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Lacuna Coil, Moonspell, Passenger und Poisonblack live am 04.Januar 2004 im Hirsch/Nürnberg
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Treffen sich ein paar Finnen, eine Gruppe Schweden, einige Portugiesen und ein Trupp Italiener, um in Deutschland Musik zu machen... Was sich zunächst so anhört wie der Beginn eines Witz der untersten Kategorie, kann man durchaus auch als Umschreibung für eines der interessantesten Gothik-Metal-Ereignisse dieses noch jungen Jahres verwenden. Neben des vielversprechenden internationalen Billings erwies sich auch die kurzfrisige Verlegung dieses Konzertes vom Löwensaal in den etwas kleineren Hirsch als Glücksgriff, denn dieser war richtig gut gefüllt und damit konnte einem erfüllten Abend doch nichts mehr im Wege stehen.
Nichts? Naja, fast nichts, denn der Wettergott passte seine Stimmung wohl an dem melancholischen Flair dieses Events an und bedeckte das Frankenland mit einer weissen Schneeschnicht. Durch diesen Umstand und dem daraus resultierenden Verkehrschaos verpassten wir leider ungefähr ein Drittel des Gigs von POISONBLACK, aber selbst diese "Zweidrittelmehrheit" überzeugte uns ausreichend von den Qualitäten des Haufens, um Sentenced-Fronthünen Ville Laihiala, der sich bei Poisonblack ja nur auf das Gitarrenspiel konzentriert. Dieser genoss vor ungefähr einem Jahr an selber Stelle mit seiner Stammtruppe übrigens noch den Headliner-Status und die heutige Hauptband namens Lacuna Coil sorgte im Vorprogramm für Stimmung, während anno 2004 die Reihenfolge genau andersherum war. Schon irgendwie witzig. Nichtsdestrotrotz waren die Finnen dem italienischen Hauptact musikalisch fast ebenbürtig und konnten für einen Opener erstaunlich gute Publikumsreaktionen einfahren, die weit über den sonst üblichen Höflichkeitsapplaus hinausgingen. Anhand der Setlist, die sich zum überwiegenden Teil aus den flotteren Stücken der starken "Excapexstacy"-Debütscheibe zusammensetzte, war dies auch nicht grossartig verwunderlich und es ist wirklich schade, dass Posionblack nach dieser Tour ohne ihren bisherigen Frontmann J.P. Leppäluoto, der sich anschließend voll und ganz seiner Hauptband Charon widmen will, auskommen muss, denn Sänger mit solch einer charismatischen Stimme sind selbst im Land der 1000 Seen und Selbstmorde rar gesät. Nach einer Coverversion des Paradise Lost-Songs "Say Just Words" und dem recht heftigen "Exciter", bei dem nochmal alle Haare geschüttelt werden durften, beendeten die Jungs ihr Set und ich verfluchte nocheinmal den Wettergott, der es mir unmöglich gemacht hatte, diese exquisite Portion Gothik-Metals in voller Länge geniessen zu können.
Nach einer erstaunlich kurzen Pause legten auch schon PASSENGER mit ihrem sehr elektronisch geprägtem Metal los. Meiner Meinung nach hätte die Unberechung ruhig ein wenig länger sein bzw. für einen intensiven Soundcheck genutzt werden können, denn der Sound der da anfangs bei den Schweden aus den Boxen wummerte war schlicht und einfach katastrophal und dies ist gerade bei dieser Art von Musik mit einem Todesurteil gleichzusetzen. Erst in der Mitte des Sets bekam der Mischer dieses Problem so einigermaßen in den Griff, doch selbst der beste Knöpfchendreher der Welt kann am Gesamteindruck nicht viel ändern, wenn die auf dem Album mächtigen, mehrstimmigen Chöre in den Refrains der Songs live nur durch die einzelne(!) Stimme von Anders Fridèn imitiert wurden. Eigentlich schade, da das Songmaterial der IKEA-Länder wirklich nicht von schlechten Eltern ist, was den Zuschauer bei der Darbietung von einigen der wenigen technisch nicht total verhunzten Stücke wie z.B. "In Reverse" auch aufgefallen sein müsste. Doch leider waren diese positiven Momente recht selten und eigentlich konnten nur Leute, die die starke Debüt-CD kannten, überhaupt etwas mit den meisten Titeln in Live-Form anfangen.
Nunja, Anders Friden, der ja hauptamtlich den Mikroständer bei den Melodic-Deathern von "In Flames" schwingt, schien die verhaltene Ressonanz des Publikums auf seinen optisch bunt zusammengewürfelten Haufen nur wenig auszumachen und er genoss es sichtlich bei einer Truppe mitzuwirken, die in allen Belangen ein paar Nummern kleiner als sein normaler Brötchengeber ist. Ausserdem kommt als Supportact ja auch schneller zu den angenehmen Seiten des Rockstarlebens wie Kommunzieren bzw. ein paar Bierchen dabei zu vernichten und dieser Tätigkeit ging Mr.Friden laut Zeugenaussagen schon kurz nach Ende des Gigs seiner Band nach. Mich jedoch interessierte dieser Fakt wenig, denn ich war einfach nur enttäuscht über die Live-Performance von "Passenger", da meine Erwartungen anhand des hochklassigen Albums wohl einfach zu hoch angesiedelt waren.
