Disco Ensemble
Afterlife
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Wenn das sechste Album einer Band das erste ist, das man hört, fühlt man sich immer ein wenig unwohl, weil man so gar nichts über ihre Entwicklung weiß. Hat das aktuelle Schaffen der Musiker noch etwas mit ihren Anfängen zu tun, oder haben sie sich um 180 Grad gedreht? Von Disco Ensemble und Afterlife war ich auf Anhieb begeistert genug, um mir flugs First Aid Kit von 2005 zuzulegen, um wenigstens ein bisschen was zum Vergleichen zu haben.
In einer so langen Zeit verändert sich jeder, aber zumindest haben die Finnen noch genauso viele und schräge Ideen wie vor 12 Jahren, setzen diese jedoch anders um. An Energie ist erstaunlich wenig verloren gegangen, dafür sind die vier Freunde als Songwriter cleverer geworden, deren Kompositionen vor überraschenden Wendungen wimmeln. Das nennt man wohl Reife...
Die erste Single „Fight forever“ weist mit ihrer Punk-Pop-Attitüde breit grinsend in die eigene Vergangenheit und sorgt für mächtig gute Laune. Auch bei „Nothing more“ wird fröhlich zum Angriff geblasen. „Hardcore people“ klingt zunächst wie eine HC-Persiflage, doch die Refrainzeile „Hardcore times need hardcore people“ belehrt einen umgehend eines Besseren. Mit „Face down in a fountain“ findet sich ein weiterer kurzer Pop-Punk-Ausbruch, was sich beim folgenden „Surround me“ zu einem astreinen Disco-Hit mit ultrafettem Beat steigert. Speziell bei diesem Song könnte man denken, Disco Ensemble seien nicht mehr so wüst wie früher. Irrtum: Sie sind es noch, bloß auf eine andere Weise. Man achte einmal darauf, wie die Keyboards in den elf Tracks eingesetzt werden und welche Wirkung sie haben!
Das Titelstück „Afterlife“ ist dagegen ein nachdenklicher Synthie-Hüpfer. Das scheint sich gegenseitig auszuschließen, funktioniert hier aber bestens, was eine Menge über die Schreiberqualitäten des 1996 gegründeten Quartetts aussagt. Auch die hypnotische Synthie-Hymne „Das Boot“ wäre 2005 nicht möglich gewesen.
Klar sind Disco Ensemble 2017 mehr Mainstream, sind speziell im Gitarrenbereich näher an U2 herangerückt, qualitativ gar locker und lässig vorbeigezogen. Aber erstens ist Mainstream nicht grundsätzlich schlecht, nur weil der Begriff schlecht besetzt ist.
Und zweitens: Wenn dabei so was Geiles wie Afterlife herauskommt, ist es mir bums, wie man die Chose nennt. Ich fahre jedenfalls voll drauf ab!
Michael Schübeler
Trackliste |
1 | Reality | 4:07 |
2 |
Fight Forever | 3:59 |
3 |
Disappear | 3:41 |
4 |
Afterlife | 4:34 |
5 |
Nothing More | 3:40 |
6 |
Das Boot | 3:45 |
7 |
Hardcore People | 3:26 |
8 |
Face Down In A Fountain | 2:51 |
9 |
Surround Me | 4:09 |
10 |
Too Deep | 3:56 |
11 |
Midnight | 4:00 |
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Besetzung |
Miikka Koivisto (Voc, Keys)
Jussi Ylikoski (Git)
Lasse Lindfors (B)
Mikko Hakila (Dr)
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