Blue Babies
Aguggamidda!
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Wer weiß, wie selten ich 20 Punkte unter eine Review schreibe, braucht diese eigentlich gar nicht mehr zu lesen, sondern kann gleich los laufen und das besprochene Album kaufen.
Das lohnt aber nicht, oder nur dann, wenn Freiburg i.B. fußläufig zu erreichen ist. Denn nur dort, in der Heimatstadt der Blue Babies, ist Aguggamidda! im Laden zu erwerben – jedenfalls sind auf der Bandhomepage lediglich zwei Freiburger Läden vermerkt.
Nicht-Freiburger gehen oben auf den Link und bestellen per Web.
Warum???
Dafür gibt es auf Aguggamidda! exakt zwölf Gründe – genau zur Hälfte von der Güteklasse „ist gut sie zu haben“ bis „ist fantastsich sie zu haben“ und dem Prädikat „ab heute darf es kein Leben ohne die mehr geben.“
Die Blue Babies spielen flotten Ska mit einer herzhaften Rockabilly-Schlagseite. Zu dem dabei nicht überraschendem Saxophon und dem akustischen Bass kommt bei den Blue Babies noch das Akkordeon hinzu, um die Gitarre und das Schlagzeug zu unterstützen.
Dass eine derart aufgestellte Band mal ein Stück von Creedance Clearwater Revival covert ist nicht so überraschend. Mit den Doors, Kraftwerk und einer ganzen Riege von Metalbands (AC/DC, Survivor, Ram Jam) sieht das anders aus. Das waren also Stücke auf die ich ganz besonders gespannt war.
Zur Begrüßung gibt es aber erstmal eins der grandiosen Eigengewächse. Die tolle Stimmführung reißt mit. Das Saxophon setzt sich gelungen in Szene ohne das Stück zu dominieren, so dass genug Raum für das Akkordeon bleibt. Fantastisch!
Ja, und dann „Riders on the Storm”. Also, Liebe auf den ersten Blick war es nicht. Die grandiose Atmosphäre des Originals geht völlig den Bach runter und es braucht einige Anläufe, bis man sich an die neue Version gewöhnt hat und ihren verschmitzten Charme schätzen lernt. Aber „Riders on the Stormfire” besteht nicht nur aus „Riders on the Storm” und die bessere, oder genauer: eingängigere, Hälfte „Light my Fire“ zündet sofort. Die treibende Doors-Komposition paart sich ideal mit dem lebendigen Ska-Arrangement.
Würde man den echten Mondaufgang ähnlich beschleunigen, wie die Blue Babies „Bad Moon risin'”, hätte sich unser kosmischer Trabant wahrscheinlich schon lange auf den Weg raus aus diesem Sonnensystem gemacht. Spätestens bei dem verschärft geilen Solo von Knopf ist klar, dass man nach dem dritten Track bereits die erste Hälfte der Überflieger-Songs dieses Albums gehört hat.
Im folgenden Kraftwerk-Cover wird die kühle Schönheit von „Das Modell“ auf karibische Temperaturen gebracht. Dabei entsteht ein toller Partie-Song, der lediglich in der Nachbarschaft von Songs, wie den ersten drei ein „nur ziemlich gut“ erhält.
Das gilt auch für das wieder von Akkordeon und Bass geprägte „Ach was“. Auf anderen Ska-Scheiben wäre dieser erste deutsche Song, der den Ska hochleben lässt, eine Aushängenummer – hier ist er süperbes Füllmaterial.
Es folgen die beiden weiteren Eigenkompositionen aus dem Oberhaus – eine schräge Nummer über Vorlieben von Kaffeetrinkern und ein Tarzan-Jubiläums-Song. Ersterer muss nach dem Merchandise-Programm der Blue Babies so etwas wie Kultstatus geniessen. Es gibt ihn wohl deshalb am Ende auch noch mal als etwas sehr Rhythmus betonte Techno light Version. „Aguggamidda!” ist der geilste Tarzan-Song seit „Tarzan ist wieder da“, der spätestens beim Johnny Weißmüller-Walzer-Interlude die Mundwinkel in Richtung Schädeldecke wandern lässt.
Der „Ubangi Stomp”, eine tolle Nummer mit feiner akkordeon-Bass-Linie und „Jelly“, die entspannteste Nummer des Albums sind wiederum „nur“ tolle lebensfrohe Ska-Nummern.
Womit klar ist, dass auch das Hard Rock/ Metal-Medley zu den Überfliegern gehört. Qualitativ dominieren tut dabei eindeutig die relaxte, hochenergetische Bearbeitung von „Black Betty“, die so mitgehen lässt, dass auch ein etwas sehr häufiges Wiederholen des Refrains keine Sekunde lang nervt. Mit den „Hell’s Bells“, die das Stück eröffnen, kann man ein feines Ratespiel machen. Man muss schon recht Text(!)-sicher sein, um zu erkennen, was hier läuft. „Eye of the Tiger“ spielt die dritte Geige und wird lediglich zwei oder drei Mal als Bridge genutzt.
Last not least gibt es einen hidden Track, der weil eigentlich mehr Sketch oder Hörspiel, durchaus berechtigt in dieser sonst etwas abgenutzten Weise präsentiert wird. Herrlich wie hier der Kritikerpapst durch den Kakao – pardon: natürlich den Coffee – gezogen wird.
Tolle Scheibe!
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Keep skankin' | 3:02 |
2 |
Riders on the Stormfire | 3:03 |
3 |
Bad Moon risin' | 2:44 |
4 |
Das Modell | 3:29 |
5 |
Ach was | 3:00 |
6 |
King of Coffee | 4:15 |
7 |
Aguggamidda! | 4:03 |
8 |
Ubangi Stomp | 3:40 |
9 |
HardSka Medley | 4:45 |
10 |
Jelly | 4:36 |
11 |
King of Coffee (Hot Cappuccino Mix) | 3:28 |
12 |
* Pause * | 3:07 |
13 |
Marcel Reich-Ranicki-Outro | 2:07 |
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Besetzung |
Thias (B, Voc)
Mitch (Dr, Voc, Perc)
Nikolaus (Sax)
Knopf (Git, Voc)
Rainer (Akkordeon, Voc)
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