Interview mit Doug Aldrich zum neuen Album der Dead Daisies
Mit Holy Ground haben die Dead Daisies ein frühes Highlight 2021 für Hardrock-Freunde in die Umlaufbahn geschickt. Die Neuverpflichtung von Rocklegende Glenn Hughes scheint regelreich neue Kräfte in der zum Quartett geschrumpften Band geweckt zu haben. Grund genug, um eine Audienz in Form eines Interviews zu bitten. Gitarrist Doug Aldrich, der früher schon mit Whitesnake und Ronnie James Dio um die Welt tourte, erklärte sich gerne dazu bereit. Ich erreiche den Musiker völlig problemlos per Telefon in Los Angeles. Der gutgelaunte und überaus sympathische Musiker stand all meinen Fragen geduldig Rede und Antwort und rief mich auch prompt zurück, als die Verbindung kurz unterbrochen wurde. Lest selbst, was er zu sagen hatte. Hallo Doug! Ich habe mir euer neues Album mittlerweile dreimal angehört. Es ist ein großartiges Album, das mit jedem Durchlauf noch besser wird. Wie lange haben die Aufnahmen gedauert? Wir haben uns im August 2019 getroffen und damit begonnen, die ersten Ideen auszuarbeiten. Am Anfang hatten wir vier Songs und Demos, an denen wir zuerst allein und dann zusammengearbeitet haben. Im November 2019 gingen wir nach Südfrankreich in ein wunderschönes Studio, wo wir die Produktion und den Aufnahmeprozess starteten. Das komplette Album war in zwei bis drei Monaten im Kasten. Brachte jedes Bandmitglied bereits eigene Ideen mit oder habt ihr die Songs gemeinsam beim Jammen entwickelt? Jeder von uns dreien – Glenn Hughes, David Lowy und ich – hat Ideen mitgebracht. Zusammen haben wir die Songs, die uns gefallen haben, ausgearbeitet und arrangiert. Glenn hat auch ein paar Demos mitgebracht. Ich hatte meine Ideen als Click-Tracks aufgenommen und dann Glenn und David vorgespielt. Wir waren mit sehr viel Spaß bei der Sache. Und das hört man dem Album auch an. Es ist sehr organisch, sehr erdig und kurzweilig. Es klingt wie ein klassisches Album aus den 70er Jahren. Oh, das freut mich sehr! Genau das wollten wir erreichen. Wenn man selber ein Album aufnimmt besteht immer die Gefahr, zu nah an der Materie dran zu sein. Vielen Dank für das Kompliment. 2019 haben John Corabi und Marco Mendoza die Band verlassen. Ich denke, dass es nicht einfach war, diese beiden Musiker ziehen zu lassen. Haben David Lowy oder Du darüber nachgedacht, die Band aufzulösen? Nein, das war niemals im Gespräch. Wir haben sehr hart zusammengearbeitet, die Dead Daisies zu promoten, zu touren und Alben zusammen aufzunehmen. Hier kann ich nur über die Alben sprechen, an denen ich beteiligt war. Wir wollten natürlich weitermachen, aufhören stand niemals zur Debatte. Bei uns ist es nicht so wie bei Led Zeppelin, dass die Band aufgelöst wird, sobald ein Mitglied die Truppe verlässt. Das war bei uns immer schon ein bisschen freier und gelöster. Unter dieser Prämisse hat David Lowy die Band gegründet. Marco Mendoza und John Corabi sind immer noch gute Freunde von uns. John Corabi hat derzeit ein cooles Solo-Album in der Mache, welches er entsprechend voranbringen möchte. Er sucht gute Leute, die ihm dabei helfen – und ich bin selbstverständlich auch gerne dabei. Ich nehme sehr gerne mit meinen Freunden auf! Na ja, und dann haben wir uns unterhalten, wer denn für den Sängerposten bei uns interessant sein könnte. Ich hätte niemals an Glenn Hughes gedacht. Er ist immer sehr beschäftigt, bis vor kurzem hat er noch mit seinen Deep-Purple-Songs getourt. Unser Manager fragte trotzdem bei ihm an und Glenn war sehr interessiert. Wir haben miteinander gesprochen und ich habe ihm gesagt, dass es fantastisch werden würde, wieder als Team zusammen zu arbeiten. Mich hat es sehr inspiriert, zusammen mit Glenn Musik aufzunehmen. Trotzdem: Marco Mendoza und John Corabi sind immer Mitglieder der Dead-Daisies-Familie und wenn sie wollen, können sie immer in unser Team zurückkommen.
