“Dagegen“, das ist ein in diesen Tagen oft genutzter Ausdruck, der sich entsprechend oft auch in Verweigerungshaltung ausdrückt. Damit einhergehend schwingt oft viel negative Stimmung mit. Alles ist schlecht, alles war besser, das Glas ist oft eher halb leer als halb voll. So muss man selbst aufpassen, nicht in diesen Strudel mit hineingezogen zu werden.
Kritik ist sicher wichtig, Ungerechtigkeiten sollte man die Stirn bieten, doch Jammern auf hohem Niveau scheint mir immer häufiger an der Tagesordnung zu sein und hat meist mit konstruktiver Kritik wenig gemein. Anstatt dessen wäre es doch angezeigt, lieber Lösungen anzubieten, sich einmal mit dem zu beschäftigen, was einem nicht passt. Ein damit verbundenes “Dafür“ wäre mit Sicherheit hilfreicher im Umgang mit anderen Menschen, zumal das Ergebnis ein Dialog sein könnte, mit dem Ziel eines gemeinschaftlichen Vorgehens.
Doch ehe ich zu weit in diesem im Grunde sehr gehaltvollen Thema ausschweife, will ich den Schwenk vollziehen, zu dem, was unter anderem in einem Musikmagazin geschieht. Denn auch Rezensionen können schnell von subjektiven Empfindungen behaftet sein, zumal Objektivität ohnehin kaum möglich ist. In individuelle Bewertungen fließen verschiedene mitbestimmende Faktoren ein. Erstens ist es das Alter, da man stark von der Musik geprägt ist, zu der man als erstes Zugang im jugendlichen Alter fand. Meistens bleiben diese Eindrücke kleben, manchmal kommen später aber auch weitere hinzu und selten findet ein Wandel statt.
So wird oft nach dem Motto “Damals war alles besser“ verglichen. Davon kann sich so gut wie niemand frei machen. Dabei können sich für Rezensenten derart Schwierigkeiten ergeben, dass ihnen dieser Stempel mit dem fetten Aufdruck “Dagegen“ aus der Hand zu gleiten scheint, um das, was gerade gehört wird, abzustrafen.
Dabei weiß man doch, dass sich jeder Künstler mit einer gewissen Intention ins Studio begeben hat, um sie so, wie es ihm möglich ist, umzusetzen. Die Musiker werden sich alle Mühe gegeben, vielleicht auch Spaß im Studio gehabt haben und letztlich recht zufrieden mit dem Ergebnis gewesen sein. Und dann kommt da jemand an, um alles gnadenlos in Stücke zu zerfetzen?
Hier knüpfe ich an meine Eingangsworte an, denn mit dem jedem/r Rezensenten/in eigenen Sachverstand sollte man auch beim Besprechen von CDs versuchen, nicht nur böse Worte zu formulieren, sondern vielleicht auch Lösungen anzubieten, wie es aus subjektiver Sicht besser klingen könnte. So ist es mir im anschließenden Dialog mit dem einen oder anderen Künstler, den ich durch Rezensionen näher und teilweise auch persönlich kennen lernte, gelungen, in einen Dialog zu treten, über verschiedene Auffassungen zu sprechen und dadurch auch gegenseitiges Verständnis zu wecken.
Darum soll auch für dieses Jahr meine persönliche Zielsetzung lauten, ein “Dagegen“ nicht ganz so hart zu formulieren und zu respektieren und zu würdigen, was an der Produktion einer Platte an Arbeit notwendig ist.
Wolfgang Giese
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