Agnes Obel
Myopia
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Die aus Dänemark stammende und in Kopenhagen geborene Agnes Obel lief mir erstmals 2013 über den Weg mit ihrer Platte “Aventine“. Mit Musik auf dem häuslichen Piano aufgewachsen, spielte sie später in einer Rockband und man wurde breitflächiger auf sie aufmerksam durch einen Werbespot der Deutschen Telekom, mit dem Song “Just So“, das war ein Jahr vor ihrem Debüt-Album aus dem Jahre 2010.
Bei “Aventine“ spielte das Piano als tragende Säule der Musik eine wesentliche Rolle neben ihrem sphärisch wirkenden Gesang. Letztlich schuf die Künstlerin damit eine Atmosphäre, die weitestgehend durchgehend von Minimalismus, einem klanglichen Schwebezustand und wenig Abwechslung geprägt war, letztlich aber durchaus ansprechend und nicht störend.
Leider hat sich mit der neuen Platte, Myopia, etwas geändert. Es ist nun nicht mehr das Piano, dass alleinstehend den Klangkosmos entscheidend gestaltet, sondern viele synthetische Klänge. Abermals im Alleingang aufgenommen in Berlin offenbart sich nun eine Atmosphäre, die noch wesentlich „wattiger“ ist als bisher, immer wieder werden Assoziationen zu Enya wach, noch mehr bildet die Musik der Platte eine Einheit, die wie ein einziges Stück wirkt, noch weniger Abwechslung durchzieht das Geschehen.
Gut, diese Musik ist schwer zu greifen, vielleicht auch zu begreifen, scheint sie doch entstanden zu sein aus einer Isolation einer Künstlerin, die damit ihr ganz eigenes Territorium erwandert. Wenn man eindringen kann in diese Welt, mag man es vielleicht besser nachvollziehen können. Sicher, zunächst mag man wie erstarrt sein ob der düsteren Stimmung des Auftaktsong, der voller Magie strahlt, aber dunkel strahlt, nicht nur Melancholie, sondern bereits Verzweiflung könnte man wahrnehmen. Recht interessant klingt das schon, noch…
Myopia, Myopie = Kurzsichtigkeit, das begründet die Theorie einer inneren Isolation, nur das wahrnehmen innerhalb des eigenen Sichtfeldes, Betroffene sehen in der Nähe besser als in der Ferne. So geht es halt in Richtung Polarisation. Die unwirklich klingende Musik kann aber eigentlich Jede/r „ertragen“, sie fasziniert entweder unendlich oder aber sie langweilt in dem Sinne, dass sie keine Nerven strapaziert.
Im Gegensatz zum Piano auf “Aventine“ sind es nun Keyboards und Synthesizer, die im Wesentlichen den Klang gestalten, und das lässt die Musik dann auch entsprechend in die Wolken abheben. Natürliche Klänge von Violine und Cello sind es letztlich, die wirklich lebendige Elemente darstellen und Natürlichkeit und Leben in den Sound einbringen. Die Vokalsätze, alle von Obel gestaltet, gleiten mitunter auch in pastorale, gregorianisch klingende Welten ab und erweitern die Mystik des Sounds dann auch noch.
An dieser Stelle zitiere ich mich einmal selbst, so bemerkte ich zu “Aventine“: „Sicher ist sie (die Musik) geeignet für eine Vernissage oder überhaupt als Hintergrundmusik für eine Kunstausstellung impressionistischer Werke“. Ja, oder als Filmmusik würde diese CD einen wirklich guten Eindruck verbreiten, man suche nun nur noch den passenden Film dazu.
So wird jeder Hörer/jede Hörerin einen unterschiedlichen Eindruck und eine unterschiedliche Beurteilung dieses sphärisch-unwirklichen Sounds vornehmen, mir ist das, rein subjektiv betrachtet, einfach auf die Dauer zu eintönig und im Rahmen der Spielzeit zu langweilig, eben, weil sich keine wirklich wesentlichen Unterschiede der einzelnen Songs herausschälen, und die Musik an einem Stück zu hören, kann für mich nur als Hintergrundberieselung ihren Zweck erfüllen. Sich stimmungsmäßig einmal den einen oder anderen Song vorzunehmen, ist etwas anderes. Objektiv betrachtet, ist diese Musik außergewöhnlich, eindrucksvoll und individuell.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Camera's Rolling
2 Broken Sleep
3 Island Of Doom
4 Roscian
5 Myopia
6 Drosera
7 Can't Be
8 Parliament Of Owls
9 Promise Keeper
10 Won't You Call Me
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Besetzung |
Agnes Obel (vocals, keyboards, synths, beats and rhythms)
John Corban (violin)
Kristina Koropecki (cello)
Charlotte Danhier (cello)
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