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Gluecifer

Farewell to the kings of Rock (DVD)


Info
Musikrichtung: Rotzrock, Hard Rock

VÖ: 23.01.2009

(Mate in Germany/Soulfood)

Gesamtspielzeit: 139:00

Internet:

http://www.gluecifer.com
http://www.myspace.com/gluecifer


Ende der 1990er Jahre trieb man in Skandinavien dem Rock die Grunge-Lethargie aus und gab ihm mit einer dem Punk entlehnten Energie die schmerzlich vermisste Rotzig- und Spritzigkeit zurück. Ganz vorne mit dabei die Hellacopters, die Backyard Babies und Turbonegro. Nicht zu vergessen die selbst ernannten norwegischen Kings of Rock, Gluecifer. Von 1994 an trieb die Band ihr Unwesen und veröffentlichte fünf Studioalben, sowie zahlreiche Singles, EPs und Splits. 2005 war dann auf dem kommerziellen und künstlerischen Zenith Schicht im Schacht und der Fünfer verabschiedete sich für immer (?) von der Bildfläche – noch bevor man schlecht und langweilig werden konnte. Quasi ein Abschied in Würde. Am 14.10.2005 spielten Gluecifer ihr letztes Konzert in ihrer Heimatstadt Oslo vor 2.000 euphorischen Fans.

Die DVD Farewell to the kings of Rock dokumentiert diesen denkwürdigen Abend in voller Länge und zeigt die Band so wie sie immer schon am besten war: live. 22 Songs lang geben Gluecifer noch einmal alles und zeigen wie Rockmusik zu klingen hat. Und zwar laut, rau und ehrlich. Voller Energie und literweise Schweiß. Das Konzert startet dabei noch recht theatralisch. Zwei weiße Laken verdecken den Blick auf die Bühne, während die Band noch recht leise „Automatic thrill“ anstimmt. Frontmann Biff Malibu singt die ersten Textfetzen während sich die Laken leicht zur Seite wehen, kurz darauf fallen und die Bretter, welche für so viele die Welt bedeuten, in gleißend weißem Licht erstrahlen. Schon während diesen ersten Augenblicken spürt man den Kitzel und die Spannung im Publikum, welche sich in Sekundenschnelle entlädt, sobald sich die Band gemeinsam in den Song stürzt. Energie pur, welche bis zum endgültigen Abschied anhält. Nach dem Verklingen von „Easy living“ sind 100 schweißtreibende Minuten vergangen und die Band verbeugt sich auf der von Rosen gesäumten Bühne ein finales Mal. Ein ziemlich bewegender Moment.

Noch einmal gab es bis dahin sämtliche Highlights der Band zu hören. Egal ob „Here come the pigs“, „I got a war“, „Bossheaded“, „Get the horn“, „The year of manly living“, „Go away man“, oder „Call from the ohter side“. Die Setlist war sehr ausgeglichen und enthält sogar einen raren Song wie „Gary O’Kane“ von der gleichnamigen EP. Aber gute Songs alleine machen noch kein gutes Rockkonzert, wenn die Art des Vortrags nicht passt. Doch wie zu erwarten, hat man hier nichts zu befürchten. Während die Band um Gitarrenchef Captain Poon ihre Songs enthusiastisch in die Halle prügelt, dirigiert der norwegische Elivs Biff Malibu des Geschehen an der Front und singt seine Texte voller Inbrunst ins Mikro, dass einem selbiges schon fast leid tun kann. Zwar ist sein Hüftschwung lange nicht mehr so locker wie in den Anfangstagen, doch seine Bühnenpräsenz ist trotz Bewegungsmangels nach wie vor groß und lässig. Ein nicht unwesentlicher Faktor für die Klasse eines Glucifer-Gig.

An der Bild- und Soundqualität von Farewell to the kings of Rock gibt es nichts wirklich auszusetzen. Zwar handelt es sich hier nicht um ein High Fidelity-Produkt, aber dies wäre für diese Musik auch ein wenig unpassend und zuviel des Guten. Der Sound ist schön rau und ungeschönt, aber weit davon entfernt scheppernd oder ohrenbetäubend zu sein. Der Schnitt ist durchaus flott, vermittelt allerdings mit den recht direkten Kameraperspektiven (allzu viel Platz war aufgrund der Clubkapazität wohl nicht) ein angenehmes Livefeeling. Als Bonus hat man zum Konzert noch die 10 Videoclips der Band mit auf die Scheibe gepackt, welche allerdings auch schon auf der 2004 veröffentlichten DVD Royally stuffed zu sehen waren. Anhand derer kann man die Entwicklung von Gluecifer schön nachvollziehen. Von den Anfängen und dem Low Budget-Clip „Leather chair“ bis zu den Hochglanzbildern von „Desolate city“ und „Losing end“. Leider hat man sich andere Extras gespart. Ein Blick hinter die Kulissen, Interviews oder eine Banddokumentation wären zum Abschied auf jeden Fall schön gewesen. Aber auch so ist Farewell to the kings of Rock eine feine Sache geworden. Der letzte Blick auf die aufregendste der skandinavischen Rockbands der leider vergangenen Rotzrock-Ära ist auf jeden Fall sein Geld wert. Denn Abschied tut bekanntlich weh. Denn wenn auch die letzten Tränen bereits getrocknet sind, wird dieser Schmerz hiermit bestens gelindert.



Mario Karl



Trackliste
Konzert:
1. Automatic Thrill
2. Take It
3. Car Full Of Stash
4. Reversed
5. Ducktail Heat
6. Get The Horn
7. Put Me On A Plate
8. Here Come The Pigs
9. Go Away Man
10. Gary O Kane
11. Titanium Sunset
12. The Year Of Manly Living
13. Shotgun Seat
14. Call From The Other Side
15. Rockthrone
16. Shaking So Bad
17. Black Book Lodge
18. Desolate City
19. Brutus
20. I Got A War
21. Bossheaded
22. Easy Living

Videos:
1. Desolate City
2. Here Come The Pigs
3. Call From The Other Side
4. Losing End
5. Easy Living
6. Little Man (unofficial)
7. I Got A War
8. The Year Of Manly Living
9. Get The Horn
10. Leather Chair
Besetzung

Biff Malibu (Vocals)
Captain Poon (Guitar, Backing Vocals)
Raldo Useless (Guitar, Backing Vocals)
Stu Manx (Bass Guitar, Backing Vocals)
Danny Young (Drums, Percussion)


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