Bach, J. S. (Rondeau, J.)
Goldberg-Variationen
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Info |
Musikrichtung:
Barock Cemablo
VÖ: 11.02.2022
(Erato / Warner Classics / 2 CD / 2021 / Best. Nr. Erato 0190296508110)
Gesamtspielzeit: 107:12
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CEMBALO-KINETIK
Zum 30. Geburtstag gönnt Jean Rondeau sich und seinem Publikum eine neue, eigenwillige Lesart der berühmten „Goldberg-Variationen“ von Johann Sebastian Bach. Rondeau hat sich, wie vom Komponisten vorgesehen, für ein zweimanualiges Cembalo entschieden. Es statmmt aus der Werkstatt von Jonte Knif und Arno Pelto, gebaut nach deutschen Vorbildern des 18. Jahrhunderts – ein herrlich klingendes Instrument, noch herrlicher aufgenommen in der Kirche Notre Dame de Bon Secours von Aline Blondiau.
Neu an dieser Interpretation ist eine konsequent kinetische Betrachtungsweise der Musik: Rondeau zeichnet die inhärenten Bewegungsenergien oder -potentiale der melodischen, harmonisch und rhyhthmischen Erfindungen Bachs nach; oder besser: Er präpariert sie regelrecht heraus.
Praktisch hört sich das so an, dass alle Stücke von Stauchungen und Dehnungen der Tempi durchzogen werden, also z. B. eine aufsteigende Skala verlangsamt wird, eine absteigende sich dagegen beschleunigt - so, wie es die Schwerkraft nahe legt, einen Berg läuft man ja auch leichter hinab als herauf. Um ein weiteres Bild zu benutzen: Man denkt an eine dieser Walzenspieluhren, wo man ein Musikstück je nachdem durch schnelleres oder langsameres Kurbeln mal be- oder entschleunigt zu Gehör bringen kann, stufenlos regelbar, auch einzelne Tonfolgen. So ähnlich auch bei dieser Einspielung: Kinetische Wellenbewegungen laufen durch die Musik, sorgen für ein unaufhörliches Wechselspiel aus Kontraktion und Expansion. Insbesondere bei den Verzierungen gibt es immer wieder bemerkenswerte, auch witzige Momente, wenn die Musik gleichsam auf der Stelle Purzelbäume schlägt, sich durch Engführungen hindurchwindet, sich augenzwinkernd ver- und wieder entknotet.
Das sorgt für einen durchweg neuartigen Höreindruck von dem, was Bach da in seiner Musik tut.
Und, ja leider, es irritiert, ja frustriert auch, mehr und mehr, je länger die Aufführung währt (in diesem Fall lässt sich der Interpret insgesamt Zeit, wählt eher ruhige bis mittlere Tempi und lässt keine Wiederholung aus).
Denn was als Ansatz für einzelne Stücke einen erfrischenden Effekt haben mag, wirkt aufs Ganze gehört anstrengend. Die Musik kommt nämlich nie so richtig in Fluss; die ihr eben auch einkomponierte rauschhafte Motorik und Bachs Auslotung spieltechnischer virtuoser Grenzen – all dies entlädt sich immer nur in kurzen Momenten. Rondeau zwingt die Musik immer wieder zurück in das Prokrustesbett seines Konzepts. Strecken, Stauchen, Dehnen, Zusammenziehen, Beschleunigen, Entschleunigen, Takt auf Takt, Motiv auf Motiv … Das wird nach den ersten Variationen als Verfahren so vorhersehbar, dass man irgendwann nur noch dieses interpretationstechnische Mittel wahrnimmt.
Aber das kann doch nicht der Sinn sein.
Georg Henkel
Besetzung |
Jean Rondeau, Cembalo von Jonte Knif & Arno Pelto 2006 (nach deutschen Modellen)
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