Musik an sich


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Hans Ziller präsentiert seine runderneuerten Bonfire live in Augsburg




Info
Künstler: Bonfire

Zeit: 29.12.2015

Ort: Augsburg - Spectrum

Besucher: ca. 300

Internet:
http://www.bonfire.de
https://www.facebook.com/BONFIREofficial

Als ich erfahren habe, dass sich Bonfire von Sänger Claus Lessmann trennen würden, war ich sehr überrascht. 2014 auf dem Pyras-Rock-Festival hat die Band noch einen grandiosen Auftritt hingelegt. Für mich hat es damals nicht den Anschein gemacht, dass es bandintern nicht mehr stimmen könnte. In einem Interview mit Hans Ziller war jedoch zu lesen, dass persönliche Differenzen für die Trennung ausschlaggebend waren. Ziller hat Lessmann mittlerweile seinen Anteil an den Namensrechten der Band abgekauft. Das neue Album Glörious klingt ohne Lessmanns Stimme gewöhnungsbedürftig. Die Songs sind insgesamt nicht schlecht, aber auch nicht herausragend. Die Stimme von David Reece gefällt mir persönlich jedoch sehr gut. Von daher dachte ich mir: Ich lasse das Jahr mit einem Bonfire-Gig in Augsburg ausklingen. Im Spectrum ist kurz vor Beginn eine Menge los. Ich schätze, dass ca. 300 Leute vor Ort sind.

Eine Vorband gibt es an dem Abend nicht, Bonfire legen um 20.30 Uhr mit dem Opener des neuen Albums, „21 Guns Salute“, los. Soundtechnisch ist von Beginn an fast alles perfekt, lediglich der Gesang ist bei den ersten Songs noch ein bisschen zu leise. Das Line-Up der Band wurde bis auf Gitarrist Hans Ziller im Vergleich zum Vorjahr komplett erneuert. Schlagzeuger Tim Breideband ist der Jungspund der Band. Das Konzert in Augsburg ist erst sein fünfter Auftritt mit Bonfire. Die beiden US-Boys Frank Payne (Gitarre) und Ronnie Parkes (Bass) sind ebenfalls neu dabei. Insgesamt doch ein recht großer Personaleinschnitt, an den man sich erstmal gewöhnen muss.

Sänger David Reece macht vom Fleck weg einen saucoolen, lässigen Eindruck. Mit Mikro und Bierflasche bewaffnet singt er die Lieder, als hätte er nie etwas anderes gemacht, als bei Bonfire Sänger zu sein. Er erinnert mich stimmlich immer ein bisschen an den durchgeknallten David Lee Roth. Was ziemlich schnell auffällt: Die Musiker auf der Bühne haben viel Spaß! Sogar der sonst eher sehr reservierte Hans Ziller lächelt oft und betreibt für seine Verhältnisse eine relativ lebhafte Bühnenshow. Zusammen mit Frank Payne bietet er handwerklich einwandfreie Gitarrenkost. Die markanten Doppel-Leadgitarren bei den Soli klingen satt und kommen vor allem bei Songs wie „Ready 4 Reaction“ oder „Never Mind“ besonders gut zur Geltung.

Die Ansagen kommen von David Reece natürlich auf Englisch. Er hält sich mit Sprüchen nicht lange auf, sondern präsentiert Song auf Song. Mir persönlich ist das wesentlich lieber als ewig langes Gequatsche. Im direkten Vergleich mit Claus Lessmann fällt es ihm etwas schwerer, das Publikum zu animieren. Songtechnisch kann die Band aus dem Vollen schöpfen. Bei Songs wie „Never Mind“, „Don’t Touch The Light“ oder dem fetzigen „Hard On Me“ sind für Melodic-Rock-Fans doch einige Perlen dabei. Vom neuen Album werden insgesamt sechs Songs gespielt. Hier hätte man sich vielleicht den einen oder anderen Song sparen können. Auf der anderen Seite verstehe ich auch, dass die Band ihre neuen Lieder präsentieren möchte. Von den neuen Stücken gefällt mir „Can’t Break Away“ definitiv am besten.

Die Stimmung im Spectrum ist gut, jedoch nicht berauschend. Ich denke, dass die meisten Fans sich erst an das neue Line-Up und vor allem an den neuen Sänger gewöhnen müssen. Ich finde, dass die Band derzeit noch einen teilweise unsicheren Eindruck macht, was ich nach der Trennung von Claus Lessmann und dem erst vor kurzem ausgestiegenen Drummer Harry Reischmann auch durchaus verstehen kann.

Die Roadies haben sich für den Abend ein paar spezielle Aktionen einfallen lassen. Es fliegt ab und zu ein ferngesteuerter aufblasbarer Hai über das Publikum, an dem eine Kamera befestigt ist. Die Songs werden mitgefilmt für eine im Frühjahr erscheinende DVD. Bei „Sword And Stone“ kämpfen zwei verkleidete Ritter auf der Empore hoch über den Zuschauern. Das Ganze sieht sehr eindrucksvoll aus, der erwünschte Effekt stellt sich jedoch nicht ein. Ein Großteil der Fans fragt sich, was das Ganze soll.

David Reece macht auch bei den Balladen eine gute Figur. „Give It A Try“ funktioniert genauso gut wie das spätere „You Make Me Feel“, das er zu seinem eigenen Song werden lässt. Was etwas irritiert, sind die teilweise übertriebenen typischen Ami-Sprüche zwischen den Liedern. Aber ich denke, das ist einfach seine Art. Dem am 28.12.15 verstorbenen Motörhead-Sänger und -Bassist Lemmy Kilmister wird natürlich gedacht. Reece hält eine kurze Ansprache und die Musiker trinken einen Jack Daniels auf den alten Haudegen. Rest In Peace, Lemmy!!

Der Doppelschlag „Sweet Obsession“ und das rasante „Ready 4 Reaction“ beenden den offiziellen Teil. Als Zugaben werden noch „You Make Me Feel“ und der schon bei früheren Shows öfters benutzte Abschlusssong „Champion“ gespielt. Typische Lessmann-Songs wie „Hot To Rock“, „Under Blue Skies“, das verzichtbare „Proud Of My Country“ oder das noch überflüssigere „Sweet Home Alabama“ wurden zum Glück außen vor gelassen. Nach 95 Minuten ist dann endgültig Schluss. Bonfire bedanken sich bei einem zufriedenen Publikum, das der neu zusammengestellten Combo einen freundlichen, wohlwollenden Empfang bereitet hat. Die Band präsentierte sich während des Abends äußerst fannah. Es werden viele CDs und Shirts zu äußerst fairen Preisen angeboten. Nach der Show geben die Musiker Autogramme und stellen sich auch für Fotos zur Verfügung.

Die Band muss sich erst eine neue Identität erarbeiten, was natürlich nicht über Nacht funktionieren kann. Immerhin war Lessmann 30 Jahre bei der Band dabei! Ich wünsche Claus Lessmann alles Gute für die Zeit nach Bonfire. Vielen Dank für viele unvergessliche Gigs und tolle Songs! Der aktuellen Besetzung wünsche ich ebenfalls viel Erfolg!


Setlist:
21 Guns Salute
Nothin' at All
Never Mind
Hard On Me
Don't Touch the Light
Glorious
Remember
Shooting Star
Sword and Stone
Give It a Try
American Nights
Can't Break Away
S.D.I.
Sweet Obsession
Ready 4 Reaction
---
You Make Me Feel
Champion



Stefan Graßl



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