Händel, G. F. (Minkowski, M. – Musiciens du Louvre)

Alcina


Info
Musikrichtung: Barock / Oper

VÖ: 02.02.2024

(Pentatone / Naxos / 3 CD / DDD / 2023 / PTC5187084)



HÄNDEL ZWISCHEN MONTEVERDI UND VERDI

Unter Händels vielen schönen Opern ist sie eine der Schönsten – und spätesten: Alcina. Das 1735 uraufgeführte Werk strotz so vor prägnanten, virtuosen, ausdrucksvollen Arien, dazu kommen ganz à la mode einige Chöre und Balletteinlagen nach französischem Vorbild. Die allenthalben spürbare Inspiration des Komponisten ist sicher auch das Ergebnis der starken, gut profilierten Charaktere und dramatischen Verwicklungen, die das Libretto von Antonio Marchi bietet.

Angesichts der vielen Qualitäten wundert es nicht, dass sich Marc Minkowski dieser Oper angenommen hat. Und weil seine Alcina, die Mezzosopranistin Magdalena Kožená, beim Label Pentatone unter Vertrag ist, hat man dort gleich die ganze aufwändige Produktion ins Studio geholt und aufgenommen.

Minkowski leuchtet die Partitur im Orchestralen mit seinen generös besetzten Musiciens du Louvre stilistisch vielschichtig aus: Temperamentvoll und mit Sinn für die affektive und rhetorische Gestik der Musik pulst bei ihm das Drama. Der Dirigent schärft den Ausdruck aus, malt mal mit breiten, basswuchtigen Strichen und Akzente, wählt dann auch wieder sehr flotte Tempi und feinmotorischen Schliff. In Rezitativen wie Arien entdeckt er in Händels hochbarockem Stil den alten Monteverdi, aber auch schon mal den zukünftigen Verdi.

Entsprechend heterogen wirkt auch das Ensemble: Koloraturgewandten Sängerinnen wie Erin Morley, die die Morgana mit schlank angesetzten virtuosen Verzierungen und Spitzen singt, oder dem markant dunkel gefärbten, aber ebenfalls leichtgängigen Organ von Elizabeth DeShong als Bradamante, stehen die reiferen Stimmen von Koženás‘ Alcina und Anna Bonitatibus‘ Ruggiero gegenüber. Deren starkes gestalterisches Potential ist ebenso ohrenfällig wie ihr omnipräsentes Vibrato, das romantischem Repertoire besser anstünde. Das sorgt für dramatisch Impact, wird aber dem aber ebenso Feinziselierung erfordernden barocken Belcanto nicht immer ganz gerecht.
Mitunter fordert der forcierte affektive Funkenschlag auch seinen hörbaren Tribut: Valerio Contaldos Oronte fehlt es im immer wieder abverlangten Koloratur-Sprint an ausreichendem Atem, dann wird die Tenorstimme eng und klingt meckrig. In die Counterstimme von Alois Mühlbacher, der den Jüngling Oberto singt, mischt sich trotz technischer Versiertheit zu oft eine schrille Farbe. Bass Alex Rosen verschafft der Figur des Melisso mit seiner markigen, charaktervoll virilen Stimme hingegen einprägsam Gehör.



Georg Henkel



Besetzung

Magdalena Kozena, Erin Morley, Alois Mühlbacher, Anna Bonitatibus, Elizabeth DeShong, Valerio Contaldo, Alex Rosen

Les Musiciens du Louvre

Marc Minkowski, Leitung


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