC wusste.
Meiner Meinung nach haben AC/DC diesen Stil also nicht vollständig erfunden, haben ihn sich aber angeeignet und mehr als irgendwer sonst dazu beigetragen, ihn in der Musikszene zu verbreiten.
Wenn sich jemand – musikalisch gesprochen – in große Bands wie AC/DC, Def Leppard oder Led Zeppelin verbeißt, kannst du es gar nicht verhindern, dass sich diese Einflüsse in Deinem Songwriting zeigen. Wir setzen uns nicht hin und hören AC/DC Alben, um zu schauen, was wir dort für unsere Stücke rauspicken können. Das Ganze läuft viel natürlicher ab. Wenn Du einen Musikstil genießt und bewunderst, wird es mit der Zeit zu Deiner zweiten Natur als Songwriter ähnlich zu komponieren. Zumindest ist das meine Erfahrung. Es ist wie das musikalische Gesetz in den Akkorden A, D und G.
Vergleiche es mal mit jemandem, der sich hinsetzt, um einen Rock’n’Roll Song im Stil der frühen 60er zu schreiben. Du musst Dich schon massiv dazu zwingen, nicht in die Standard Blues/Rock’n’Roll Muster zu fallen, die Chuck Berry mit Songs wie „Johnny B. Goode“ so berühmt gemacht hat. Und das nicht, weil Du Chuck Berry kopierst, sondern weil seine Art zu schreiben zum Standard für diese Art Musik in dieser Zeit geworden ist, die man damals Rock’n’Roll nannte. Wir glauben, dass in unseren Adern dasselbe Blut fließt.

MAS: In jeder Note von X-Sinner höre ich AC/DC. Aber es gibt praktisch keinen Titel, den ich als quasi Kopie eines bestimmten AC/DC-Songs bezeichnen könnte. Wie gelingt es Euch Songs zu schreiben, die so nah an AC/DC dran sind, ohne zur reinen Kopie zu verkommen?

Rex Soctt: Weil wir sie nicht kopieren – einfach deshalb! Sie inspirieren uns. Wir geben der Musik unsere eigene Prägung und das Ergebnis ist ähnlich, und dennoch unterschiedlich zur gleichen Zeit. Nicht anders als bei Bands wie Kix oder Rhino Bucket.

MAS: Lassen wir AC/DC mal beiseite.
`World covered in Blood´ ist kein Debüt, sondern das Album einer Band mit 20 Jahren Geschichte im Rücken. Wie viel Alben sind in der Zeit entstanden?


Rex Soctt: Wir haben im Laufe der Jahre sechs oder sieben Alben veröffentlicht. Einige davon waren nur alte Demos und ähnliches; Material, das einige Fans gerne hören wollten. Irgendwann waren wir es müde alte Scheiben wieder zu veröffentlichen. Daher haben wir die aktuelle Scheibe aus komplett neuem Material zusammengestellt und die ist bislang sehr gut angekommen. (Vor dem offiziellen Release am 17. Februar gab es bereits Vorab-Versionen im Bandumfeld, bzw. der christlichen Szene in den USA; NvF)

MAS: Was waren die Highlights in der Geschichte von X-Sinner?

Rex Soctt: Wir haben bei einigen große Festivals in den USA gespielt. Außerdem haben wir mit unseren ersten beiden Alben das Radio in den Staaten dominiert, bevor der Metal starb und der Grunge Rock mit Bands wie Nirvana und Pearl Jam die Szene betrat. Gemeinsam mit Metal Church haben wir im berühmten Agora Ballroom in Cleveland gespielt - das war cool. Wir hatten wirklich gute Zeiten mit der Band.

MAS: Gibt es eine durchgehende Geschichte von X-Sinner oder gab es Zeiten, in denen die Band auf Eis lag?

Rex Soctt: Wir haben uns nie aufgelöst. Wir haben einige Zeit nichts aufgenommen und hatten auch keine Auftritte. Das lag an dem Ansturm des Alternative und Grunge Rock. Das hatte ich ja schon erwähnt. Aber wir sind immer in Kontakt geblieben und haben auch regelmäßig miteinander abgehangen.

MAS: Lebt Ihr von der Musik?