Als MOONSPELL die Bühne betraten, wurde den Zuschauern auch augenblicklich klar, zu welcher Band das überdimensionale Totenkopflogo gehörte, das schon bei den zwei vorangegangenen Bands den Bühnenhintergrund zierte. Den Portugiesen merkte man, vor allem im Gegensatz zu ihren direkten Vorgängern, ihre Routine bzw. Professionalität sofort an und die effektiv eingesetzte Lightshow tat ihr übriges dazu, so dass Frontmann Fernando Ribeiro seine Hexenmesse ausgiebig zelebrieren konnte. Ja, "zelebrieren" war wohl die richtige Bezeichnung für die Tätigkeiten des Mannes mit dem Totenkopfstab(!) im Nürnberger Hirschen, denn zu Kindergartenzeiten hätte ich bestimmt tierisch Angst vor den diabolischen Gesten des Herrn Ribeiro's gehabt. Leider konzentrierte man sich songtechnisch zu sehr auf die neueste Schaffensphase der Gothikmetalpioniere, was zwar einerseits ganz interessant war, auf der andern Seite aber, zwecks geringer Publikumsressonanz, auch zeitweise einige Längen offenbarte. Dies war wohl auch den Südeuropäern bewusst und so wurde die Geheimwaffe, in Form des Klassikers "Opium", geschickt in die Mitte des Sets plaziert. Dieser Schachzug zeigte durchaus Wirkung, was man an den euphorisch headbangenden Fans beobachten konnte. Eigentlich schon seltsam, dass Ribeiro und seine Mannen anhand ihrers langjährigen Werdeganges keinen Headlinerstatus geniessen durften, doch der Knoten ist bei Truppe einfach noch nicht so richtig geplatzt und Moonspell wird es, wohl auch wegen der sehr interessanten landestypischen Folkloreeinflüsse, die man vor allem bei der Rythmussektion genießen kann, auch schwer haben die große Allgemeinheit anzusprechen. Somit war der Kronprinzenstatus vor den Italienern von "Lacuna Coil" durchaus berechtigt.
Letztere stimmten das Publikum ziemlich bizarr mit einem lustigen Halloweensong vom Band als Intro ein und nicht wenige Zuschauer glaubten, sie besuchten gerade eine Disney-Kinder-Musical anstatt ein Rockkonzert. Während dieses recht seltsamen Schauspiels blieb genügend Zeit ein Auge auf die Bühne zu werfen, bei der man ein Lacuna-Coil-Banner verzweifelt suchen konnte, denn die Initialen der Band wurden, Lichttechnik sei dank, abwechselnd auf den schwarzen Hintergrund projeziert. Für einen fast schon märchenhaften Sternenhimmeleffekt sorgten auch zahlreiche helle Lämpchen. Dieses Flair passte auch irgendwie zu der sagenhaften Austrahlung von Frontfee Christina Scabbia, die zu den Tönen des Openers "Swamped" als letztes Mitglied der Band die Bühne betrat und in ihrem strengen Outfit einer Flugbegleiterin von Air Italia zum Verwechseln ähnlich sah.
Ein wenig enttäuschend war es eigentlich schon, dass bis auf die Ballade "Cold Heritage", das Programm der Band wohl exakt identisch mit dem des letzten Jahres war, doch als Entschädigung boten die Italiener einen astreinen Sound, der zwar nicht ohne Samples auskam, sowie ihren grössten Trumpf in Form ihrer Sängerin. Diese klang livehaftig wiedereinmal fast besser als auf der Konserve, zog mit ihrer eindrucksvollen Austrahlung die Blicke aus den Zuschauerrängen auf sich und untermauerte die Lyrics durch ihre Gesten fast wie eine Profischauspielerin. Eigentlich schade, dass man aus dem hübschen Mund ebenjener Dame keinen Appetithappen vom kommenden Album zu hören bekam und sich das Material wieder mal nur auf die "Unleashed Memories"- bzw. "Comalies"-Scheibe beschränkte, von denen der hauptsächlich von Sänger Andrea dargebotene etwas härtere Track "Self Deception", sowie das eingängige "When A Dead Man Walks" deutlich hörbar am besten beim Publikum ankamen. Noch erwähnenswert am Auftritt von Lacuna Coil wäre sicherlich der obligatorische Song in der Muttersprache des Haufens, sowie die bereits erwähnte Gänsehautballade "Cold Heritage", bei der die komplette Rythmusabteilung durch diverse Samples ersetzt wurden. Recht ungewöhnlicher Anblick, aber sicherlich sehr effektiv in der Wirkung. Nach dem kurzen Zugabenblock, der die umjubelte Singleauskopplung "Heaven`s A Lie" und "Daylight Dancer" vom aktuellen Longplayer "Comalies" beinhaltete, war dann schon nach einer Gesamtspielzeit von nur etwas mehr als einer vollen Stunde Schicht im Schacht bzw. im Hirsch und ich glaube diese "Kurz aber Heftig"-Methode haben sich die Italiener auf ihrer letzten Tour von den Sentenced-Jungs abgeschaut, die als Headliner ähnliche Minusrekorde in Sachen Spieldauer aufstellen. So endete also ein unterhaltsamer interkontinentaler Konzertabend mit viel Licht, sowie auch ein wenig Schatten und als wir nachdem der letzte Ton verklungen war durch den Vorraum der Location gegen Ausgang drängten, hatte ich die Möglichkeit mit eigenen Augen zu betrachten, wie "Passenger"-Sänger Anders Friden und seine Band ihrem Hobby fröhnten. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass sie inzwischen Gesellschaft von über zwei dutzend leeren Bierflaschen bekommen hatten. Naja, saufen können sie zumindest. MANUEL LIEBLER
Manuel Liebler
Internet:
www.lacuna-coil.it
www.moonspell.com
www.passenger.nu
www.poisonblack.com
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