Musik an sich


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Schuster, J. (Rémy)

Demofoonte


Info
Musikrichtung: Oper

VÖ: 22.04.2003

(DHM / BMG) 2 CD DDD (AD 2001) / Best. Nr. 74321982822

Gesamtspielzeit: 140:00

Internet:

DHM



GEFEIERT UND VERGESSEN: RÉMY BELEBT SCHUSTER WIEDER

Joseph Schuster (1748-1812) darf wohl mit Fug und Recht als Komponist bezeichnet werden, der weitgehend dem Vergessen anheimgefallen ist. Dabei feierte er zu Lebzeiten große Erfolge, vor allem auch in Italien, was für einen deutschen Komponisten - Schuster stand überwiegend in sächsischen Diensten - keineswegs selbstverständlich war. Und seine Arbeiten genossen durchaus einen guten Ruf, selbst bei so einem strengen Kritiker wie Mozart, der Schusters Sonaten für Violine und Cembalo als "nicht übel" bezeichnete. Allerdings dürfte Schusters Talent mehr im Bereich der leichten Musik und des Komischen gelegen haben.
Um so mehr verwundert es, dass bei diesem "Wiederbelebungsversuch" nicht auf eine seiner komischen Opern, sondern auf eine klassische Opera Seria aus dem Jahre 1776 zurückgegriffen wurde, der ein Stoff der griehischen Mythologie zugrundeliegt. Die tragischen Verwicklungen um Jungfrauenopfer, vertauschte Kinder und unglücklich Liebende samt des unvermeidlichen Happy Ends brachte der bewährte Librettist Metastasio in eine bühnenwirksame Form.

Schusters Musik wirkt im Satz oftmals recht konventionell und auf den "Show-Effekt" angelegt, wenn auch melodisch einfallsreich und schwungvoll. In manchem erinnert sie an die frühen Mozart-Opern, wie etwa "Mitridate, Re di Ponto". Noch ist alles den barocken Schemata verhaftet, wenn auch die da capo-Arie nicht mehr durchgängig zu finden ist. Die Stil- und Ausdrucksmittel jedoch bleiben weitgehend gleich, die Instrumentierung zeigt sich wenig abwechslungsreich. Damit ist die Aufgabe, das Herz des Zuhörers zu bewegen, nicht so sehr der Musik an sich, sondern mehr der Kunst der Ausführenden überlassen.

Ludger Rémy konnte dabei auf eine bewährte Sängerriege zurückgreifen. Vor allem die Sopranistinnen Dorothee Mields und Marie Melnitzki, letztere mit einer unverwechselbar jungmädchenhaft-metallischen Stimme, machen dabei eine gute Figur. Hingegen wirkt der Tenor Andreas Post in der Titelrolle doch ab und zu überfordert und läßt manchen Ton schleifen. Die Läufe gelingen nicht rund und insgesamt nimmt man ihm den strengen König Demofoonte nicht ab. Was sein Stimmkollege Jan Kobow als "Matusio" abliefert, ist da wesentlich gefälliger und ausgereifter.
Interessant ist die Besetzung der Rolle des Timante mit dem Sopranisten Jörg Waschinski. Die Stimme dieses "Ausnahmefalls" eines männlichen Soprans ist von reizvoll eigenem Timbre, trägt indes nicht immer über das Orchester hinweg und so manche Intonationsschwäche ist der komplizierten Stimmtechnik dann doch geschuldet. Dennoch: Ein spannendes und durchaus gelungenes Experiment, vor allem wenn man berücksichtigt, was Waschinski hier an Koloraturarbeit zu leisten hat und mit beachtlichem Erfolg präsentiert.
Bei den Altisten hat Werner Buchin in der anspruchsvollen Rolle des Cherinto die Nase deutlich vorn vor seinem Kollegen Bernhard Schafferer(Adrasto).
Besonders positiv fällt das frische, engagierte und glutvolle Spiel des Orchesters La Ciaconna auf, da verzeiht man gern die paar Unsauberkeiten, die zu hören sind. Die Konzertmeisterin des noch jungen Ensembles, Ulla Schneider, hat sich sehr für die vorliegende Produktion stark gemacht, die dann letztendlich in Co-Produktion mit dem Bayerischen Rundfunk und dem DeutschlandRadio realisiert werden konnte.
Eine Mühe, die sich gelohnt hat und ein Stück Musikgeschichte, das es sich seinerseits zu entdecken lohnt.



Sven Kerkhoff



Trackliste
CD 1: 1. Akt
CD 2: 2. und 3. Akt
Besetzung

Andreas Post, Tenor (Demofoonte)
Dorothee Mields, Sopran (Dircea)
Marie Melnitzki, Sopran (Creusa)
Jörg Waschinski, Sopran (Timante)
Werner Buchin, Altus (Cherinto)
Jan Kobow, Tenor (Matusio)
Bernhard Schafferer, Altus (Adrasto)

La Ciaccona

Ltg. Luder Rémy


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