Rex Scott: Es gab in den ersten Jahren eine Zeit, in der das ein Full Time Job und auch meine Haupteinnahmequelle war. Aber als wir dann mit der Band weniger machten, haben wir uns Jobs gesucht. Greg (Gitarre) ist Elektroingenieur und hat den stabilsten Job. Er war klug genug einen Abschluss zu machen – anders als der Rest von uns Idioten. (lacht auf) Wir tun, was wir können, um über die Runden zu kommen. Momentan spielen wir aufgrund des Erfolgs der neuen Scheibe wieder mehr live. Und das ist auch das, was wir am liebsten tun

MAS: Kapitel Drei: X-Sinner ist eine White Metal Band! Stimmt das so?

Rex Scott: Wir mögen diese Bezeichnung nicht so gern, wie manche andere Band. Wir würden lieber als eine Art Hard Rock Version von U2 betrachtet werden. Spirituelle Zwischentöne? Ganz eindeutig!. White Metal? Das ist uns einfach zu einengend. Ich mache mir nichts aus dieser Bezeichnung. Sie ist zu eng.

MAS: Was ist wichtiger für Euch – eine erfolgreiche Metalband zu sein, oder über Euer Bekenntnis zu singen.

Rex Scott: Wir wollen da einfach mit großer Ehrlichkeit und Leidenschaft ran gehen. Das ist das Wichtigste dabei. Wir wollen unsere Sache so gut machen, wie wir es können. Das gilt für das musikalische Handwerk genauso wie für das, worüber wir singen. Nichts mehr – und nichts weniger.

MAS: AC/DC ist eine Band, die gerne mal mit dem Satanismus spielt (ohne auch nur im Ansatz eine satanistische Band zu sein) oder sich über das Christentum lustig macht. (Man denke an die Lyrics von „Highway to Hell” oder das Video zu „Let there be Rock”!)
Habt Ihr Probleme damit, dieser Band so nahe zu stehen?


Rex Scott: Nein. Überhaupt nicht. Der Kram ist ganz einfach Unterhaltung. Wenn religiöse Menschen mit so einem albernen Zeug Probleme haben, haben sie einfach nicht verstanden, worum es da geht. Statt das wirklich Böse in ihren Fehlurteilen und ihrer Scheinheiligkeit zu erkennen, betrachten sie „Dinge“ wie AC/DC als böse. Es ist ziemlich einfach „Dinge“, die man nicht versteht, oder mit denen man nicht einverstanden ist, als böse zu bezeichnen – auch wenn sie wirklich nicht böse sind. Allein die Tatsache, dass jemand ein selbstsüchtiges Leben im Drogenwahn führt und dabei AC/DC hört – das macht AC/DC nicht böse. Diese Person ist die schuldige Seite.

MAS: Habt Ihr je Kontakt zu AC/DC gehabt?

Rex Scott: Als Bon gestorben war, habe ich Kontakt zu dem Management von AC/DC in New York aufgenommen, um meine Dienste anzubieten. Mir wurde damals gesagt, dass die Band zurzeit nicht wisse, ob sie weiter machen wolle. Ich hatte ein Foto und ein Demo Tape eingeschickt, aber als ich hörte, dass die Band möglicherweise aufhört, ging ich meinen Weg zu anderen Ufern weiter. Es mag ein Jahr später gewesen sein, als ich hörte, dass sie sich entschieden hätten weiter zu machen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich meine eigene Band und ihre Wahl war auf Brian Johnson gefallen.
Ich habe meine Zweifel, ob die Band meine Unterlagen je gesehen hat. Es war ja schon eine ziemliche Zeit vergangen, bis sie sich entschlossen haben, weiter zu machen.

MAS: Wisst Ihr irgend etwas darüber, was AC/DC von Eurer Musik – und Euren Texten – halten?

Rex Scott: Nein. Aber ich hoffe, sie sind geschmeichelt und mögen, was sie hören.

MAS: Seid Ihr jemals in Europa gewesen?

Rex Scott: Nein! Wir waren ursprünglich zu einem Festival in Deutschland im April dieses Jahres eingeladen. Aber aus unbekannten Gründen hat der Promoter einen Rückzieher gemacht. Wir vermuten, dass sie die Show überbucht haben und das erst bemerkten, als sie uns das Angebot bereits gemacht hatten. Wir würden sehr gerne einmal kommen.

MAS: Wird es dafür in der Zukunft eine Chance geben?

Rex Scott: Wir rechnen damit.


Norbert von Fransecky



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