Musik an sich


Artikel
You can’t keep a good Band down - 35 Jahre URIAH HEEP im Spiegel des neuen Box-Sets Chapter & Verse (Kapitel 4)



Kapitel 4: Das Ende der Bronze Ära

Am Ende des letzten Kapitels stand Mick Box alleine vor dem Scherbenhaufen, der einmal Uriah Heep gewesen war. Das Ende? Einen Moment lang sah es so aus. Aber die Götter des Rock’n’Roll haben noch einiges mit dem britischen Hard Rock-Urgestein vor.

CD 5: Der Kahn schlingert oder Der harte Weg zurück zu den Wurzeln

Peter Goalby – die neue Stimme für Uriah Heep

Die Depression, in die der fast immer grinsende Gitarrist Mick Box gestürzt war, sollte nicht all zu lange dauern. Lee Kerslake hatte nach zwei Alben genug von der Ozzy Osbourne Band. Dort hatte er dem Bassisten Bob Daisley kennen gelernt, der gleich mit zu Uriah Heep gebracht. Mit ihm und Peter Goalby von Trapeze kommen zwei bekannte Namen aus einem Rock-Segment an Bord, das deutlich härter ist, als alles, was man von Heep bislang gewohnt war. Sei es diesem Zuwachs, oder dem durch die New Wave of British Heavy Metal gesetzten neuen Härte-Standard geschuldet, Uriah Heep erstanden wieder auf, aber es war eine andere Band geworden, die sich mit dem Album Abominog dem Urteil der Öffentlichkeit stellte. Vervollständigt wurde das Line up durch John Sinclair an den Keyboards.

Optisch und akustisch: Die Zeiten werden härter

Schon ein Blick auf das CD-Cover lässt ein verändertes Image erkennen. Zwar ähnelt das Covermotiv bei genauer Betrachtung sehr der Grundstruktur des letzten wirklichen Erfolgsalbums Innocent Victim. Die Unterschiede in der Gesamtwirkung sind dennoch gravierend. Im Vergleich mit der dämonischen Fratze von Abominog ist der geifernde Schlangenkopf wirklich ein „unschuldiges Opfer“, das wie ein nettes, harmloses Haustier wirkt. Die musikalische Entwicklung ist entsprechend. Der romantische Teil des Hard Rock Gründungskleeblattes war eindeutig ins Heavy Metal Lager gewechselt. Und das recht überzeugend. Mit der Auswahl “Sell your Soul“, „Too scared to run“ und “That’s the Way that it is” setzt Chapter & Verse konsequent auf die harte Kante der neuen Heep. Denn Abominog hatte durchaus auch seine weichen Seiten, nur war das Verhältnis nun so ver-rückt, dass Heep kaum noch als das romantische Gegenstück zub Sabbath und Purple bezeichnet werden konnte. Die Single ”On the Rebound” wurde möglicherweise deshalb ignoriert, weil sie eben diesen melodischeren Hard Rock repräsentiert. Denn daran, dass es eine Cover-Versionen ist, kann es kaum mehr gelegen haben. Mit Abominog geben Uriah Heep ihre extreme Zurückhaltung in dieser Hinsicht auf. Gleich vier Stücke, die nicht aus der Feder der Band selber stammen, zieren diese Scheibe – eins davon ist das auf Chapter & Verse enthaltene “That’s the Way that it is”.


Sehr bald folgte das nächste Album. Auf den ersten Blick wirkt die verlassen Wüstenlandschaft friedlicher als das Abominog-Monster. Aber die in das Band-Logo integrierte Guillotine setzt gemeinsam mit dem Albumtitel konsequent auf den makaberen Humor der Metalszene. Musikalisch ist das Album insgesamt aber bereits wieder etwas melodischer. Die als Single ausgekoppelte Ballade “Lonely Nights“, wiederum einer von drei Coversongs, hatte es sogar mal wieder zum kleineren Radiohit gebracht. Die sehr melodiöse Nummer hat es aber nicht auf diese Compilation gebracht. Unverständlich! Enttäuscht bin ich allerdings vor allem über das Fehlen des treibenden “Red Lights“ und vor allem seiner furiosen Einleitung, der “Roll-Overture“, die alleine schon die Anschaffung von Head first rechtfertigt. Chapter & Verse präsentiert Uriah Heep so allerdings nicht ganz zu Unrecht als eine Hard Rock/ Metal-Band, die deutlich erfolgreichen harten, aber auch etwas mainstreamigeren Stadienbands wie Van Halen und Def Leppard nacheifert.

Das Heep-Rückrad ist wieder komplett. Aber das Lachen wir ihnen bald vergehen

Nach Head first verlässt Bob Daisley die Band. Mit der Rückkehr von Trevor Bolder ist das alte Heep-Rückrad Box-Bolder-Kerslake (Git/ B/ Dr) wieder komplett. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eigentlich hätte das der Band Rückenwind geben müssen. Aber das Schiksal will es anders. Equator dürfte die unbekannteste Scheibe von Uriah Heep geblieben sein. Das liegt nicht nur daran, dass das Album musikalisch ein solides, aber eher unauffälliges Hard Rock Album ist. Hier wird es passend mit “Angel“, einem der unauffälligeren Stücke des Albums, gefeatured, das sich immerhin positiv von dem aus einem Soundtrack stammenden, eher überflüssigen Plastik-Rocker “Spit Image“ abhebt, das der Hörer zuvor noch auf der Compilation ertragen muss.

Bevor Equator erscheinen kann, sieht sich die Band mit einem Problem konfrontiert, das bei den meisten Bands zumindest die ersten Jahre des Bandlebens prägt, für Heep aber völlig neu ist. Nach der Pleite ihrer Plattenfirma Bronze, die sie in 16 Jahren Bandgeschichte nie gewechselt haben, steht die Band zum ersten Mal ohne Plattenvertrag da. Equator erscheint 1985 beim Portrait-Label – allerdings wie damals kurz nach Markteinführung des CD-Players üblich erst einmal nur auf Vinyl. Da es die einzige Scheibe bei der CBS-Tochter bleibt, wird sie von der CBS auch nie als CD veröffentlicht. Während andere zweitrangige Heep-Alben im Zuge der Verwertung des Backkatalogs nach und nach als CD mit veröffentlicht wurden, muss Equator lange auf diese Ehre warten. Erst nachdem Sony die CBS aufgekauft hat, erscheint das vergessene Album 1999 oder 2000 im Rahmen der Sony-Rewind-Edition auf CD.

Fortsetzung folgt


Norbert von Fransecky



 << 
Zurück zur Artikelübersicht
 >>