Musik an sich


Reviews
Iced Earth

The Glorious Burden


Info
Musikrichtung: Power Metal

VÖ: 12.01.2004

(SPV-Records)


Pro

Nach Genuss der genialen Vorab-E.P. The Reckoning war mir klar, das die Jungs von Iced Earth, falls sie diesen hohen Qualitätsstandard auch auf ihren neuen Longplayer hinüberretten können, mit The Glorious Burden ein absolutes Meisterwerk auf die Metalgemeinde loslassen werden. Leider klappte diese schwierige Unterfangen nicht im vollen Umfang und Käufer der E.P. könnten sich schon ein wenig auf den Schlips getreten fühlen, denn alle Songs dieser Vorabveröffentlichung finden sich ohne Ausnahme auch auf der limited Edition der neuen Langrille wieder.

Ob man für die restlichen Songs tatsächlich nochmal über 15 Euro dem Plattenhändler eures Vetrauens in den Rachen schmeissen sollte, muss jeder für sich selbst entscheiden, der Trend geht auf jeden Fall meiner Meinung nach zu einem knappen "Ja", denn allein schon die Power von dem hymnischen Opener "Declaration Day" ist unbezahlbar und dieser Song gehört sicherlich zu dem stärksten Sachen, die Jon Schaffer und Co. bisher veröffentlicht haben. Genau diesen Track sollte man auch als Paradebeispiel für die gesanglichen enorm variablen Fähigkeiten des neuen Shouters "Ripper" Owens heranziehen und spätestens in diesem Moment ist man sich sicher, das selbst der beliebte Ex-Fronter Matt Barlow ersetzbar ist und vielleicht sogar ein wenig mehr.

Über die amerikanische Nationalhymne die den kompletten Longplayer instrumental einläutet, spar ich mir aus politischen Gründen lieber meinen Kommentar und wende mich lieber "Attila" und "Waterloo" zu, die zwar nicht überragend geworden sind, aber sich immerhin in die Reihe der gelungenen Midtemposongs der Amis ohne Aufzufallen einreihen können, während selbige Tatsache im Up-Tempo-Bereich für das rasante, zum Headbangen einladende "Greenface" zutrifft. Der einzig richtiger Tiefpunkt des Silberlings ist die Würdigung der Herren der Lüfte in Form von "Red Baron/Blue Max", dessen Chorus fast ähnlich nervt, wie irgendwelche Prominente die zur Belustigung des Volks im Dschungel eingesperrt wurden.
"Ich bin ein schlechter Song, hört mich nicht an!" Herzstück des Album jedoch ist eine sage und schreibe über 30 minütige(!) Triologie, die unter dem Namen "Gettysburg(1863)" zusammengefasst wurde und bei seiner Realisierung sogar auf die Dienste des Prager Philharmonieorchester zurückgreift. Die Meinungen der Menschen die bisher in Genuss dieses flotten Dreiers kamen, schwanken zwischen "überirdisch" bishin zu "langweilig" und ich selbst weiss auch (noch?) nicht was ich genau davon halten soll. Ambitioniert, musikalisch perfekt und aussergewöhnlich ist das Teil aber auf jeden Fall.

Tja, und da wären natürlich noch zu guter Letzt die Songs der E.P., deren Bewertung ihr in unserem Archiv nachlesen könnt und mit der bereits erwähnten Übernummer "Declaration Day" zu den Highlights von "The Glorius Burden" zählen. Kritische Stimmen, die anhand der E.P. erwartet haben, das Iced Earth härtetechnisch ein paar Gänge zurückgeschaltet haben, werden auf jeden Fall nach Genuss der Langrille erleichtert sein, da das unveröffentlichte Material keinen weiteren richtig balladesken Track enthält und in Sachen Power durchaus mit den letzten Veröffentlichungen der U.S.-Boys mithalten kann.

Alles in allem ist der neueste Output von Iced Earth zwar nicht das erhoffte neue Genreaushängeschild, aber durchaus eine Scheibe die wohl zum Besten gehört was die Power-Metaller bisher zu bieten haben und alle Fans, die es nicht abwarten konnten und sich schon die E.P. ins Regal gestellt haben , würde ich raten das Teil dem kleinen Geschwisterchen zu schenken und sich am kompletten Werk zu erfreuen. Für Folgen der neuen Metalsucht beim Schwester bzw. Brüderlein wird von Musikansich natürlich keine Haftung übernommen.



