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Wishbone Ash - Live Date Revisted
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Wishbone Ash haben sich für dieses Jahr etwas ganz besonderes einfallen lassen: Sie lassen ihr klassisches Live-Album Live Dates von 1973 komplett vom Stapel. Dieses Album ist für mich eines der besten Livelben aller Zeiten und somit schon ein fast zwingender Grund, wieder mal nach Augsburg zu pilgern. Bassist Bob Skeat steht bereits am Eingang, telefoniert mit seinem Smartphone und ist 15 Minuten vor Showbeginn in keiner Weise aufgeregt oder angespannt. Da er sich so unauffällig verhält, wird er auch von den meisten Fans gar nicht bemerkt und steht dann auch noch ziemlich lange am Merchandising-Stand herum. Dort gibt es tolle Shirts und CDs, die allesamt sehr preisgünstig sind. Das Spectrum hat seit meinem letzten Besuch eine kleine Renovierung erhalten und strahlt nun wieder in vollem Glanze.
Bereits um 20 Uhr beginnt das Wishbone-Ash-Konzert, es gibt keine Vorband. Die Band wird vom Publikum stürmisch begrüßt und beginnt mit dem eher verhaltenen Stück „Wait Out The Storm“. „Blue Horizon“ ist ähnlich ruhig und für mich nicht gerade der optimale Einstieg. Dann kündigt Andy Powell eine „kleine Überraschung“ an und teilt mit, dass heute Abend Live Dates komplett gespielt wird! Dieser Effekt hält sich jedoch in Grenzen, da alle Anwesenden dies bereits seit langem wissen.
Das unwiderstehliche „The King Will Come“ leitet den Klassikerreigen ein. Bereits die ersten Töne des Songs jagen mir wahre Schauer über den Rücken. Für mich sind der Song und das dazugehörige Album Argus die Quintessenz des musikalischen Schaffens der Band. Andy Powell teilt sich traditionell die Gitarrenparts mit dem ruhigen, aber überaus verlässlichen Finnen Muddy Manninen, der ihn auch fleißig beim Background-Gesang unterstützt. Der Typ ist für mich eh ein Phänomen. Bei einem Song verspielt er sich. Dann schaut er zu seinem Roadie, dann zu Andy Powell und schüttelt entschuldigend den Kopf. Bei den teilweise doch recht langen Liedern ist es für mich eh fast nicht nachvollziehbar, wie man sich das alles merken kann. Der Bass hatte schon immer einen wichtigen Part bei den Songs dieser Band. Bob Skeat spielt seinen Tieftöner mit absoluter Präzision und übernimmt dabei noch bei sämtlichen Songs den Background-Gesang. Die Antikriegshymne „Throw Down The Sword“ widmet Andy Powell den kurz zuvor von islamistischen Terroristen getöteten Opfern in Paris, wofür er vom Publikum Beifall bekommt.
Nun kommt die gute alte „Rock n Roll Widow“ und es wird rockig und weniger episch. Der Song wird heute Abend richtig rotzig gespielt und gefällt mir ausgezeichnet. Andy Powell erzählt, dass sie früher mit diesem Song vor allem in Texas immer aufgrund des Textes Probleme bekommen haben. Weiter geht er nicht thematisch auf irgendwelche Songs ein. Insgesamt macht er zu wenig aus der Nostalgie-Kiste. Die eine oder andere Anekdote wäre hier sicher gut angekommen. Aber der große Entertainer wird er auf seine alten Tage sicher nicht mehr. Alle Musiker sind auch an diesem Abend wieder optimal aufeinander eingespielt. Die Twin-Gitarren-Solos von Andy Powell und Muddy Manninen sind traumwandlerisch sicher, der Gesang passt sehr gut und der Bass von Bob Skeat bildet zusammen mit Joe Crabtrees Schlagzeugspiel ein fulminantes Grundgerüst für die teilweise doch epischen Songs.
An diesem Abend ist das Spectrum teilweise bestuhlt, etliche Besucher nehmen auf den Barhockern Platz. Lediglich die Tanzfläche vor der Bühne ist frei, auf der sich etliche bewegungsfreudige Fans tummeln. Allerdings sieht man auch ganz deutlich, dass ein Großteil der Anwesenden schon das Alter der Musiker auf der Bühne hat. Trotzdem ist die Stimmung toll und stressfrei. „Blowin’ Free“ sorgt für Bewegung vor der Bühne und vor allem dieser Song bringt richtig gute Stimmung in den Laden. „Jailbait“ hält die gute Laune am Limit und zeigt, dass dieser Song innerhalb der Wishbone-Ash-Fans einen gewissen Kultstatus genießt. Das epische „Phoenix“ zeigt noch einmal sehr eindrucksvoll, welche Ausnahmemusiker sich da auf der Bühne befinden. Danach zieht sich die Band kurz zurück, um dann noch für zwei starke Zugaben erneut auf die Bühne zu kommen. Den Schlusspunkt setzt der Klassiker „Living Proof“, bei dem Band und Fans noch einmal alles geben. Unter großem Beifall werden Wishbone Ash vom begeisterten Augsburger Publikum verabschiedet. Andy Powell kündigt an, dass die Band in fünf Minuten am Merchandising-Stand stehen würde.
Und: Er ist kein Mann der leeren Wort. Es dauert wirklich nicht länger, bis die komplette Band dort CDs unterschreibt, sich mit den Fans unterhält oder für Fotos posiert. Und das ohne irgendwelche Autogrammkarten-Abzocke! Das aktuelle Bootleg-Album Live at Ashton - Roadworks mit der Live Dates-Setlist von 2014 wird für 12 Euro verkauft, T-Shirts für 20 Euro. Etliche Fans greifen hier zu und wieder einmal sieht man, dass manchmal niedrigere Preise letztlich doch mehr Einnahmen bedeuten. Für mich war das Konzert absolut kurzweilig. Ich hätte nie gedacht dass die Jungs insgesamt zwei Stunden gespielt haben. Die Songs waren klasse, die Musiker absolut professionell, spielfreudig, fannah und sympathisch - was will man eigentlich mehr?!
Setlist:
Wait Out the Storm
Blue Horizon
The King Will Come
Warrior
Throw Down the Sword
Rock 'n Roll Widow
Ballad of the Beacon
Baby What You Want Me to Do
The Pilgrim
Blowin' Free
Jail Bait
Lady Whiskey
Phoenix
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Deep Blues
Living Proof
Stefan Graßl
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