Crematory
Infinity
|
|
|
Wie des öfteren ein Outing am Beginn: Crematory haben mich mit ihren ersten beiden Alben Transmigration und dem Nachfolger ...just dreaming wirklich begeistert, mit dem allzu glatt und gefällig werdenden Sound von Illusion dann allerdings auf Jahre hinaus abgeschreckt - und dabei habe ich damals sogar das von vielen verlachte Pathos von "Shadows of mine" verteidigt, und das will schon was heißen!
Nun bestand nach so viel Enttäuschung die Möglichkeit, das zum 20jährigen Bandjubiläum angekündigte neue Album mit dem Titel Infinity zu besprechen, das laut Bandaussage durchaus wieder die härtere Richtung einschlagen soll... Nun gut, man wird sehen!
Das Album startet mit dem Titeltrack "Infinity". Dieser beginnt druckvoll und treibend, auch das dominante, Crematory-typische Keyboard stört da gar nicht, sehr wohl aber der Refrain mit klarer Stimme, der den Song verflachen ein wenig läßt; ansonsten erinnert der Song mit einer gewissen Rohheit an alte Zeiten. Anders "Sense of Time", das sehr glatt und verträumt klingt. Das ist zwar immer noch ansprechender (und leicht bombastischer) Gothic-Metal auf recht hohem Niveau – aber eigentlich auch schon alles; genau DAS ist eine jener Kompositionen, auf Grund derer ich mich von der Band abgewandt habe, weil dieser Stil einfach langweilig und wenig überraschend ist, wenn er allzu dominierend wird.
Zum GLück wird es daraufhin mit "Out of Mind" wieder etwas schneller und treibender - wie schon beim Opener findet sich dort eine deutlich ausgewogenere Mischung von Gitarren- und Keyboardklängen – allerdings nervt der Einsatz der klaren Stimme immer mehr, die growls von Chefshouter Stass passen einfach viel besser zu dieser Mischung.
Wie viele andere Gothic-Bands arbeiten sich Crematory im folgenden auch an einem Track der Überväter Depeche Mode ab, und zwar an "Black Celebration". Es beginnt mit einem gar nicht schlechten Klang, ein wenig hofft man auf eine Mischung mit "Black Trip", eine leicht unheilvolle Stimmung kündigt sich an - aber die „Einleitung“ dauert dann an, und dauert und... Erst nach 1:40 steigert sich der Song, um doch erst noch einmal Anlauf zu holen und nach 2:20 mit dem Refrain einen eingängigen Klimx zu erreichen – der zwar im Ohr bleibt, aber nach einem so langen Vorspiel nicht mehr richtig zünden will. Chance vertan.
Erst beim nächsten Stück, "Never look back" denke ich zum ersten Mal: "Na endlich!": hämmernd, treibend, ein hypnotischer Refrain, so daß ein Kopfnicken eigentlich nicht ausbleiben kann, dazu ein deutscher Text – Crematory-typische Elemente der bessern Sorte, dann wieder der klare Gesang – wieder Crematory-typisch, nun aber leiderleider... zum Glück so kurz, daß mans ihnen verzeihen mag! Unverzeichlich dagegen ist "Broken Halo", eine uninspirierte Ballade, die kein weiteres Wort verdient.
Statt dessen noch einmal himmelhochjauchzend beim Track "Where are you now"! Endlichendlichendlich, da sind die alten Crematory der ersten beiden Alben, treibend, fast knüppelnd, sphärisch – großartiger Track mit midtempo-Zwischenspiel und den leider üblichen nervigen clean vocals.
"A Story about..." ist das am schwersten zugängliche Stück des Albums, aber wohl deswegen zugleich eine so interessante Mischung aus harten, rockigen Passagen, Crematory-Bombast und disharmonischen Elementen. ungewohnt erscheint auch das sich anschließende "No one knows", das passagenweise Industrial bis hin zu den screams und den keys bietet, ansonsten den übliche Bombast; beides steht unverbunden nebeneinander, und will mir einen Zugang zu dem Stück nicht richtig gelingen lassen.
Infinity endet mit einem deutschsprachigen Stück, das den Titel "Auf der Flucht" trägt. Diesen würde ich im Gegensatz zu "Shadows of mine" jedoch mitnichten verteidigen – langweiligster Bombast und ein unwürdiges Ende für ein gar nicht mal schlechtes Album, das mit Crematory-Elementen aus der gesamten Bandhistorie aufwartet, für meinen Geschmack jedoch zu wenig ganz alte bringt, und diese dann viel zu sehr mit Bombast und vor allem diesen unsäglichen clear vocals kontrastiert, die für mich den Tiefpunkt dieses ansonsten souverän vorgetragenen Albums darstellen. Fast ist man geneigt zu sagen, dass sich die Band noch einmal in einem Umbruch befindet, auf der Suche nach "Gothic" und der richtigen Härte. Ich jedenfalls wünsche mir deutlich mehr rohe Härte, bin also nicht begeistert von diesem Album...
Andreas Matena
Trackliste |
1 | Infinity | 4:52 |
2 |
Sense of Time | 5:46 |
3 |
Out of Mind | 3:21 |
4 |
Black Celebration | 4:57 |
5 |
Never look back | 4:11 |
6 |
Broken Halo | 4:19 |
7 |
Where are you now | 5:03 |
8 |
A Story about... | 4:52 |
9 |
No one knows | 4:28 |
10 |
Auf der Flucht | 4:35 |
|
|
|
|
|
Besetzung |
Gerhard Stass: vocals
Matthias Hechler: vocals, guitars
Harald Heine: bass
Markus Jüllich: drums
Katrin Jüllich: keys
|
|
|
|