Manuel Liebler



Contra

Eine Minus-Kritik, die sich von der positiveren Wertung nur um wenige Punkte unterscheidet, macht das überhaupt Sinn? Ja, weil ich an einem Punkt, an dem Manuel sich zur Zurückhaltung entschieden hat, deutliche Worte für nötig halte, auch wenn das nicht in meiner Punktewertung eingeht.

Aber der Reihe nach. Je mehr ich mich dieser CD genähert habe, desto größer wurde der Graben zu ihr.

Step One: optische Annäherung
Die äußere Aufmachung von The glorious Burden macht diese Scheibe zur Referenz-CD. Ein opulentes Booklet mit allen Texten, reich bebildert - zwar mit klischeehaft martialischen Bildern. Aber das gehört im Metal zum Geschäft. Und darüber hinaus erläuternde Texte - vor allem zum Magnum Opus Gettysburg. Da vergeht einem der Neid auf die Klassiker, den man empfindet, wenn man deren Booklets mal in die Hand nimmt. So soll es sein. TOP!

Step Two: akustische Annäherung
Wenn die CD dann im Player rotiert wird es eher ernüchternd. Das hat Manuel ja auch schon beschrieben. Mir fallen nur nicht so viele Hammersongs auf, wie ihm. Hier wird sehr offenbar, das man auch nur mit Wasser kocht. Solider aber unspektakulärer Power-Metal, den ich mal böse als „Manowar für Intellektuelle“ oder „powermetallisch banalisierte Iron Maiden“ beschreiben würde. Da lob ich mir meine alten Running wild-Scheiben. Die haben das gleiche Rezept wesentlich frischer angerichtet.

Step Three: inhaltliche Annäherung
Beim Blick in die Texte gehen bei mir dann alle Messer auf. Dass man - wie Manuel erwähnt - die amerikanische Nationalhymne an den Beginn setzt, ist für mich kein Problem, ebenso wenig wie “Declaration Day“ das Loblied auf die Unabhängigkeitserklärung. Die ist immerhin eins der wichtigen Dokumente der Freiheitsgeschichte der Menschheit. Einen an sie gebundenen Verfassungspatriotismus kann ich gut akzeptieren.
Dann aber kommt “When the Eagle cries“, das der ganzen Scheibe eine problematische Ausrichtung gibt. “Wenn der Adler ruft, wird Blut fließen. Wenn der Adler ruft zum Freiheitskampf. Wenn der Adler ruft. Wir lieben ihn so. Wenn der Adler ruft, werden wir uns opfern.“ so der Refrain - und das garniert mit dem Bild eines Adlerkopfes, gemeinsam mit den Twin Towers vor einem roten Himmel.
Metaltypische Gewaltphantasien von Hexen, Drachen oder Vampire, kann ich gerade noch schlucken. Aber bei so klaren politischen Bezügen läuft es mir eklig kalt den Rücken runter. Schade, dass George W. Bush keinen Metal mag. Denn Iced Earth haben hier den Soundtrack zu seiner Regierungspolitik geliefert. Den Missbrauch der freiheitlichen Verfassung für einem dumpfen Hurra-Patriotismus. Was kommt danach. Die Musik von Iced Earth und die Sprüche von Ted Nugent als Aufhänger für den kommenden Präsidentschaftswahlkampf der Republikaner???

Mir kommt das Kotzen. Aber politischen Meinungen sind heilig. Deshalb geht das nicht in meine Bewertung ein. 14 Punkte für eine solide, aber nicht umwerfende Power Metal-Scheibe.



Norbert von Fransecky

Trackliste
CD 1: The Gloriuos Burden

1. Star-Sprangeled-Banner (Intro) (1:13)
2. Declaration Day (4:59)
3. When The Eagle Cries (4:06)
4. The Reckoning (4:56)
5. Greenface (3:02)
6. Attila (5:36)
7. Red Baron/Blue Max (4:05)
8. Hollow Man (4:25)
9. Valley Forge (4:46)
10. Waterloo (5:48)
11. When The Eagle Cries-unplugged (Bonus-Track) (3:54)

CD 2: Gettysburgh 1863

1. The Devil To Pay (12:13)
2. Hold At All Costs (7:05)
3. High Water Mark (12:55)
Besetzung

Jon Schaffer, git
Tim Owens, voc
James MacDonough, bass
Richard Christy, drums

Producer: Jim Morris


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