Ray Anderson & Bobby Previte
Double Trouble
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Zwei Musiker, Double Trouble als Titel? Um welchen gemeinsamen Ärger mag es hier gehen, wenn sich Posaunist Ray Anderson und Schlagzeuger Bobby Previte im Januar 2022 getroffen haben, um gemeinsam zu musizieren? Denn wie eine "doppelte Belastung" klingt es so gar nicht, wenn sich die beiden Musiker gemeinsam den sieben Songs ihrer Platte widmen. Davon zeugen auch die beiden Fotos im Booklet, denn gar fröhlich lachen mir Beide entgegen.
Beide Musiker sind bereits lange Profis, Anderson aus Chicago wurde von den Größen der sogenannten Association for the Advancement of Creative Musicians (AACM) beeinflußt, also von Musikern wie Muhal Richard Abrams, Roscoe Mitchell oder Amina Claudine Myers, aber auch der Rock- und Soul-Musik war er zugetan, Hendrix, James Brown, Sly & The Family Stone inklusive. Später spielte er mit Anthony Braxton und Barry Altschul und war Mitbegründer einer Funkband, Slickaphonics. Weitere Stationen waren zum Beispiel Charlie Haden's Liberation Music Orchestra oder George Gruntz. Schlagzeuger Previte wurde im Umfeld der sogenannten M-Base-Formationen bekannt, spielte mit Greg Osby und Robin Eubanks, Bill Frisell, John Zorn und gründete später auch einige eigene Bands.
Gemeinsam bringen sie für ihre gemeinsame Platte also reichlich Erfahrung mit und können trotz der reduzierten Bandbesetzung zu zweit reichlich Farbe ins Spiel bringen. Da schwingen solche Elemente wie Avantgarde, Musik der Marching Bands aus New Orleans, Free Jazz, aber auch Humor und Spielwitz gemeinsam zu einem beeindruckenden Sound und bieten beste Unterhaltung, ohne dass irgendwo und irgendwie Langeweile aufkäme. Spannende Dialoge, die mich als Zuhörer teilnehmen lassen durch eine direkte Ansprache, ohne einen Hauch Verkopftheit der Musik, denn diese spricht durch die Seele, spricht sofort an und Anderson kann mit seiner frechen und lockeren Art begeistern, er mag zwar nicht unbedingt durch Eleganz glänzen, dafür aber mit sehr viel emotionaler Direktheit, und das vermittelt Nähe zu den Musikern. Denn Previte kann sich in diesem Dialog absolut als gleichgestellter Partner in Szene setzen.
Ich höre, speziell von Anderson, nicht unbedingt das typisch durchgehende Spiel eines Solisten, sondern vielmehr gestaltet er mit Geräuschen, die nach Grunzen, Geknurre, Stöhnen, Gegurgel oder Säuseln klingen. Klar, insofern mag das nicht einfach sein für Drummer Previte, dem zu folgen und mitzumischen mit seinem Instrument, doch versteht er es, seinen jeweiligen Gesprächspart beizutragen und jedem Song ein entsprechendes Gesamtbild zu geben. Mal treibt er swingend an, mal gestaltet er einfach mit, mal brilliert er mit kurzen Soloauftritten, so dass oft genug schöne Spannungsbögen aufgebaut werden.
Letztlich bereitet es mir als aufgeschlossenem Zuhörer Freude, diesen Dialogen zu lauschen und sie zu verinnerlichen, und oft genug verleiten sie mich zu einem Schmunzeln. Zum Schluss laufen die beiden Musiker über die Zeit von gut elf Minuten dann noch einmal zur Höchstform auf, aber nicht durch wildes Auftreten, sondern durch eine ganz zarte Kommunikation untereinander, die Jedem darüber hinaus auch Freiraum bietet für individuelle und persönlich geprägte Gestaltung.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Homage for Charles Moffet (8:13)
2 Austerity (3:54)
3 Ecaroo (5:51)
4 Rollover (6:29)
5 Downgrading (5:27)
6 Mumblypeg (4:17)
7 Not Since (11:07)
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Besetzung |
Ray Anderson (trombone)
Bobby Previte (drums)
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