Auf jeden Fall, da hast Du recht. Ich wollte zu dem Sängerwechsel noch was sagen. Uns war es wichtig, als Nachfolger von John Corabi keine Kopie von ihm zu engagieren. Mit Glenn Hughes ist es uns möglich, brandneu und frisch durchzustarten. Eine musikalische Revolution sozusagen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie viel Neues Glenn in die Band mitbringt – und uns allen ist das bestens bewusst. Glenn ist fantastisch. Sein Songwriting, sein Gesang, aber vor allem sein Bassspiel hat mich jedes Mal aufs Neue aus den Latschen. Er spielt unglaublich. Geht mir auch so. Wenn ich ihn live sehe oder auf einer Aufnahme höre, denke ich mir immer: was für ein prägnantes Bassspiel! Ich habe euch zusammen live 2015 in Burgrieden bei Ulm gesehen. Da wart ihr auch klasse, es war viel Energie auf der Bühne und ihr habt gewaltig gerockt. Diese Tour war für mich eines meiner besten Erlebnisse, die ich auf der Bühne hatte. Glenn hat 2015 bei mir angefragt, ob ich ihn auf der Tour begleiten möchte. Damals bin ich gerade bei Whitesnake ausgestiegen und war nicht tourmäßig unterwegs. Ich habe sofort zugesagt und es war gigantisch! Das glaube ich Dir sofort. Kannst Du mit Deinen Worten beschreiben, wie der Sound der Dead Daisies sich verändert hat? Die größte Veränderung ist sicherlich der Gesang. Auch David Lowys Gitarrensound hat sich hörbar verändert. Es hört sich wieder mehr so an wie zu den Anfangstagen der Dead Daisies. Darüber hinaus war ein anderer Produzent am Werk, der einen wirklich fantastischen Job gemacht hat. Wir klingen ein bisschen heavier, die Chöre sind ein bisschen fetter. Wir sind mit den Veränderungen alle sehr glücklich. Wer hat die Texte zu dem Album geschrieben? Alle Texte hat Glenn Hughes geschrieben. Er ist sehr stolz auf seine Texte. Er schreibt immer über Dinge, die ihn interessieren und die ihn gefühlsmäßig ansprechen. Er schreibt so, dass die Menschen mitdenken müssen und viel rein interpretieren können. Nimm zum Beispiel „Holy Ground“. Geht es dabei um die Welt, um den Glauben, um die Totenköpfe in unserem Logo, oder geht es um deine Seele? Das mag ich sehr. Er spielt sehr gekonnt mit Wörtern und wirbelt sie durcheinander. Genau, man kann sich seine eigene Meinung bilden und darüber nachdenken. Eine alte Dead-Daisies-Tradition besteht darin, Coverversionen für Alben aufzunehmen. Auf dem aktuellen Album habt ihr „30 Days In The Hole“ von Humple Pie ausgegraben. Es gibt von diesem Song eine großartige Akustik-Version mit Dir und Glenn im Internet. Ich mag diese Version sehr! Ich mag sie sogar lieber, als die Albumversion. (lacht) Die meisten stimmen mir dabei nicht zu. Es hat sehr viel Spaß gemacht, diese Akustikversion aufzunehmen. Es klingt mehr wie eine „Gospel-Version“ des Stückes. Ganz traditionell: Ich fange zu spielen an, Glenn singt. Einfach grandios. Nächstes Jahr plant ihr die „Get Out Of The House“-Tour. Wie macht ihr es mit den bereits angesagten Live-Terminen? Die Termine im Frühjahr müssen wir leider verschieben. Ich gehe davon aus, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt 2021 ein paar Konzerte spielen können. Aber die Termine im Februar in Deutschland können auf keinen Fall durchgeführt werden. Klar, das ist natürlich aufgrund der derzeitigen Pandemie-Lage schwierig. Ich bin auf jeden Fall schon heiß auf Live-Termine und werde vor Ort sein, wenn ihr in Deutschland spielt. Das wäre super! Deutschland ist schon seit langem eine der besten Plätze in Europa für uns. Wir lieben es, in Deutschland zu spielen. Ihr habt großartige Konzerthallen und die Stimmung ist immer sehr gut. Ich hoffe, dass wir bald wieder Live-Musik machen können, ganz klar. Und ich denke, es wird Zeit. Die Leute brauchen wieder Live-Musik! Was sind Deine musikalischen Pläne für die Zukunft? Ich habe ein paar Ideen auf Halde, die ich auf Tour ausgearbeitet habe. Momentan liegt mein Schwerpunkt auf den Dead Daisies und dem aktuellen Album. Glenn und ich arbeiten derzeit sogar noch an weiterem Material für die Daisies das wir schon mit David Lowy besprochen haben. Der Livesound, den wir planen ist exakt der gleiche wie auf dem aktuellen Album. Wir können es kaum erwarten, zu erfahren, wie den Fans das Album gefällt! Wie lange probt ihr denn für eine Tour? Zwei Wochen reichen normal für die Proben. Das ist eine gute Zeitspanne. Hier kannst Du gut die Songs ausarbeiten und spezielle Überraschungen einplanen. Kann sein, dass wir jetzt mit der neuen Besetzung eine Woche länger brauchen, aber dann müsste alles soweit passen. Proben ist das eine, aber die Erfahrung und die Entspannung stellt sich bei mir mit den Konzerten ein. Normalerweise proben wir am Tag ein paar ganz bestimmte Songs. Die komplette Setlist wird zweimal gespielt, und dann geht’s raus auf die Bühne. Wichtig ist, dass jeder mit den Songs gut zurechtkommt und sich gut fühlt. Das ist beeindruckend. Ok, ich habe keine Fragen mehr. Doug, ich bedanke mich ganz herzlich bei Dir für das interessante Interview und Deine offene und sympathische Art. Ich wünsche Dir und Deinen Bandkollegen alles Gute und viel Erfolg für die Tour und das neue Album. Es wäre schön, wenn ihr bald wieder live spielen und mit euren Fans eure neuen Stücke feiern könnt! Ok Stefan, ich bedanke mich bei Dir für das nette Gespräch und ich wünsche allen in Deutschland ein gutes neues Jahr und einen guten Start 2021. Ich hoffe, dass wir es schaffen, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und ich denke, dass wir gerade auf einem guten Weg sind. Wir alle brauchen wieder Livemusik! Und ich denke, da hat er absolut recht! Copyright Bandphoto: Fiaz Farelly - zur Verfügung gestellt von Oktober Promotion Stefan Graßl |
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