Anette von Eichel

Belonging


Info
Musikrichtung: Vocal Jazz

VÖ: 22.09.2023

(Double Moon)

Gesamtspielzeit: 52:43

Internet:

https://anettevoneichel.de/
https://www.challengerecords.com/home
https://www.martinaweinmar.de/


2021 stellte ich die Sängerin Anette von Eichel bereits vor mit ihrem Album Inner Tide . Vor zwei Jahren hatte ich resümierend festgestellt: Eine wunderbare Jazz-Platte der nicht gewöhnlichen Art, mit einer dicht agierenden Besetzung, die mit ihrem Spiel wichtige Akzente setzt im Meer aktueller Veröffentlichung der Szene..

Wird der jetzt erschienene Nachfolger Belonging das halten können? Bis auf den Saxofonisten Jasper Blom sind ansonsten ihre drei Begleiter erneut anwesend. Bis auf zwei Songs, einmal "A Time For Love" von Johnny Mandel & Paul Francis Webster und "Rocket Man" von Elton John & Bernie Taupin, stammen alle übrigen Kompositionen und Texte von der Sängerin. Dem Pressetext entnehme ich zum Inhalt der neun Songs Folgendes: Die neun Songs behandeln oftmals Themen wie Zugehörigkeit, Herkunft, Identität, Aufbruch, Ankommen usw. usf. .

Die Platte startet mit einer sehr zarten Ballade, "Let's Go Slow", und allein schon die Gestaltung dieses Songs setzt Akzente, wie sich der Song im Laufe der Spielzeit verändert, mit kurzen Pausen, einem sehr bedacht gespielten Pianosolo, diese spielerische Untermalung durch die Rhythm Section, und darüber eben dieser Gesang, hier wie zurück genommen wirkend, dabei nichts von der emotionalen Kraft einbüssend, sondern mit prickelndem Ausdruck in der Phrasierung, also ein sehr gelungener Auftakt!

Bereits "Burning Bridges" setzt andere Zeichen, und ist sehr lebendig, dabei rhythmisch über den Rahmen des reinen Jazz weitergehend, ein gar leichter Funk und Groove inklusive, mit einem feinen Bass-Solo. Ansonsten fällt auch hier erneut auf, dass die Protagonistin ihre Stimme durchaus auch wieder als Instrument einzusetzen scheint, dehnt sie gewisse Textpassagen entsprechend aus. Die erste Fremdkomposition, "A Time For Love" ist die nächste wunderschöne Ballade, welch ein herrliches "Mitternachtsfeeling" hier doch entstanden ist. (A Time For Holding Hands Together) Ursprünglich wurde es für den Film "Mord aus zweiter Hand" mit Janet Leigh verwendet. Diese soll es jedoch gar nicht gesungen haben, sondern Jackie Ward. In der hier vorliegenden Version gewinnt es sogar noch ein wenig an Tiefe, obwohl reduzierter instrumentiert.

Es folgt "Rocket Man", das nun in ein ganz neues Gewand gekleidet wurde. Relativ zurück gefahren im Tempo bekommt es einen coolen Jazz-Anstrich und ist sehr persönlich und individuell gestaltet, so fügt es sich wunderbar in den Reigen der Songs ein. Zum letzten und auch längsten Song des Albums, "After The Storm", zitiere ich noch einmal den Pressetext: Es zeugt vielleicht von noch größerem Selbstbewusstsein, dass die Sängerin ihr Album mit einem Stück enden lässt, das eigentlich ganz untypisch ist für sie. Weil von Eichel in „After The Storm“ nicht mehr nur singt, sondern auch spricht, wird dieses Stück zu einer Exegese, die durch den steten Wechsel von Gesang und Sprechstimme den Text neu gewichtet und anders zu deuten versucht – der Text ist übrigens eine Variation über das Thema Doktor Faustus.

"Exegese", da musste ich noch einmal nachschauen: Erklärung und Auslegung eines Textes, besonders der Bibel. Diesen Zusammenhang zum Thema kann man natürlich auch sehr gut nachvollziehen, indem man sich des abgedruckten Textes bedient, das betrifft alle Eigenkompositionen, und "After The Storm" hat dann auch den längsten Text. Der Gesang setzt nach dem gesprochenen Text dann etwa ab Minute Zwei ein, um danach immer wieder unterbrochen zu werden, so dass wir uns auf eine Mixtur von Sprache und Gesang einstellen müssen. Jedenfalls ist eine spannende Geschichte entstanden, eine Begegnung mit dem Teufel, auch die "Crossroads" sind hier nicht ausgeschlossen worden. Das Ende bleibt jedoch offen, fragt die Protagonistin doch zum Schluß: "Which Path Would I Take Now?"



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Let's Go Slow
2 Burning Bridges
3 Ocean Boat Harbor
4 The Bridge
5 A Time For Love
6 Rocket Man
7 Tree Of Life
8 Home
9 After The Storm
Besetzung

Anette von Eichel (vocals)
Sebastian Sternal (piano)
Henning Sieverts (bass)
Jonas Burgwinkel (drums)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>