Michel Sajrawy
Yathrib
Lösung für Nahost
Wann hat mal schon eine CD vor sich, die als Lösung für alle Probleme gelten kann? Yathrib ist so eine, aber bevor wieder auf die politischen und sozialen Hintergründe der Entstehung eingegangen werden soll und muss, erstmal etwas zur Musik.
Die ist verträumt, typisch arabisch, zumindest was man sich als Nichtkenner des Kulturkreises so vorstellt. Erst wenn die Gitarre hinzukommt, entsteht auch für westliche Ohren ein interessantes Klangerlebnis. Das soll nicht abwertend gemeint sein, wer auf typisch arabische Musik abfährt ist hier auch nicht falsch. Aber manchmal ist die Musik doch etwas zu zäh, zu dick, zu süß. Nicht geeignet für den CD-Player an einem ganz normalen Montagnachmittag. Eher für die virtuelle Reise in ferne Länder und zu Oasen, während man sich die Sonne ins Gesicht brennen lässt. Sonst springt der Funke nicht über, unabhängig von der hochkarätigen Besetzung.
Michel Sajrawy selbst bearbeitet die Gitarren gekonnt und auch seine Mitstreiter spielen die Standardinstrumente und die arabischen, wie das Oud exzellent. Der Bandgründer wuchs in Israel auf, ist aber kein Jude, von seinen Vorfahren her ein arabischer Christ. Dass er sich als Palästinenser fühlt, gibt die letzte Schärfe, die eigentlich alles sprengen müsste im „Pulverfass“ Nahost. Doch weit gefehlt. Zusammen mit anderen Israelis jüdischen Glaubens, Ägyptern muslimischen Glaubens und weiteren „Kollaborateuren“ macht er nicht nur seine Musik, sondern lebt vor, wie friedliches, kreatives und befriedigendes Zusammenleben aussehen kann. Doch leider vernachlässigt dieser kleine Mikrokosmos natürlich die großen Probleme und kann so nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sein. Denn die Nichtanerkennung des Existenzrechtes Israel auf der einen Seite und die Besetzung weiter Teile Palästinas, sowie die Besatzungsmethoden auf der anderen Seite, werden noch lange für Konflikte sorgen. Wer also interessiert ist an ganz neuen Seiten des Jazz, an friedlicher Koexistenz und was sie hervorbringen kann, oder sich einfach nur auf den nächsten Ägyptenurlaub einstimmen will, sollte einen Blick wagen. 13 Punkte für ein komplexes, manchmal zu schwieriges Album + einen Bonuspunkt für den Versuch ein Problem zu lösen, dass vor allem für uns als Deutsche immer wieder aufs Neue bedrückend und kompliziert zugleich ist…
Alexander Kitterer
Trackliste |
1 | Intro |
2 | Yathrib |
3 | Al-Ein |
4 | In Memory Of Om Kalthoum |
5 | Flying Carpet |
6 | Four Commandments |
7 | Father |
8 | Spiritual Oasis |
9 | Karm Al-Sheikh |
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Besetzung |
Michel Sajrawy - Guitars Valery Lipets - Bass Ameen Atrash - Drums Darwish Darwish - Oud Leonid Barshtak - Violin & Viola Bashir Asadi - Violin & Rabab Ehab Nimer - Violin Etamar Doari - Percussion Kayed Silaw - Tabla Ramzy Bisharat - Rek
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