Schumann, R. (Wan, A. – Richard-Hamelin, Ch.)

Die drei Sonaten für Violine und Klavier


Info
Musikrichtung: Romantik / Klavier

VÖ: 04.11.2022

(Analekta / Note 1 / CD / DDD / 2022 / AN 2 9903)

Gesamtspielzeit: 71:00



KLARHEIT & EMPHASE

Andrew Wan, Violine, und Charles Richard-Hamelin, Klavier, sind ein eingespieltes Duo, das sich nach seiner Gesamteinspielung der zehn Beethoven-Duos jetzt den drei Sonaten von Robert Schumann widmet. Mit der Klassizität Beethovens in den Fingern gelingt es ihnen, die experimentellen hochromantischen Werke Schumanns eindrücklich zu Gehör zu bringen. Schumanns Musik blickt auf Beethoven zurück und verflüssigt zugleich die formale Strenge der älteren Generation zugunsten einer freischweifenden Fantasie, die mitunter fast collagenhaft wirkt.

Für eine stimmige Wiedergabe braucht es Klarheit und Bewusstsein für die formalen und (gleichsam unterirdischen) motivischen Klammern der Werke ebenso wie einen unforcierten Ausdruck, der mal verspielt kammermusikalisch, mal groß und orchestral daherkommt. Mögen die gestaltreichen Stücke auch sämtlich Molltonarten bevorzugen: Sie benötigen Verbindlichkeit und Emphase, aber keinen „Fettdruck“. Gerade bei Schumann kann die Suche nach dem inneren Antrieb schnell zum Versuch einer „aufdeckenden“ Interpretation geraten: Von dem, was – an Abgründigem – zwischen den Noten lauern mag …

Die Ecksätze gewinnen bei Wan und Richard-Hamelin auch so existentielle Dringlichkeit, wie der empfindsam sich verströmende Beginn der 2. Sonate oder die lebhaft, aber nicht überspitzt dahinjagenden Finali der 1. oder 3. Sonate beweisen. Wans flexibler Ton ist von innerlichem Beben erfüllt, riskiert Portamenti, ohne ins Sentimentale abzugleiten. Der Spieler weiß sich aber auch zurückzunehmen, so dass das warmtönende Spiel seines Partners gleichberechtigt hervortreten kann. Ruhig atmende langsame Sätze wie das schwebende Intermezzo der 3. Sonate oder die kreisenden Choralvariationen im „Leise, einfach“ überschriebenden 3. Satz der 2. Sonate geraten beiden zu einprägsamen Ruhepunkten.

Die inzwischen klassische Neudeutung von Carolin Widmann und Denés Várjon (ECM) scheint mir zwar immer noch unübertroffen, was die souveräne Darstellung der wechselnden Temperamente und Atmosphären von Schumanns Trias angeht. Ihr Schumann ist sicherlich der „(post)modernere“ Komponist – aber bei Wan und Richard-Hamelin bekommt man ebenfalls eine in sich stimmige, ausgereifte Version geboten, die einem diese komplexe Musik nahe bringt.

Klangbild: direkt, präsent und klar, aber nicht aufdringlich.



Georg Henkel



Trackliste
Sonaten für Violine und Klavier Nr. 1-3 (Op. 105, 121 & WoO 27)
Besetzung

Andrew Wan, Violine
Charles Richard-Hamelin, Klavier



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