Will Varley
Spirit Of Minnie
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“Postcards From Ursa Minor”, “Kingsdown Sundown”, das waren die letzten Platten des britischen Folksängers Will Varley. Und Folk-Musik war es allein hinsichtlich der zumeist spartanischen Instrumentierung und der Ausrichtung auch, doch nun, mit seinem fünftem Album, Spirit Of Minnie, ist der Mann einen Schritt vorwärts gegangen, zunächst auf jeden Fall hinsichtlich der Ausstattung seiner Songs.
Auffällig war die Ausrichtung seiner Lieder, die auch von sozialen Themen handelten, etwa im Stil der Protestbewegung der Sixties. Geblieben sind des Künstlers raue Stimme, die harmonische und bisweilen leicht dramatisch ausgerichtet Stimmung der Musik. Der “Travelling Troubadour“, wie er bereits genannt wurde, ist mit der Musik seiner neuen Platte zugänglicher geworden und auch noch harmonischer in der Ausführung. Die Begleitmusiker tun ihm sehr gut, und auch der Produzent Cameron McVey, unter anderem verantwortlich für Platten von Portishead, Massive Attack und Neneh Cherry, hat den Musiker hierbei sehr gut unterstützt und kehrt seine Eigenarten brillant heraus, ohne ihm etwas aufdrücken zu wollen, was nicht zu ihm passt.
Zu dem nach wie vor bestehenden Folk-Einfluss kam nun eine kleine Portion Pop hinzu, das Genre Singer/Songwriter wird berührt und beschert ein sehr entspanntes Hörvergnügen. Aber auch Songs, die an den „alten“ Will erinnern, gibt es, zum Beispiel ist “Breaking The Bread“ mehr in dieser eher beschaulichen und sehr ruhigen Stimmung angesiedelt. Würde ich nun versuchen, Vergleiche anzustellen, zu assoziieren hinsichtlich der Ausrichtung der Musik, könnten spontan Leute wie zum Beispiel Ed Sheeran einfallen. Und dann bemerke ich diese gewisse Art von „Ungerechtigkeit“. Mit seiner Musik wird Varley nicht auf den „grünen Zweig“ kommen, auf dem sich Sheeran schon einige Zeit tummelt. Dabei, und das versuche ich möglichst objektiv zu beurteilen, hat es Varley mehr verdient, gerade hinsichtlich dessen, dass seine Musik, seine Kompositionen und seine Texte ganz einfach eindringlicher, hochwertiger und individueller sind als die so mancher berühmter und mehr bekannter Kollegen. Aber das ist die heute leider so oft vorherrschende Ungerechtigkeit in einer Charts-orientierten schnelllebigen Musikwelt.
Denn, an der Poporientierung bemessen, schreibt auch ein so eigenwilliger Songwriter wie Varley seine Ohrwürmer, mir geht es jedenfalls so, wenn ich allein die ersten beiden Songs gehört habe. Ganz stark und eindringlich und aufdringlich ist auch “Let It Roll“, fast mein heimlicher Hit der Platte, ein wenig Bob Dylan schwingt mit und auch ein Hauch Gene Clark. Nun, beim letzten Titel, kann von Zugänglichkeit nicht mehr die Rede sein, denn dieser ist sehr eigenwillig arrangiert und ausgeführt, das “Insect“ schwirrt ein wenig unheimlich und gespenstisch durch den Raum, auch textlich, ein Hauch von Nick Drake umfängt mich ein wenig, aber in angenehmen Sinne. Das ist eben der Will Varley, mit dem viele nichts anfangen werden können. Gespenstisch wirkt es auch, wenn sich die Streicher in die Musik und die Melodie einmischen, und perkussive Elemente irgendwie unwirklich dazwischenrasseln, welches Insekt ist hier wohl gemeint? Hier ist Varley eben wieder angenehm unbequem, es spricht für ihn, dass er sich letztlich dem Mainstream verweigert.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 All Those Stars
2 Seven Days
3 Screenplays
4 Breaking the Bread
5 Statues
6 Spirit of Minnie
7 Let It Roll
8 Postman
9 Insect
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Besetzung |
Will Varley (vocals, guitar)
Rest unbekannt
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