Naxos / Naxos CD DDD (AD 2004) / Best. Nr. 8.557341
Gesamtspielzeit: 70:07
FÜLLE DES WOHLLAUTS
Dem Mittelalter galt die reine Terz wegen der komplizierten Teilungsverhältnisse lange Zeit als Dissonanz. Erst nach und nach setzte sie sich als „imperfekte“ Konsonanz durch. In England schätzte man den sonoren, glockenartigen Klang von dichten Terzdreiklängen zuerst. Ein Meister dissonant veredelter englischer Mehrstimmiger war John Dunstable. Diese Musik des 15. Jahrhundert wirkt auf dem Papier eher akademisch und gewinnt erst in der praktischen Aufführung durch die zu ergänzenden Vorzeichen an überraschender Ausdruckskraft und harmonischer Farbigkeit. Ein herb-süßer Klangstrom erfüllt bei Tonus Peregrinus den Raum der französischen Chancelade Abbey, wo diese Aufnahme entstand. Der auch in kleinerer Besetzung dichtgewobene Klang des jungen Ensembles zeichnet sich durch dynamische Flexibilität und rhythmischen Drive aus. Liebhaber englischer Vokalconsorts mag überraschen, dass die Stimmen hier weniger homogen verschmelzen, als man es von anderen britischen Ensembles gewohnt ist. Vor allem der Altist Alexander L’Estrange und eine Sopranistin verleihen dem Klangbild gelegentlich eine gewisse Körnigkeit. Terzenseligkeit hin oder her: Auf diese Weise kommt das additive Prinzip mittelalterlicher Mehrstimmigkeit deutlich zur Geltung.