Mazzocchi, D. (Achten)
La Catena d’Adone
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Info |
Musikrichtung:
Barock Oper
VÖ: 01.02.2012
(Alpha/Outhere / Note 1 / CD / 2 DDD / 2011 / Best. Nr. Alpha 184)
Gesamtspielzeit: 132:09
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RÖMISCHE KLASSIZITÄT
Nachdem Claudio Monteverdis drei erhaltene Opern sich inzwischen einen festen Platz im Repertoire erobert haben und auch die Werke Francesco Cavallis und Pietro Antonio Cestis sich zunehmender Bekannt- und Beliebtheit erfreuen, konzentrieren sich jüngere Interpreten gerne auf die zahlreichen kleineren Barockmeister des 17. Jahrhundert. Einer von ihnen war Domenico Mazzocchi. Während Monteverdi und Cavalli vor allem die Entwicklung der venezianischen Oper prägten, wirkte Mazzocchi in Rom. Im Kirchenstaat hatte die Oper als ein weltlich Ding allerdings einen schwereren Stand als im säkularen Venedig. Mazzocchis Beitrag für dieses Genre besteht denn auch nur aus einem einzigen Werk, der fünfaktigen „musikalischen Geschichte“ La Catena d’Adone. Dieses Werk freilich war 1626 überhaupt die erste Oper, die in Rom gegeben wurde – in der Karnevalssaison. Mazzocchi wählte eine mythologisch-pastorale Vorlage, die allerlei Intrigen und erotische Reigenspiele unter Göttern, Nymphen und Hirtenvolk bietet. Allerdings sorgte das klerikale Umfeld dafür, dass auch eine lehrhafte christliche Moral nicht zu kurz kam.
Musikalisch steht das Werk durchaus auf der Höhe der Zeit: Zwar dominiert das erzählende Rezitativ, das Mazzocchi perfekt beherrscht, aber ausdrucksvoll lamentöse Monologe, ariose Ausbrüche und aufblühende Koloraturen lockern das strenge Musiktheater auf. Dazu kommen relativ umfangreiche madrigaleske Chorpartien, die an das Vorbild der frühbarocken Oper erinnern sollten: die griechische Tragödie. (Die instrumentalen Sinfonien, die die Akte eröffnen, stammen auf dieser Aufnahme allerdings von Girolamo Kapsberger – ein solches Patchwork entsprach durchaus den damaligen Gepflogenheiten.)
Wüsste man es nicht, so könnte man beim ersten Hören auch Monteverdi für den Urheber der Musik halten. Bis in die einzelnen Affektwendungen hinein, die Harmonik, die gehenden Bässe ... das alles ist das Vokabular des Frühbarock.
Die vorliegende Produktion ist vor allem interessant, wenn man die Musik als Teil der bewegten stilistische Entwicklungsphase zwischen Monteverdis Erstling, dem L’Orfeo, und dessen letztem Werk, der Poppea, hört. Als Opern-Premiere trumpft Mazzocchis Komposition mit einer relativ großen Vokalbesetzung und einem ebensolchen Orchester auf (im kommerziellen Opernbetrieb Venedigs war vor allem letzteres ein unerschwinglicher Luxus). Gleichwohl erreicht das Werk aufs Ganze nicht jenen bezwingenden, erregenden Sog, der Monteverdis Meisterwerke auszeichnet. Die erotische Energie, erschütternde Tragik und grelle Komik, die die Poppea antreiben, gibt es hier (noch) nicht. Es fehlt auch jene Magie, die den L’Orfeo durchpulst. Man hört römische Klassizität, viel Schönheit und großzügige Architekturen, prächtige Klänge - aber auch viel solides Handwerk.
Die Interpretation allerdings ist meisterlich: Nicolas Achten leitet mit Scherzi Musicali ein junges, hingebungsvolles Ensemble, das mit frischen, beweglichen Stimmen und fantasievollen Instrumentalisten begeistert. Sie spielen Mazzocchis Einzelanfertigung mit dramaturgischem Gespür, mit Sinnlichkeit und der nötigen Theatralik. Soli und Chöre werden von denselben Sängern überzeugend gestaltet. Durch die steten instrumentalen „Farb“- und „Beleuchtungswechsel“ vor allem im reich besetzten Continuo kompensieren sie zudem die fehlende optische Komponente.
Georg Henkel
Trackliste |
CD 1: Prolog – Akte 1 & 2 57:56
CD 2: Akte 3-5 74:13 |
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Besetzung |
Scherzi Musicali
Nicolas Achten: Erzlaute, Tripelharfe, Cembalo, Spinett & Leitung
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